Gerade einmal 80 Kilometer trennen Augsburg und München - fußballerisch sind es Welten, die zwischen dem FC Augsburg und dem FC Bayern liegen. Dennoch gelang es dem FCA in der jüngsten Zeit immer wieder, dem Krösus ein Bein zu stellen. Am Samstag sah es exakt zwölf Minuten so aus, als ob den Schwaben mal wieder eine Überraschung gelingen könnte. War nicht so, mit 5:3 behielt der FC Bayern am Ende einer kuriosen Partie die Oberhand. Zur Halbzeit noch hatte es beim Stand von 1:4 nach einem handfesten Debakel ausgesehen.
Dabei war der FC Augsburg eigentlich mit "Vitamin B" in das Spiel gestartet: Mit Maximilian Bauer, Julian Baumgartlinger und Mergim Berisha kamen drei Spieler neu in die Anfangself von Trainer Enrico Maaßen. Bauer und Baumgartlinger hatten in der Vorwoche beim 2:1-Sieg gegen Bremen nach ihren Einwechslungen maßgeblich zur defensiven Stabilisierung beigetragen und sollten das gegen den FCB eigentlich wiederholen. Mergim Berisha hatte seine muskulären Probleme überwunden und bildete mit Dion Beljo das Sturmduo. Renato Veiga und Ruben Vargas mussten dafür auf die Bank. Niklas Dorsch, der laut FCA-Auskunft "über Unwohlsein klagt", fehlte im Kader.
FCA-Trainer Maaßen hatte einen mutigen Ansatz angekündigt
Beim FC Bayern hatte sich mit Eric Maxim Choup-Moting der derzeit formstärkste Angreifer wegen Rückenproblemen abgemeldet. Thomas Müller, Kingsley Coman und Leon Goretzka wurden nach dem kraftraubenden 2:0-Sieg gegen Paris unter der Woche geschont und nahmen ebenso auf der Bank Platz wie der gegen PSGüberragende Josip Stanisic. Dafür rückte Joao Cancelo in die Startelf, den Sturm im 3-4-3 bildeten Leroy Sané, Serge Gnabry und Sadio Mané. Für den Senegalesen war es der erste Startelfeinsatz nach seiner Verletzungspause.
"Uns hinten reinzustellen ist nicht unser Ansatz", hatte FCA-Coach Enrico Maaßen vor der Partie bei Sky gesagt und mutige Augsburger angekündigt. Schon beim Anstoß standen acht von zehn FCA-Feldspielern auf Höhe der Mittellinie und orientierten sich nach vorne. Nach 45 Sekunden gab es die erste Ecke für den FCA. Und nach nur zwei Minuten klingelte es schon im Kasten der Bayern: Mergim Berisha ließ Joao Cancelo im Strafraum aussteigen und schoss humorlos zum 1:0 ab. Schon wieder Berisha (das vierte Tor im vierten Spiel gegen die Münchner), schon wieder gegen den FC Bayern– und das vor den Augen von Nationaltrainer Hansi Flick, der sich das Spiel mit seinem Co-Trainer Marcus Sorg im Stadion ansah.
Innerhalb von drei Minuten hatten die Bayern das Spiel gedreht
Die derart kalt erwischten Bayern antworteten mit wütenden Angriffen. Der FCA hielt zunächst gut dagegen, verlor aber nach 15 Minuten völlig die defensive Stabilität und gab den Gastgebern im Mittelfeld zu viel Platz. Die Folge: Cancelo tanzte Pedersen auf rechtsaußen aus und zog ab. Der scharfe, aber keinesfalls unhaltbare Schuss rauschte unter dem Arm von Gikiewicz ins Tor – der Ausgleich. Drei Minuten später das nächste Tor: Nach einem Freistoß brachte der FCA den Ball nicht aus dem Strafraum. Mané verlängerte per Seitfallzieher in die Mitte, wo Pavard sich gegen den lasch verteidigenden Beljo durchsetzte. Die Folge: 2:1 für die Bayern, innerhalb von drei Minuten hatten die Bayern die Partie gedreht. Die Zweikampfquote nach einer knappen halben Stunde sprach Bände: Nur 39 Prozent der Duelle hatte der FCA für sich entschieden.
Der FC Augsburg brauchte einige Zeit, um sich von diesem Wirkungstreffer zu erholen, sah in der ersten Halbzeit aber nie wirklich Land gegen die Bayern. Immerhin: Arne Maier hatte nach einem guten Zuspiel von Baumgartlinger die Chance der Strafraumgrenze, Yann Sommer hielt den Schuss aber sicher fest. Nach einer Ecke offenbarte die FCA-Defensive aber erneut Schwächen und ließ Benjamin Pavard ungestört einen Scherenschlag in der Luft ausführen. Der strich knapp an Gikiewicz zum 3:1 ins Netz (35.). Ein Debakel lag angesichts einer in jeder Hinsicht ungenügenden Defensivleistung der Augsburger und einer offenkundig entfachten Spielfreude der Münchner nun in der Luft. Mané, der ebenfalls wieder völlig unbedrängt im Strafraum an den Ball kam, hätte beinahe auf 4:1 gestellt, hier war Gikiewicz aber zur Stelle und lenkte den Ball zur Ecke (40.). Kurz vor der Pause fiel aber noch das vierte Tor: Nach einer erneuten großen Augsburger Unordnung hielt Gikiewicz zuerst gegen Mané, Sané setzte im Nachsetzen per Kopf den vierten Streich. "Nur noch sechs", skandierten die Bayern-Fans aus der Südkurve.
Zur Halbzeit wechselte FCA-Trainer Maaßen viermal aus
FCA-Trainer Maaßen musste reagieren – und reagierte mit einem Vierfach-Wechsel: Gumny, Engels, Demirovic und Beljo gingen raus, für sie kamen Irvin Cardona, Elvis Rexhbecaj, Iago und Ruben Vargas. Ein Viererwechsel in der Halbzeit - immerhin für dieses Novum sorgte der FCA in diesem Spiel. Das Ziel war klar: Mit einer höheren Stabilität sollte eine weitere historische Neuerung in Form einer heftigen Klatsche vermieden werden. Nach einem Schuss von Mané zappelte der Ball zwar nur wenige Minuten nach Wiederanpfiff in den Maschen, das Tor wurde aber wegen Abseitsstellung nicht gegeben. Ein Lebenszeichen des FCA kam von Ruben Vargas: Ein Schuss des Schweizers strich nur kurz über die Latte.
Die Einwechslungen machten sich bezahlt, Augsburg wehrte sich wieder. Nach einem Schuss von Maier trat de Ligt an die Sohle von Irvin Cardona. Schiedsrichter Florian Badstübner zeigte auf den Punkt – und Mergim Berisha trat an. Der 24-Jährige ließ sich von der langen Unterbrechung durch die VAR-Überprüfung und dem Pfeifkonzert der Bayern-Fans nicht irritieren und traf zum 2:4 (61.). Das Tor hielt auch einer zusätzlichen Überprüfung stand: Weil Berisha beim Schuss weggerutscht war stand der Vorwurf eines Doppelkontakts im Raum, das Tor blieb aber bestehen.
Die Augsburger Hoffnungen, doch noch etwas Zählbares mitzunehmen, wurden aber wenig später zunichte gemacht: Eine Flanke von Cancelo verwertete Davies zum 5:2 (74.). Bei Augsburg kam Nathanel Mbuku für Maier und gab sein Bundesligadebüt. Immerhin: In der Schlussminute traf mit Irvin Cardona ein weiterer Franzose zum 3:5.