Nun verhält es sich nicht so, dass es keine Möglichkeiten gegeben hätte. Nur hat der FC Augsburg diese nicht genutzt. In der Rückrunde haben Trainer Enrico Maaßen, 39, und seine Mannschaft Schwächen offenbart, wenn es darum ging, eine Vorentscheidung im Kampf gegen den Abstieg herbeizuführen. Zwei Spieltage vor Schluss beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz vier Punkte, auf den ersten Abstiegsplatz derer fünf. 34 Zähler nach 32 Spieltagen sind keine ausgesprochen gute Bilanz, dennoch komfortabel genug, um nach dem Heimspiel gegen Borussia Dortmund die Erstklassigkeit bewahrt zu haben (Sonntag, 17.30 Uhr/DAZN).
Kampf gegen den Abstieg: So lief es dieses Jahr für den FCA
Interessant dabei, gegen wen der FCA die bisherigen Punkte gesammelt hat - und gegen wen nicht. Siege erzielten die Augsburger unter anderem gegen Bayer Leverkusen - lange Zeit gar keinen, dann gleich zwei in einer Saison -, Bayern München oder Borussia Mönchengladbach; lediglich einen Punkt holten sie dagegen in den sechs Spielen gegen die abstiegsgefährdeten Klubs VfL Bochum, Hertha BSC und VfB Stuttgart. Wie in etlichen Spielzeiten zuvor erweist sich der FCA als Aufbaugegner kriselnder Klubs. Gerade in den Partien gegen direkte Mitkonkurrenten, die sich in der Bundesliga vermeintlich auf Augenhöhe bewegen, lässt Augsburg Punkte liegen. Derweil ließe sich in diesen sogenannten "Sechs-Punkte-Spielen" zweierlei bewerkstelligen: selbst drei Punkte holen und Selbiges beim Konkurrenten verhindern.
Dass der FCA bis in die Schlussphase einer Saison hinein bangen muss, ist der Klub indes gewohnt. Wie auch immer die Trainer in den vergangenen Jahren hießen, ob Baum, Schmidt, Herrlich oder Weinzierl, frühzeitig die Planungen für die erste Liga anzugehen, war den FCA-Verantwortlichen nicht möglich. Noch ist die Lage für die Augsburger nicht so bedrohlich, wie sie in der ersten Liga schon war. Zweimal mussten die Augsburger bislang in ihrer Bundesliga-Historie bis zum letzten Spieltag zittern, zweimal gelang ihnen die Rettung.
FCA-Torhüter Manninger wurde zum Helden
Unvergessen bleibt die Saison 2012/13. Am vorletzten Spieltag hat der FCA 0:3 in München verloren, nun standen die Augsburger und deren Trainer Weinzierl auf dem Relegationsplatz. Endspiel am letzten Spieltag: Der FCA empfing die SpVgg Greuther Fürth, die bereits als Absteiger feststand. Mit einem Sieg retteten sich die Augsburger, bei einer Niederlage drohte ihnen der direkte Abstieg. Nach drei Minuten der Schock: Klavan brachte Klaus zu Fall, Elfmeter für Fürth. Prib traf, allerdings wurde der Strafstoß wiederholt. Den zweiten Versuch wehrte FCA-Torhüter Manninger unmittelbar vor dem Augsburger Stehblock ab.
Nicht nur wegen dieser Szene wurde der Torhüter gefeiert, er war einer der Helden des Klassenerhalts. Der FCA siegte 3:1, Tobias Werner, Jan-Ingwer Callsen-Bracker und Dong-Won Ji trafen für Augsburg. Ein zweites Mal erfolgte am finalen Spieltag die Rettung in der Saison 2016/17. Mit Wolfsburg, Hamburg, Mainz und Augsburg drohte vier Klubs der Relegationsplatz. Der FCA bibbert sich mit Trainer Manuel Baum zu einem torlosen Unentschieden bei der TSG Hoffenheim. Dieser eine Punkt reichte für Platz 13, Wolfsburg blieb über die Relegation in der Liga.
Entspannter verlief die Endphase 2018
Sollte der FCA an diesem Wochenende den Klassenerhalt perfekt machen, wäre es zum wiederholten Mal am vorletzten Spieltag. 2012 und 2016 erreichten die Augsburger mit Unentschieden gegen Borussia Mönchengladbach und Schalke 04 am 33. Spieltag den Ligaverbleib; 2021 mit einem 2:0-Heimerfolg gegen Werder Bremen. Rückkehrer Weinzierl hatte damals die Mannschaft drei Spieltage vor Schluss übernommen. Vargas (FCA) und Groß (Bremen) flogen vom Platz, Khedira und Caligiuri erzielten die Treffer.
Entspannter verlief die Endphase 2018, als Augsburg am 31. Spieltag durch einen 2:0-Heimsieg gegen Mainz den Klassenerhalt perfekt machte. 2019 profitierten die Augsburger am 32. Spieltag von den Resultaten der Mitbewerber. Schon vor ihrer Begegnung auf Schalke (0:0) stand der Ligaverbleib fest. Auch 2020 durfte der FCA nach dem 32. Spieltag jubeln. Praktisch war der Klassenerhalt geschafft, rechnerisch nach dem 33. Spieltag (1:1 in Düsseldorf).
Nur 2014 und 2015 waren Ausnahmen beim FC Augsburg
2014 und 2015 erlebten die Augsburger zwei Ausnahme-Spielzeiten, in denen sie in kaum für möglich gehaltene Tabellenregionen vordrangen. Einmal wurden sie Achter, im Jahr darauf qualifizierten sie sich als Fünfter direkt für die Gruppenphase in der Europa League. Entsprechend frühzeitig war der Klassenerhalt geschafft.
Und in der laufenden Saison? Denkbar sind am vorletzten Spieltag etliche Szenarien. Bei eigenem Erfolg bleibt der FCA auf jeden Fall erstklassig. Bei einem Unentschieden müssen zwei von drei Ereignissen eintreten: Bochum verliert, Schalke gewinnt nicht, Stuttgart gewinnt nicht. Selbst bei einer Niederlage könnte Augsburg drinbleiben. Voraussetzungen dafür sind eine Niederlage von Schalke und kein Sieg von Stuttgart. Es wäre eine Duplizität der Ereignisse von vor einem Jahr. Ehe die Partie in Leipzig (0:4) angepfiffen wurde, hatte der FCA am 33. Spieltag die Klasse gehalten.