Mads Pedersen ärgert sich. Etliche Male schlenzt er den Ball mit dem rechten Fuß aufs lange Eck, stets pariert Torhüter Tomas Koubek. Selbst als es Pedersen mit seinem stärkeren linken Fuß versucht und per Außenrist die äußerste Stelle des Tores anvisiert, bleibt Koubek Sieger des Duells. Pedersen jedoch ist keiner, der sich entmutigen lässt. Mitunter mag es dem Außenverteidiger des FC Augsburg an technischen und spielerischen Lösungen mangeln, nie allerdings an Einstellung und Einsatzwillen.
Schon von Anfang an, im Sommer 2019, als Pedersen in die Fußballbundesliga wechselte, wusste er, dass er um seinen Platz kämpfen muss. Der FCA hatte sich auf einen möglichen Abgang von Philipp Max vorbereitet, indem er den Brasilianer Iago (SC Internacional) und den Dänen Pedersen (FC Nordsjaelland) verpflichtet hatte. Doch Max blieb – und der Bundesligist hatte ein Überangebot an Linksverteidigern. Im Winter ließ sich Pedersen für ein halbes Jahr zum FC Zürich in die Schweiz verleihen. Nach der Rückkehr im Sommer 2020 verließ Max den FCA, fortan bildeten Iago und Pedersen das Pärchen auf der linken Seite. Pedersen wandelt seitdem stets zwischen Stammplatz und Ersatzbank, zwei Partien fehlen ihm noch, dann hat er für den FCA 100 Pflichtspiele absolviert.
FC Augsburg darf auf die zweite Europapokal-Teilnahme hoffen
Mittagspause. Das Vormittagstraining ist vorbei, die Profis essen im Business-Bereich der Arena. Vom Ärger, der die Torschussübung begleitet hat, ist bei Pedersen nichts mehr zu spüren. Stattdessen: viel Energie. Die Ärmel seines T-Shirts und die kurzen Hosenbeine hat er hochgekrempelt. Als müsste er seinen Generator kühlen. Zuvor hatte noch Krafttraining auf dem Programm gestanden. In fünf Jahren hat Pedersen den FC Augsburg kennengelernt. In der Infrastruktur hat sich viel verbessert, sportlich bestimmte Abstiegskampf den Alltag. Jetzt nimmt Pedersen Veränderungen auch innerhalb der Mannschaft wahr. "Wir wollen attackieren. Unserer Mentalität entspricht, offensiv Fußball zu spielen", betont Pedersen.
Der Klub hat seine Zurückhaltung abgelegt. Möchte nicht mehr nur abwarten, sondern angreifen. Als Tabellensiebter darf der FCA auf die zweite Europapokal-Teilnahme seiner Vereinsgeschichte hoffen. Gegen Köln (1:1) zeigte Augsburg eine ansprechende Leistung, verpasste jedoch den Rekord von fünf Siegen in Serie.
Während sich die Augsburger Mannschaft in der jüngeren Vergangenheit oft mit dem Erreichen des Minimalziels zufriedengab, strebt sie jetzt nach mehr. Pedersen gibt Einblicke in die Kabine. "Nach dem Spiel waren wir alle enttäuscht, die Stimmung war wie nach einer Niederlage. In den Jahren zuvor hätten wir vielleicht gedacht: Nicht verloren, einen Punkt geholt. Das ist gut. Jetzt haben wir diese Siegermentalität. Das ist komplett anders, das mag ich so."
In den nächsten Wochen warten wegweisende Partien auf den FCA. Gegen Hoffenheim (Sonntag, 15.30 Uhr/DAZN), Berlin, Frankfurt und Bremen kann Augsburg die Weichen Richtung Europa stellen. Pedersen wiederholt Worte seines Trainers, der Fokus liege stets auf dem nächsten Spiel. Am Saisonende werde man sehen, ob die Punkte für die Europa League oder Conference League reichen. Dann ergänzt er: "Sollten wir das schaffen, haben wir in der Sommerpause ausreichend Zeit, uns darauf vorzubereiten. Ich fände das geil."
Kaum eine Sommerpause verging, in der nicht vom Potenzial gesprochen wurde, das im Augsburger Kader vorhanden sei. Auch er habe das immer so gesehen, meint Pedersen. Die aktuelle Entwicklung macht er an den handelnden Personen fest. Mit dem neuen Sportdirektor und dem neuen Trainer habe der Verein „einen wichtigen Schritt“ gemacht.
Beim FC Augsburg wird viel Dänisch gesprochen
Mit Cheftrainer Jess Thorup, Co-Trainer Jacob Friis und Standardspezialist Lars Knudsen geben jetzt Dänen auf dem Platz die Richtung vor. Pedersen erleichtert das die Verständigung, offiziell wird anders kommuniziert. "Wir reden immer, wenn andere Leute da sind, Englisch. Niemand soll denken, dass wir über ihn sprechen. Jeder soll alles verstehen. Für mich ist das eine Frage des Respekts."
Nicht nur sein gutes Deutsch dokumentiert, wie sehr sich Pedersen auf Augsburg und seine Wahlheimat eingelassen hat. In der Innenstadt hat er sich eine Wohnung gekauft, dort lebt er mit Freundin Rebecca und seinem Hund. Zuvor hatte er im Sommer seinen Vertrag in Augsburg bis Ende Juni 2027 verlängert. Dem Anlass entsprechend im Anzug. Für ihn ging damals der Wunsch in Erfüllung, der ihn nach Augsburg begleitet hatte. "Mein Ziel war immer, mir einen neuen Vertrag zu verdienen. Als ich meinen neuen Vertrag unterschrieben habe, hat das meine Familie und mich sehr gefreut."
Pedersen hat für sein Land in den Nachwuchsnationalmannschaften gespielt. Vor zwei Jahren war er für ein Länderspiel des A-Nationalteams nominiert, kam aber nicht zum Einsatz. Mit einer Berufung in den EM-Kader rechnet der 27-Jährige nicht. Zu Nationaltrainer Kasper Hjulmand hatte Pedersen lange keinen Kontakt mehr. Der Spieler lacht, als er sagt: "Wenn er anruft, bin ich bereit. Wenn nicht, bin ich in Italien."
Mit Konkurrent Iago ist Pedersen inzwischen befreundet. Im Sommer trennen sich ihre Wege. Iago kehrt nach Vertragsende beim FCA nach Brasilien (EC Bahia) zurück. Pedersen wird folglich mit einem anderen Profi um den Platz in der Startelf kämpfen. "In jedem Verein der europäischen Top-Ligen hast du Konkurrenzkampf", sagt er. "Druck ist gut, das mag ich."
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