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FC Augsburg
FCA-Ultras provozieren mit "Bullenschweine"-Banner
Ein Banner, das im Spiel gegen den FC Bayern gezeigt wurde, schlägt hohe Wellen. Es fordert: "Bullenschweine raus aus den Stadien". Es geht um das Verhältnis der Fans zur Polizei.
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Foto: Ulrich Wagner | FC Augsburg Fußball 1. Bundesliga / FCA / FC Augsburg - FC Bayern München 2:3Bild: Ulrich WagnerFans / Zuschauer mit Banner gegen rechts
Robert Götz
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:15 Uhr

Es lief die letzte Viertelstunde bei der Partie des FC Augsburg gegen den FC Bayern München, als die FCA-Ultras unten am M-Block, ihrer Heimat in der Nordkurve der WWK-Arena, ein Banner entrollten. Darauf stand in grünen Buchstaben: „Bullenschweine raus aus den Stadien.“ Dort hing es. Nicht nur gut sichtbar für die TV-Kameras, sondern auch für die Kameras der Polizei, die vor allem auf den M-Block gerichtet sind. Und die Polizei war natürlich Ziel der Provokation dieser FCA-Fans. 

Doch an diesem Nachmittag geschah – nichts. Weder der FCA noch die Polizei schritten ein. Der FCA ging am Donnerstagabend mit einer Stellungnahme auf der eigenen Homepage an die Öffentlichkeit. Er distanzierte sich von den Aussagen des Banners und berief sich auf die Werte des FCA und die Vereinssatzung. Meinungsfreiheit und kritische Äußerungen seien in der WWK-Arena zugelassen, aber keine Diffamierungen und Beleidigungen. Das Banner sei nicht entfernt worden, um die Situation nicht eskalieren zu lassen. Markus Trieb, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Nord, erklärte auf Anfrage: „Im konkreten Fall wurde entschieden, keine Maßnahmen zu treffen.“

"Bullenschweine" auf einem Banner muss nicht unbedingt eine strafbare Handlung sein

Vermutlich auch, weil so ein Banner mit dieser Aufschrift nicht unbedingt eine strafbare Handlung im Sinne einer Beleidigung darstellt, da es keine Personengruppe im engeren Sinne meint. Dazu gibt es einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom Mai 2016. Damals ging es um das Zeigen der Buchstaben „ACAB“ bei einem Fußballspiel. Laut Wikipedia steht die Abkürzung A.C.A.B. für den englischen Ausspruch ,All cops are bastards', wörtlich: ‚Alle Polizisten sind Bastarde‘ , oder sinngemäß: ‚Alle Bullen sind Schweine‘.

Verunglimpft man einen einzelnen Polizisten oder eine direkt bezeichnete Einheit mit dem Ausdruck „Bullenschwein(e)“, kann es strafrechtliche Folgen haben, bleibt man allgemein, kann es vor einer Anzeige schützen. So sieht es auch Martina Sulzberger. Die Rechtsanwältin engagiert sich bei dem Rot-Grün-Weiße-Hilfe e.V. Der Verein unterstützt FCA-Fans, die im Zusammenhang mit FCA-Spielen in Kontakt mit der Justiz gekommen sind. Sulzberger: „Mit den Worten ’Bullenschweine raus aus den Stadien’ handelt es sich um keine hinreichend überschaubare Personengruppe, es bedarf eben, so die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, einer personalisierenden Zuordnung, diese gab es hier nicht.“ Die Polizei prüft den Vorfall. „Unabhängig von der Frage der Strafbarkeit dieses Banners finden wir derartige Äußerungen unangebracht“, sagt Trieb. Ob es weitere Ermittlungen oder eine Anzeige geben wird, werde ebenfalls geprüft. 

