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Augsburg
FCA-Profi Reece Oxford: Der lange Weg zurück
Im November 2022 spielte Reece Oxford das letzte Mal für den FC Augsburg in der Bundesliga. Nach einer Knie-OP startet er mehrere Comeback-Versuche. Doch Long Covid bremste ihn aus.
DSC_2971.jpeg       -  FCAFußball 1. BundesligaFCA / FC Augsburg - SC Freiburg  1:2Bild: Ulrich WagnerJonathan Schmid
Foto: Ulrich Wagner | FCAFußball 1. BundesligaFCA / FC Augsburg - SC Freiburg 1:2Bild: Ulrich WagnerJonathan Schmid
Robert Götz
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:35 Uhr

Dieser eine Videocall vor ein paar Wochen im November war Marinko Jurendic wichtig. Seit August ist der Schweizer Sportdirektor beim FC Augsburg. Seitdem hat er mit allen Spielern des Bundesligisten persönlich gesprochen. Mit den Stammspielern, den Reservisten und auch mit den vielversprechendsten Talenten aus dem Nachwuchsleistungszentrum. Nur ein Name fehlte auf seiner Liste noch: Reece Oxford.

Unter Trainer Markus Weinzierl blühte Reece Oxford beim FCA auf

Reece Oxford – 25 Jahre alt, seit Januar 2019 beim FC Augsburg. Zuerst ausgeliehen von West Ham United, dann im Sommer 2019 für zwei Millionen Euro fest verpflichtet. Zuerst von manchem schon als Fehleinkauf abgestempelt nach teilweise haarsträubenden Fehlern in seiner Anfangszeit entwickelte sich der Engländer zum Stammspieler in der Innenverteidigung und vervielfachte seinen Marktwert.

In der Spitze, im Juni 2022, lag der bei rund zwölf Millionen Euro. Schon unter Trainer Heiko Herrlich und dann unter dessen Nachfolger Markus Weinzierl war Oxford aufgeblüht. 

Reece Oxford lässt sich im Juli 2022 am Knie operieren

Doch dann musste er sich im Juli 2022 kurz vor der Fahrt ins Trainingslager einer Knie-OP unterziehen.Er hatte sich im Training eine Meniskusverletzung zugezogen. Der damals 22-Jährige werde "in den kommenden Wochen der Saisonvorbereitung" fehlen, teilte der FCA damals mit. "Die Verletzung ist natürlich ärgerlich, aber die Ärzte haben mir gesagt, dass alles gut verlaufen ist. Daher schaue ich zuversichtlich nach vorne und hoffe, dass ich schnell wieder fit werde", äußerte sich Oxford in der Vereinsmitteilung. Oxford hoffte vergebens. Aus dem schnellen Comeback wurde nichts, stattdessen begann für den Fußball-Profi eine Leidensgeschichte mit einigen Lichtblicken, aber auch tiefen Tälern.

Der FCA-Profi kämpft mit Long Covid

17 Monate später sagt Marinko Jurendic: "Ich habe ihn sehr positiv wahrgenommen. Er hat erzählt, dass er sich immer besser fühlt, viel Kontakt zu den Spielern hat und dass er natürlich unsere Spiele schaut. Den nächsten Schritt, den wir geplant haben, ist, dass Michael Ströll und ich Anfang des neuen Jahres zu einem persönlichen Treffen zu ihm nach London fliegen." Seit dem Frühjahr versucht Reece Oxford dort wieder in Form zu kommen. Nicht nur körperlich, sondern auch mental. Denn der 25-Jährige hat auf seinem Weg zurück auf den Rasen nicht nur mit den Folgen seiner Knie-OP zu kämpfen, sondern vor allem mit dem "Post-Covid-Syndrom", auch als "Long Covid" bezeichnet.

Muskelprobleme machen Oxford immer wieder zu schaffen

Mehrmals soll sich Oxford nach Informationen unserer Redaktion seit dem Auftreten des Virus eine SARS-CoV-2-Infektion zugezogen haben. Mit Spätfolgen. In der Fachliteratur werden vor allem Müdigkeit/Erschöpfung, Konzentrationsstörung, Atemnot, Leistungsschwäche, Geruchs- und Geschmacksstörung, Angst und Depressionen, Muskelschwächen und Muskelschmerzen genannt. Vor allem Letztere machten und machen Oxford bei seinen bisherigen Comeback-Versuchen immer wieder zu schaffen. 

FCA steht im regelmäßigen Austausch mit den Ärzten in England

Jurendic hält sich mit Aussagen zum Gesundheitszustand von Oxford zurück. "Wir stehen mit den Ärzten regelmäßig im Austausch. Ich hoffe, Sie verstehen, dass ich mich zu diesen Themen aber nicht detailliert äußern kann. Was ich sagen kann, ist, dass es ein sehr langwieriger Heilungsprozess ist. Trotz aller Versuche eines nachhaltigen Aufbautrainings hat der Körper leider nicht mitgemacht. Dann hat man sich im Frühjahr 2023 gemeinsam entschieden, dass er sich zu Hause in London erholen soll." Dort arbeitet Oxford nun mit Spezialisten aus verschiedenen medizinischen Disziplinen an seiner Rückkehr. "Er wird dort, auch in Absprache mit unserer medizinischen Abteilung, durch Physiotherapeuten, aber auch auf der mentalen Ebene sehr gut betreut. Mentale Stärke ist in so einer Situation ganz wichtig. Dazu zählt auch, dass er sein familiäres Umfeld um sich hat", gibt Jurendic einen kleinen Einblick in den Alltag von Oxford.

