Die Meinung der Bundesliga-Fanszene gegenüber dem geplanten Investoren-Einstieg bei der DFL wurde auch beim Duell des FC Augsburg gegen den 1. FC Köln deutlich. Kurz nach der Halbzeit entrollten sie in beiden Fan-Lagern ihre Transparente. „Nein zu Investoren in der DFL“, hieß es im Gästeblock. „Investoren raus aus FCA&DFL. Fußball den Fans statt den Bonzen“ und „Während Corona stand Demut und Nachhaltigkeit hoch im Kurs. Jetzt werft ihr eure letzten Prinzipien über Bord? Schluss mit dem Vermarktungswahn – Nein zu Investoren in der DFL“ hatten die FCA-Ultras auf der Ulrich-Biesinger-Tribüne auf Endlos-Papier geschrieben. Wenn man sich auch sonst nicht mag, im Kampf um den vermeintlichen Kommerzwahn im Profi-Fußball sind sich die Intensiv-Fans einig.
Die 36 Profivereine, die in der Deutschen Fußball Liga (DFL) organisiert sind, diskutieren gerade, über einen bestimmten Zeitraum Anteile an einen Investor abzutreten und dadurch Milliardeneinnahmen zu generieren. Dabei geht es nicht um einen Anteilsverkauf, sondern um ein Lizenzmodell, bei dem prozentuale Anteile an den Medienerlösen ausgekehrt würden. Diese Anteile würden am Ende der zu definierenden Laufzeit wieder an die DFL zurückfallen.
Investoren-Einstieg: DFL will zwei Milliarden Euro – der FCA findet das sinnvoll
Der Einstieg soll nicht direkt bei der Ligavereinigung, sondern über eine neue Lizenzgesellschaft für die Vermarktung der nationalen und internationalen TV-Rechte erfolgen. Am Donnerstag konkretisierte die DFL die Planungen. Wie Interimsgeschäftsführer Oliver Leki (SC Freiburg) erkennen ließ, sollen dafür 20 Jahre lang 12,5 Prozent der Erlöse aus dem Verkauf der Rechte dieser Tochterfirma dem Partner überlassen werden. Die DFL taxiert die Einnahmen auf rund zwei Milliarden Euro.
Der FC Augsburg ist in die Diskussionen als einer der 36 Profi-Klubs ebenfalls involviert. Es gibt aber noch viele offene Fragen. „Investitionen in die zukünftige Entwicklung des gesamten deutschen Fußballs sind grundsätzlich sinnvoll und auch wichtig, um den Fußball in der Gesellschaft weiterhin fest verankern zu können“, sagt Michael Ströll, der kaufmännische Geschäftsführer des FC Augsburg.
Chance und Risiko für die DFL, aber auch für den Investor
Von den sechs möglichen Investoren CVC, EQT, KKR, Advent, Blackstone und Bridgepoint sind vier übrig geblieben. Ein Bewerber habe nur auf internationale Rechte geboten, sagte Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt), der gemeinsam mit Oliver Leki derzeit interimsmäßig die DFL führt: „Ein Angebot unter den fünf ist dabei, das weit abgeschlagen ist. Ich plane daher, dass wir mit vier Angeboten in die Mitgliederversammlung am 24. Mai gehen.“ Dann sollen Eckpunkte der Zusammenarbeit den 36 Profiklubs im Rahmen einer außerordentlichen DFL-Mitgliederversammlung zur Entscheidung vorgelegt werden.
Der Investoreneinstieg ist eine verlockende Möglichkeit für beide Seiten. Die Vereine der 1. und 2. Bundesliga nehmen in den Spielzeiten 2021/22 bis 2024/25 insgesamt 4,572 Milliarden Euro aus den nationalen Erlösen ein. Steigen die Erlöse weiter, erzielt der Investor eine ansehnliche Rendite. Doch das ist auch eine riskante Wette, falls die Medienerlöse stagnieren oder zurückgehen.
Für die Klubs hätte der Deal, so stellen es die Befürworter dar, nur Vorteile. Sie hätten das Geld erst einmal sicher – egal, wohin die Reise geht. Steigen die Erlöse weiter, sind sie immer noch mit dem Löwenanteil dabei. Fallen die Erlöse – und das ist in diesen unruhigen Zeiten durchaus vorstellbar – wird das Risiko vom Investor getragen.
