Iago stand am Dienstag mitten auf dem Trainingsplatz und plauschte mit Co-Trainer Jonas Scheuermann. Währenddessen hetzten die anderen Spieler des FC Augsburg um die beiden herum, liefen durch Stangentore, blickten auf ihre Fitnessuhr und bekamen Ansagen von den Athletiktrainern. Iagos Untätigkeit war ein Vorbote seines Abschieds, der mit dem Spiel bei Bayer Leverkusen (Samstag, 15.30 Uhr/Sky) besiegelt wird. Leistungstests muss der Brasilianer nicht mehr über sich ergehen lassen, in Kürze kehrt er in seine Heimat zurück.
Als Iago vor fünf Jahren nach Europa kam, ereilten ihn Begleiterscheinungen, mit denen der Südamerikaner erst einmal klarkommen musste. Kalte und nasse Winter, ungewohntes Essen, eine andere Kultur. Wirklich heimisch fühlten sich seine Familie und er in der fremden Umgebung nie – trotz schöner Bleibe mitten in der belebten Maximilianstraße. Offen spricht der 27-Jährige über Anpassungsschwierigkeiten, vor allem seine Frau wäre nie richtig angekommen, meint er. "Die Stadt gefällt uns sehr gut, aber letztendlich ist es für sie sehr wichtig, wieder mit Menschen aus unserer Heimat Kontakt zu haben." Gerade in der Coronazeit, als der Kontakt zu Verwandten und Bekannten in seiner Heimat stark eingeschränkt war, hätte er eine schwierige Phase durchlebt. Die lange Trennung in dieser Zeit sei "sehr hart" gewesen. "Man darf auch nicht vergessen, dass ich vor fünf Jahren als Kind aus meiner Heimat hierhergekommen bin."
Für Iago waren die Jahre beim FC Augsburg prägend
Für Iago waren die Jahre in Augsburg in vielerlei Hinsicht eine prägende Zeit. Beide Kinder sind hier geboren, er hat geheiratet, ist selbstständiger geworden. Ist kein "Kind" mehr, als dass er sich bei seiner Ankunft sah. "Auch wenn diese Jahre nicht immer einfach waren, so haben sie mir doch sicher dabei geholfen, ein verantwortungsvoller Ehemann, Familienvater und Mensch zu werden", betont der Profi.
Als der FCA Iago im Sommer 2019 von SC Internacional verpflichtete, bereitete er sich auf einen möglichen Abgang von Philipp Max vor. Als Max blieb, wurde Iago zum Ersatzspieler auf der linken Abwehrseite. Drei Spiele verpasste er, weil er für die brasilianische U23 im Einsatz war, zudem warfen den 6,5 Millionen Euro teuren Neuzugang schon in seiner Premierensaison Verletzungen zurück. Ein Thema, das seine Zeit in Augsburg fortwährend begleiten sollte. Seit Sommer 2020 war Iago Stammkraft auf der Position des Linksverteidigers. Von 170 Spielen bestritt der Spieler mit den auffällig dünnen Beinen 100.
In Brasilien spielt Iago für den EC Bahia, dessen Eigentümern auch Manchester City gehört
In Brasilien schließt er sich dem aufstrebenden EC Bahia an, der aktuell auf dem zweiten Platz der Serie A steht. Den Klub aus der Stadt Salvador haben vor einem Jahr die Eigentümer von Manchester City übernommen. Bahia ist nach Montevideo City Torque in Uruguay und Bolivar in Bolivien bereits der dritte südamerikanische Club im Portfolio der Inhabergesellschaft aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Iago freut sich auf seinen neuen Klub. "Hier soll ein großes Projekt entwickelt werden und wenn alle gut arbeiten, dann ist es nicht unrealistisch, dass man in zwei bis drei Jahren zu den besten drei brasilianischen Mannschaften gehört. An diesem Ziel möchte ich gerne mit aller Kraft mitarbeiten."
Womöglich kann er bei seinem künftigen Klub mit herausragenden Leistungen seinen Traum verwirklichen. In der U20 und U23 hat Iago für Brasilien gespielt, eine Berufung in die Selecao blieb ihm bisher verwehrt. Die Konkurrenz beim fünfmaligen Weltmeister ist enorm, aber vielleicht gehe als Spieler des EC Bahia eine Türe für ihn auf, so Iago. "Diesen Traum habe ich noch nicht aufgegeben."
Der Spieler hatte sich frühzeitig dazu entschieden, seinen auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Stefan Reuter war damals noch Sport-Geschäftsführer, Enrico Maaßen der Trainer. In den vergangenen Monaten hat sich aus Iagos Sicht etliches zum Positiven entwickelt, der Wohlfühlfaktor ist gestiegen. Der Spieler verbindet dies vor allem mit dem Wirken von Trainer Jess Thorup. An seinem Abschied am Saisonende hätte der Däne indes nichts ändern können. Schwieriger wäre ihm sein Entschluss gefallen, merkt Iago an. "Aber am Ende hätte ich wohl dieselbe Entscheidung getroffen, weil ich es meiner Familie schuldig bin."
Vor dem letzten Heimspiel gegen den VfB Stuttgart (0:1) hat der FCA den Spieler offiziell verabschiedet, in Leverkusen wird Iago ein letztes Mal im Augsburger Trikot auflaufen. Damit schließt sich für den 27-Jährigen der Kreis. Auch sein erstes Bundesligaspiel bestritt der Brasilianer gegen Leverkusen. Selbstredend wünscht er sich aber ein anderes Ergebnis als am 28. September 2019. Damals unterlag der FCA 0:3.
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