Letztes Bundesligaspiel gegen den VfL Bochum im November 2022

Dabei schien sich bei dem Engländer alles zum Guten zu wenden. Anfang November 2022 kehrt er in die Bundesliga zurück. Innerhalb von fünf Tagen stand er während der englischen Woche bei den drei Spielen gegen Eintracht Frankfurt (1:2), Union Berlin (2:2) und dem VfL Bochum (0:1) wieder auf dem Platz. Doch Oxford war weit von seiner Form entfernt, obwohl er bei der bitteren Heimniederlage im letzten Spiel vor der langen WM-Winterpause sogar 76 Minuten spielte. Ist das nicht ein Widerspruch, wenn man mit Long Covid zu kämpfen hat? Keineswegs. Bei Long Covid, haben Mediziner festgestellt, gibt es Phasen, in denen es den Menschen besser geht und sie sich fast normal fühlen, dann wiederum Phasen, in denen es zu einer deutlichen Verschlechterung kommt.

So war es auch bei Oxford. Die muskulären Probleme nahmen wieder überhand. Im Juli 2023 blickte Ex-FCA-Trainer Enrico Maaßen auf diese Zeit zurück. "Das ist eine sehr ärgerliche Geschichte. Er hat an seinen Long-Covid-Folgen zu knabbern, immer wieder muskuläre Probleme", erklärte Maaßen damals. "Das ist schon sehr lang, sehr wellenförmig. Nach Weihnachten ist es wieder schlechter geworden."

Comeback-Versuch im März 2023 beim FCA II scheitert

Am 17. März 2023 wagten der FCA und Oxford einen neuen Versuch. Beim FCA II in der Regionalliga stand der Innenverteidiger gegen Wacker Burghausen in der Startelf, bereitete beim 3:1-Sieg sogar das frühe 1:0 (5.) von Noah Joel Sarenren Bazee vor. Doch in der 76. Minute ließ er sich zu einer Tätlichkeit hinreißen, sah die Rote Karte. Ein paar Tage später spielte er noch im Test gegen den FC St. Gallen.Es sollte der bis dato letzte Auftritt des 1,90 großen Innenverteidigers in einem FCA-Trikot sein. Oxford erlitt einen Rückschlag, es machte so keinen Sinn mehr. Er kehrte Anfang Mai nach England zurück. 

"Reece durchlief in den vergangenen Monaten eine schwierige Phase. Jetzt geht es darum, ihn in den nächsten Monaten auf seinem Weg zurück eng zu begleiten", sagt Jurendic. Beim FCA gibt man ihm alle Zeit der Welt. Der Vertrag mit Oxford ist bis Juni 2025 terminiert. Finanzielle Belastungen hat der Klub längst nicht mehr. Wie bei allen anderen Arbeitnehmern endet nach sechs Wochen die Lohnfortzahlung und wird durch Krankengeld der jeweiligen Krankenkasse ersetzt. Zusätzlich haben sich die meisten Profis privat abgesichert.

Long Covid in der Bundesliga

Oxford ist kein Einzelfall in der Bundesliga. Doch rund vier Jahre nachdem die ersten Corona-Fälle in China bekannt wurden, wird Sars-CoV-2 und auch Long Covid kaum mehr öffentlich thematisiert. Ende 2021 und Anfang 2022 war das anders. Bayern-Star Joshua Kimmich musste lange pausieren, wie auch Werder-Spieler Niklas Schmidt. Oder auch Ex-FCA-Profi Jonathan Schmid (2016 bis 2019). Im August 2021 hatte sich der Linksverteidiger des SC Freiburg infiziert. Fast ein halbes Jahr lang konnte Schmid nicht mehr für den SC Freiburg spielen. Erst im Februar 2022 feierte er ausgerechnet gegen den FCA sein Startelf-Comeback. 

Seit September 2023 spielt der 33-Jährige in Österreich bei Austria Lustenau. Aktuell ist der Fall von Luca Beckenbauer, dem Enkel von Franz Beckenbauer. Er war zuletzt in der Regionalliga bei der zweiten Mannschaft von Greuther Fürth und für Wacker Burghausen aktiv. Doch nach einer Corona-Infektion im November 2022 musste er im Juli 2023 aufgrund von Long Covid seine Profiträume aufgeben. Der 23-Jährige wechselte im Sommer zum Kreisklassisten MTV München, gespielt hat er bisher noch nicht. 

Bei Oxford hoffen alle auf ein Comeback. Wann er auf den Trainingsplatz zurückkehrt, darüber will Jurendic nicht spekulieren. "Das ist schwierig zu sagen. Wenn jemand so lange Zeit ausfällt, dann braucht er auch eine gewisse Zeit für den Aufbau. Wir können und wollen in diesem Fall keine Prognosen machen." 

Marinko Jurendic freut sich auf das persönliche Treffen

Für den Schweizer war der Videocall wichtig. Doch dabei soll es nicht bleiben: Anfang des Jahres ist das Treffen in London geplant. "Uns war es sehr wichtig, gegenseitiges Vertrauen zu schaffen und dass er Jess Thorup kennenlernt. Ein Videocall war für den Erstkontakt gut, aber dem muss nun ein persönliches Kennenlernen folgen. Für mich wird unser Treffen vor Ort ganz wichtig sein. Dann können wir auch weitere konkrete Schritte zusammen planen." Es werden kleine sein, doch jeder noch so lange Weg beginnt damit.

Transfers, News, Personalien: Sie sind interessiert am schnellen FCA-Update? Dann schauen Sie bei unserem FCA-Ticker vorbei.

 
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