Um den Investoren-Einstieg zu besiegeln, bedarf es einer Zweidrittel-Mehrheit (24) der 36 DFL-Mitglieder. Allerdings scheint um die Verteilung der Einnahmen ein interner Machtkampf stattzufinden. Die Liga scheint gespalten.
Viel Geld soll direkt an die Vereine gehen, was auch kritisch gesehen wird
Vorgesehen sind drei Töpfe. In Topf eins sollen 800 Millionen Euro (40 Prozent) fließen, die für nachhaltiges Wachstum und das Schaffen von Mehrwerten verwendet werden sollen. So soll eine digitale Plattform der DFL entstehen, über die unter anderem neue Reichweiten aufgebaut werden könnten. Die Bundesliga würde digital zukunftsfähig gemacht.
Die Gelder aus Topf zwei und drei sollen hingegen direkt den Klubs zur Verfügung gestellt werden. Topf zwei (900 Millionen Euro, 45 Prozent) soll für Infrastrukturprojekte der Vereine verwendet werden. Sollte es keinen Nachholbedarf geben, kann der Verein seinen Anteil ausgeben, wofür er will. Über Gelder aus Topf drei (300 Millionen Euro, 15 Prozent) sollen die Klubs ohne Vorgaben verfügen können. Kritiker dieser Aufteilung sehen die Gefahr, dass die Gelder sofort wieder an Spieler und Spielerberater fließen. 60 Prozent, also die frei zur Verfügung stehende Summe und das Geld für die Infrastruktur, sollen wohl wie das bisherige TV-Geld verteilt werden. Das sorgt sicherlich für Diskussionen. Denn die Spitzenklubs profitieren davon.
"Fanintensive" Vereine wie Bremen, Schalke oder HSV hatten zuletzt Verluste
Zu den grundsätzlichen Befürwortern des Investoreneinstiegs zählt die selbst ernannte Gruppe der fanintensiven Vereine. Das sind Werder Bremen, Schalke 04, der Hamburger SV, Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart, Hertha BSC, Fortuna Düsseldorf, der 1. FC Nürnberg und der VfL Bochum.
Ströll steht diesem Zusammenschluss mit einer gewissen Skepsis gegenüber: „Diese Vereine haben zusammen alleine in den Saisons 19/20 und 20/21 laut DFL knapp 340 Millionen Euro Verlust eingefahren. 340 Millionen in zwei Jahren, das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Bei solch immensen Summen kann auch Corona kein Argument mehr sein und es zeigt, wo bei diesen Clubs der Schuh drückt und warum sie sich zusammengeschlossen haben.“ Sie eint eines: sie brauchen Geld, viel Geld und das schnell.
Der frühere DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig steht dem Deal sehr kritisch gegenüber. Unter der Überschrift „Heuschrecke oder nichts“ schrieb der Insider, der von 2013 bis 2015 einer der DFL-Geschäftsführer war, einen Gastbeitrag im Kölner Stadt-Anzeiger.
Er wundere sich, dass der Investoren-Einstieg für die Liga „derzeit die einzige strategische Option zu sein scheint“. Es müsse, so der Ex-FCA-Manager (2006 bis 2012) „die Frage erlaubt sein, warum die Liga künftige Erlöse vorziehen möchte, um diese hauptsächlich in Spieler zu investieren“.
FCA will Gelder auch für andere Bereiche verwenden
Diese Gefahr sieht auch Michael Ströll. Er will zum Nachdenken anregen und darüber diskutieren, wer vom möglichen Geldregen profitieren könnte: „Das übergeordnete Ziel sollte nicht die Ausschüttung an die Klubs sein, um dieses Geld dann wieder eins zu eins in Spieler zu investieren.“ Er sei ein großer Freund davon, „dass Teile dieser Gelder für andere Bereiche verwendet werden sollen wie die Unterstützung des Amateursports, Bewegungsangebote für Kinder und Jugendliche, den Frauenfußball, die Förderung des Nachwuchses oder auch die 3. Liga, die man beim deutschen Profifußball nicht vergessen sollte. Es würde uns gut zu Gesicht stehen, den gesamten deutschen Fußball einzubeziehen und auch soziale sowie gesellschaftliche Aspekte damit bedienen zu können.“
Hehre Ziele, die Ströll da formuliert. Es scheint, als würde der FCA sich zum Robin Hood der DFL entwickeln, zum Kämpfer für die Kleinen, zum Verteidiger der Solidargemeinschaft. Lange Zeit war der FCA ein Rädchen in der DFL, das zu laufen hatte, wenn die großen Klubs es wollten. Doch der 38-jährige Ströll hat den FCA in den letzten Jahren in ein Netzwerk der Vereine integriert, die sich nicht mehr alles vorschreiben lassen wollen. Und dieses Geflecht gewinnt langsam immer mehr an Einfluss.
