Müßig ist es, darüber zu diskutieren, ob jugendliche Unbekümmertheit oder die Erfahrung aus einem Jahrzehnt in der Bundesliga mehr Erfolg bescheren. Nötig scheint beides. Der FC Augsburg hat diese Frage in den vergangenen Monaten für sich beantwortet. Hat den Kader extrem verjüngt, Erlebtes innerhalb der Mannschaft weitertragen sollen nicht mehr haudegenhafte Routiniers jenseits der 30 Jahre, sondern eine Generation von Mitte 20-Jährigen, die Jugend und Erfahrung eint. Niklas Dorsch, Ermedin Demirovic, Elvis Rexhbecaj, Ruben Vargas, Mads Pedersen, alle 25 Jahre alt, und Arne Maier, 24, rücken beim Fußball-Bundesligisten stärker in die Verantwortung. Sollen in ihre Rollen wachsen, sollen auf und neben dem Platz stärker führen und anleiten.
Demütig ging Tim Breithaupt seine ersten Wochen bei einem Erstligisten an
Tim Breithaupt hingegen ist einer der Neuen, die sich im Augsburger Mannschaftskonstrukt erst noch zurechtfinden müssen. Bislang zeigte der 21-Jährige sein Können in der zweiten Bundesliga und als U20-Nationalspieler. "Ich bin neu hierhergekommen, wollte mich erst einmal einfinden und beobachten, wie hier alles abläuft", sagt der Profi mit den roten Haaren. Er nimmt sich aber nicht aus, wenn auf dem Platz Entscheidungen getroffen werden müssen. "Jeder ist verpflichtet, Verantwortung zu übernehmen. Wenn das nur ein oder zwei Spieler machen, könnte es schwierig werden." Breithaupt betritt ebenso Neuland wie Philip Tietz oder Patric Pfeiffer (beide Darmstadt 98). Die Augsburger setzen verstärkt auf Spieler, die den FCA als Chance betrachten. Nicht als Ausklang einer langen Karriere.
Demütig ging der gebürtige Offenburger seine ersten Wochen bei einem Erstligisten an. Aufsaugen und Lernen bestimmten den Alltag. Inzwischen hat sich Breithaupt mit Umgebung, Verein und Spielidee vertraut gemacht. Noch heimischer dürfte er sich fühlen, wenn er demnächst das Hotel verlässt und seine eigene Wohnung bezieht. Der Einstieg sei ihm nicht schwergefallen. "Ich habe mich relativ schnell anpassen können", berichtet Breithaupt. "Wir hatten viele Spiele gegen Top-Teams aus unterschiedlichen Ländern. Da weiß man, wo man steht." Besiktas Istanbul, PSV Eindhoven, Ajax Amsterdam, US Salernitana und SSC Neapel. Breithaupt hat sich ohne viel Vorlaufzeit an läuferisches Tempo und Passgeschwindigkeit auf hohem Niveau gewöhnen können. War im Trainingslager in Schladming dabei, reiste nach Italien. Einerseits Stress, andererseits Gelegenheiten, um zu verstehen, wie die Mitspieler ticken. Breithaupt schmunzelt, dann sagt er: "Das schweißt nochmals zusammen, weil wir 24 Stunden zusammen sind."
Dass sich der Kader derart verändert hat, eröffnet dem defensiven Mittelfeldspieler Möglichkeiten. Alles ist im Fluss, festgefahrene Strukturen sind aufgebrochen. Im Zentrum des Spiels konkurriert Breithaupt mit Rexhbecaj, Dorsch und Arne Engels um zwei Positionen. Wobei Engels als Rechtsverteidiger benötigt wird, bis der FCA einen passenden Spieler für diese Position verpflichtet hat. Dorsch ist gesetzt, daneben darf sich der Neuzugang aus Karlsruhe Hoffnungen machen. Es sei alles offen, meint Breithaupt. Alle hätten eine gute Vorbereitung gespielt. "Es kommt sicher auch darauf an, wer am besten zum jeweiligen Gegner passt. Das ist nur von Vorteil, wenn wir einen positiven Konkurrenzkampf innerhalb der Mannschaft haben. Das bringt uns alle weiter."
Weiterkommen - darum geht es für Breithaupt, der in den Nachwuchsleistungszentren des SC Freiburg und des KSC zum Profi ausgebildet wurde. Nun wird sich zeigen, ob sich Breithaupt in der Bundesliga durchsetzen kann. "Ich möchte hier so viel wie möglich spielen und mich bestmöglich weiterentwickeln. Dafür gebe ich im Training und in den Spielen Gas. Ob ich auf dem Platz stehe oder nicht - das entscheidet der Trainer." Breithaupt soll als "Sechser" zwischen Defensive und Offensive das Bindeglied sein, soll Ruhe ins Spiel bringen und Bälle verteilen, soll aber zugleich vertikale Pässe spielen und Angriffe inszenieren. Vor allem aus dem Zentrum heraus hat der FCA in der vergangenen Saison zu wenig Torgefahr entwickelt.
FCA-Profi Breithaupt: "Wir sind der Bundesligist, das wollen wir zeigen"
In der Vorbereitung haben die Augsburger einen ordentlichen Eindruck hinterlassen. Auch wenn die letzten Testspiele in Italien verloren gingen, die Zuversicht scheint groß. Drittligist SpVgg Unterhaching (Sonntag, 15.30 Uhr) ist ein letzter Gradmesser, zugleich möglicher Stolperstein und Euphoriebremse. Breithaupt ist sich der Bedeutung bewusst. "Der Pokal ist immer unangenehm, wenn man als klarer Favorit ins Spiel geht", betont er. Gedanken an ein Ausscheiden lässt er indes nicht zu. "Wir sind der Bundesligist, das wollen wir von Anfang an zeigen. Für uns gibt es keine andere Option, als eine Runde weiterzukommen."
Nach der Pokalpflicht wartet eine erste Kür. Mit einem Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach steigt der FCA in den Ligaalltag ein. Spiele in München, Dortmund, Berlin oder Leipzig warten auf Breithaupt, Gegenspieler wie Kimmich, Goretzka, Haller oder Reus. Statt zweiter Liga die ganz große Bühne. Breithaupts Augen leuchten, wenn er sagt: "Für mich wird jedes Spiel in der nächsten Saison ein Höhepunkt werden. Ich freue mich auf jedes Spiel und kann es kaum abwarten, dass es losgeht."
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