Ein Nein war keine Option. Das war Andreas Luthe sofort klar. Immer wieder war er zuletzt im Austausch mit den Verantwortlichen des VfL Bochum. Vor allem nach der Verletzung von Michael Esser noch intensiver. Plötzlich fehlte dem Fußball-Bundesligisten ein erfahrener Torwart. Luthe wusste sofort, dass das eine Gelegenheit für ihn sein könnte. Torwart ist er, erfahren mit seinen 36 Jahren obendrein. Und der VfL Bochum ist nach wie vor sein Herzensverein. Warum also zögern, vor allem im Januar, in dem die Wintertransferperiode Wechsel ermöglicht?
"Am Anfang war es kaum mehr als eine interessante Idee. Als es aber immer realistischer wurde, habe ich alles dafür getan, dass es klappt", sagt Luthe im Gespräch mit unserer Redaktion. Und es klappte tatsächlich. Seit Anfang dieser Woche steht Luthe wieder in Bochum unter Vertrag. Am Samstag (15.30 Uhr) kommt es gleich zum Duell mit dem FC Augsburg, seinem ehemaligen Verein.
Luthe war 15 Jahre lang beim VfL Bochum. Er spielte dort in der Jugend, wurde zum Profi, ehe er 2016 zum FCA wechselte. Jetzt die Rückkehr ins Ruhrgebiet, dort wo seine Familie noch wohnt. Sportliche Ansprüche möchte er keine stellen. „Ich bin gekommen, um zu helfen, wo ich gebraucht werde. Das ist mein klarer Auftrag, dem ordne ich mich unter. Egal, welche Position es wird, ich arrangiere mich gerne damit. Von mir wird es keine sportliche Kampfansage mehr geben. Hätte ich das gewollt, wäre ich in Kaiserslautern geblieben", sagt der Torwart.
Dort hatte er noch einen Vertrag, er war im Laufe der Hinrunde allerdings zur Nummer zwei hinter Julian Krahl abgestuft worden. Er hätte noch einmal den Kampf um die Nummer eins aufnehmen können, in der zweiten Liga steckt der FCK in einer Krise. Luthe aber entschied sich für Bochum. „Ich war beim FCK weiterhin fest eingeplant, habe dort aber viel Verständnis bekommen", sagt der Torwart. Weil er seine einmalige Chance ergreifen wollte. Eine, an die er eigentlich nicht mehr geglaubt hatte.
Andreas Luthe hat eine Idealvorstellung vom Rest der Saison
Fußballprofis sind Realisten. Bei Andreas Luthe schwingt aber auch viel Fußballromantik mit. „Es soll der perfekte Abschluss werden. Mein Plan ist es, im Sommer die Karriere zu beenden. Ich habe eine Idealvorstellung im Kopf: Dass wir die Klasse sichern und ich mich beim letzten Heimspiel verabschieden kann.“ Davon träumt Luthe, daran glaubt er. 37 Jahre wird er dann alt sein, ein guter Moment für das Ende seiner Fußballkarriere. „Ich möchte ab Sommer die Freiheit haben, mich um Dinge außerhalb des Fußballs zu kümmern", sagt er. Auch deswegen hat sein Vertrag nur eine Laufzeit für ein knappes halbes Jahr. Ob er noch einmal zum Umdenken kommen könnte? Wohl nicht, wobei der Fußball immer Überraschungen bereit halte.
Seinen Hauptwohnsitz hat er noch immer in Augsburg. Daran haben auch die Wechsel zu Union Berlin und Kaiserslautern nichts geändert. Seine Frau und Tochter wohnen noch in Leitershofen. An freien Tagen ist er selbst oft hier, es war ein stetes Pendeln. Damit soll im Sommer Schluss sein. Er werde definitiv nach Augsburg zurückkehren, so Luthe. Als Privatperson, nicht als Fußballprofi.
Beim FCA war er von 2016 bis 2020. Zunächst als Ersatz hinter Marwin Hitz, später hinter Gregor Kobel. Als Tomas Koubek verpflichtet wurde, musste sich Luthe vorerst erneut als Nummer zwei einreihen. Nach zahlreichen Patzern des Tschechen aber stieg er zum Stammtorwart auf. 2020 verließ er den FCA in Richtung Berlin.
2016 hatte Luthe den VfL Bochum nicht geräuschlos verlassen
Am Samstag kommt es zum Wiedersehen. Mit Jonas Scheuermann, dem Augsburger Co-Trainer, hat er unter der Woche schon telefoniert. Luthe freut sich auf das Treffen. Ob er am Samstag allerdings im Kader sein wird? Manuel Riemann ist die klare Nummer eins, sein junger Stellvertreter Niclas Thiede hat sich gut entwickelt. Luthe sieht keinen Grund für Veränderungen. Er kennt seine Rolle als erfahrener Backup. Genau so, wie es sich Bochums Trainer Thomas Letsch gewünscht hat.
Riemann hatte Luthe im Dezember 2015 als Nummer eins beim VfL Bochum abgelöst. Überraschend und mit Folgen. Luthe äußerte sich auf Facebook über den damaligen Trainer Gertjan Verbeek und bekam eine disziplinarische Pause verordnet. In den Kader kehrte er in dieser Saison nicht mehr zurück, im Sommer 2016 verließ er den VfL. Das sei alles vergessen, sagt Luthe heute. Beim VfL habe sich seitdem fast alles verändert, vor allem zum derzeitigen Sport-Geschäftsführer Patrick Fabian hat er ein Vertrauensverhältnis. Beide haben zeitgleich ihre Karriere mit 14 in Bochum gestartet. Auch mit Riemann habe er nie ein Problem gehabt. „Wir haben ein hervorragendes und entspanntes Verhältnis", sagt der 36-Jährige.
Am Samstag wird er also wohl von der Tribüne aus die Partie erleben. Er sei ein schlechter Zuschauer, sein Puls werde ähnlich hoch sein wie unten auf dem Feld. Er erwartet eine enge Partie. „In Bochum tun sich viele Teams schwer. Der VfL ist heimstark, das kleine und kompakte Stadion hilft da sehr. Die beiden Teams begegnen sich auf Augenhöhe", sagt er.