Verhältnis der FCA-Ultras zur Polizei ist auf einem Tiefpunkt

Doch warum kam es überhaupt zu dieser Verunglimpfung der Polizei? Das Verhältnis der Ultras zu den Spezialeinheiten der Polizei, wie zum Beispiel dem Unterstützungskommando (USK), ist von Haus aus problematisch. Kommt es zu Auseinandersetzungen, steht man sich zumeist gegenüber. Zur Augsburger Polizei hingegen galt es lange als entspannt. Doch seit gut einem Jahr ist es auf einem Tiefpunkt. „Es gab das ganze Jahr 2023 über schon vermehrt Probleme mit der Polizei, vor allem bei Heimspielen. Das war ganz viele Jahre so gut wie nie der Fall“, sagt ein Sprecher des Rot-Grün-Weiße-Hilfe e.V.

Die Fans fühlen sich von der Polizei gegängelt. Vor allem im Stadion, in dem der FCA mit seinem Ordnungsdienst eigentlich das Hausrecht hat. „Beim ersten Heimspiel gegen Gladbach gab es den völligen Aufbruch des Konsenses, den es seit vielen Jahren gab, dass der Bereich der Ulrich-Biesinger-Tribüne polizeifrei ist. Da standen dann USK-Einheiten direkt neben dem Fan-Corner oder vor dem Eingang zu den Stehplätzen. Für viele Fans war das unverständlich“, sagt der Sprecher. Vielleicht liegt die verstärkte Polizeipräsenz auch daran, dass nach Corona vereinzelt bei Heimspielen Pyrotechnik im M-Block gezündet wurde, was lange als No-Go galt. Bei der Polizei verweist man darauf, dass man in allen Stadionbereichen, eben auch in der Nordkurve, präsent ist. 

Die aktive Fanszene sieht das anders: „Unser Eindruck ist, dass auch die Augsburger Polizei, analog zu dem, was gerade bundesweit passiert im Hinblick auf die EM, die Muskeln spielen lässt“, sagt der RGW-Sprecher. So kam es zuletzt auf St. Pauli oder in Frankfurt zu massiven Auseinandersetzungen.

Eskalation nach dem Spiel gegen Bayer Leverkusen

Die polizeifreie Nordkurve hat einen hohen Stellenwert für die aktive Fanszene. Wenn es dort Probleme gibt, versucht sie das kommunikativ in Zusammenarbeit mit dem Ordnungsdienst und den Fan- und Sicherheitsbeauftragten zu lösen. Ohne Polizei. Vielleicht wäre der bisher unbekannte Vorfall nach dem Leverkusen-Spiel anders abgelaufen. Ein 26-jähriger FCA-Fan aus der Szene hatte den Stadionbereich verlassen und wollte später zurück, was nicht erlaubt ist. Es kam zu Diskussionen mit Ordnern, der FCA-Fan verschaffte sich trotzdem Zutritt. Eigentlich eine Lappalie – aus Sicht der Fanszene. 

Anders sahen das anwesende Polizeibeamte. Sie griffen ein. Die Situation eskalierte, als sie den vorläufig Festgenommenen an den anderen Fans vorbei zur weiteren Klärung des Vorfalls sowie zur Feststellung der Personalien abführen wollten. Sie wurden verfolgt und bedrängt. Es kam zum Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken. „Das hätte man von beiden Seiten anders lösen können“, erklärte ein Augenzeuge gegenüber unserer Redaktion. 

FCA prüft die Banner nicht, sondern setzt auf Dialog

Die Ultras machten ihren Unmut nun mit dem provokativen Banner Luft. Zaunfahnen oder Plakate werden vom FCA nicht kontrolliert. Der Verein appelliert an die Vernunft der aktiven Fanszene. Die Meinungsfreiheit ist für ihn ein hohes Gut. 

So waren gegen die Bayern auch Banner gegen den Investoren-Einstieg und gegen den Rechtsextremismus zu sehen. Trotz des Vorfalls setzt der FCA weiter auf den Dialog.

 
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