Klaus Filbry, Chef von Werder Bremen, kann davon ein Lied singen. Zweimal hat sich der 56-Jährige für eine Wahl in ein Gremium der Deutschen Fußball Liga (DFL) beworben, zweimal scheiterte er an einem Kandidaten, den der FCA mit vorgeschlagen hatte. Im Jahr 2019 musste er Freiburg-Geschäftsführer Oliver Leki den Vortritt lassen. Und als der Platz von Fredi Bobic nach dessen Demission in Berlin im Aufsichtsorgan der DFL frei wurde, schien Filbrys Wahl Anfang März nur eine Formsache. Zumal er die Unterstützung der Gruppe der „fanintensiven Vereine“, sicher hatte.
Köln-Geschäftsführer Christian Keller wird gewählt
Die hatten die Rechnung aber ohne den FCA gemacht. Der verbündete sich mit dem FC St. Pauli und den meisten Zweitligisten und nominierte den Geschäftsführer des 1. FC Köln: Christian Keller. Der setzte sich in der Wahl knapp mit 18:16 Stimmen gegen Werders Finanzchef durch.
„Dem Aufsichtsrat der DFL kommt eine wichtige Bedeutung zu, da dieses Gremium eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Donata Hopfen, der früheren Vorsitzenden der Geschäftsführung der DFL, finden muss“, sagt Ströll. „Wir haben Christian Keller mit vorgeschlagen, weil er den gesamtdeutschen Fußball im Blick hat und wir überzeugt sind, dass er dem Aufsichtsrat guttun wird.“
Wer folgt auf Donata Hopfen an der Spitze der DFL?
Von 2005 bis 2021 stand Christian Seifert an der Spitze der DFL-Geschäftsführung. Erfolgreich. Seifert gelang es, die TV-Einnahmen kräftig zu steigern. Davon profitierten am meisten die Vereine mit den großen Namen.
Auf Seifert folgte Donata Hopfen. Doch die erste Frau an der Spitze des deutschen Profifußballs wurde nach nur 341 Tagen entmachtet. Seitdem wird die DFL kommissarisch von Oliver Leki und Axel Hellmann geführt. Pikantes Detail: Hellmann, dessen Arbeitgeber Frankfurt zu der Gruppe der fanintensiven Vereine gehört, steuert den Investorenprozess. Überdies begleiten diesen mit Nomura und der Deutschen Bank zwei Unternehmen, die auch bei der Eintracht involviert sind.
Der Aufsichtsrat besteht aus dem Vorsitzenden Hans-Joachim Watzke (Borussia Dortmund), seinem Stellvertreter Leki (dessen Amt ruht aber aufgrund der Funktion als Geschäftsführer), Rüdiger Fritsch (Darmstadt), Stephan Schippers (Mönchengladbach), Ralf Huschen (Paderborn) und eben Christian Keller (Köln). Das Gremium muss nun eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger Hopfen finden. Eine zukunftsweisende Entscheidung.
In die mit Keller nun ein weiterer Vertreter der „kleineren“ Klubs eingebunden ist. Der Sportökonom, der 2008 an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen promovierte, das Dissertationsthema lautete „Steuerung von Fußballunternehmen – Finanziellen und sportlichen Erfolg langfristig gestalten“, war früher auch Manager beim SSV Jahn Regensburg. Darum hat er vor allem bei den Zweitligisten und den kleineren Klubs der Bundesliga ein gutes Standing. Was seine Glaubhaftigkeit vergrößert: Köln ist aus der Gruppe der „fanintensiven Vereine“ ausgetreten. Mit der Stimme Kellers, so hofft nicht nur der FCA, werden die Interessen aller 36 Klubs und nicht nur die der großen berücksichtigt. Und das nicht nur beim Investoren-Deal.