Auf der Homepage des FC Groningen wirbt Ricardo Pepi zurzeit mit seinem typischen breiten Lächeln für eine Rabattaktion. 50 Prozent gibt es auf die aktuellen Trikots. Es herrscht Ausverkauf beim niederländischen Erstligisten. Denn der ist praktisch abgestiegen. Vier Spieltage vor Saisonende beträgt der Rückstand des FC Groningen (17 Zähler) auf den Relegationsplatz, den SBV Excelsior belegt, elf Punkte.
Heimatverein von Arjen Robben im freien Fall
Den Absturz des Heimatvereins von Ex-Bayern-Star Arjen Robbenkonnten auch die Tore von Ricardo Pepi nicht verhindern. Elf Treffer hat der 20-jährige US-Amerikaner bisher erzielt. Dafür hatte der Klub aus der Hauptstadt der Provinz Groningen, 180 Kilometer nordöstlich von Amsterdam gelegen, den Stürmer vom FC Augsburg für ein Jahr ausgeliehen. Pepi lieferte, aber der Klub bietet derzeit ein desaströses Bild. So musste am 23. April das wichtige Abstiegsduell gegen NEC Nijmegen nach 18 Minuten beim Stande von 0:0 abgebrochen werden, weil der Schiedsrichter-Assistent von einem Bierbecher getroffen wurde.
Erst Mitte März war das Groningen-Spiel gegen den SC Heerenveen (0:2) wegen eines versuchten Platzsturms unterbrochen worden. Als Ex-Bundesliga-Profi Jetro Willems versuchte, die Gemüter zu beruhigen, wurde er von einem Zuschauer mit der Faust auf den Kopf geschlagen. Nach einer mehrminütigen Pause wurde die Partie mit Willems auf dem Feld wieder angepfiffen und beendet.
FC Groningen verliert gegen Nijmegen 0:1
Das Spiel gegen Nijmegen wurde dann zwei Tage später ohne Zuschauer beim Stande von 0:0 fortgesetzt. Am Ende verlor Groningen 0:1. Pepi verließ mit hängendem Kopf das Spielfeld mit leeren Rängen im Hintergrund.
Und so steht die Werbeaktion irgendwie sinnbildlich für das Europa-Abenteuer, das für Pepi im Januar 2022 in Augsburg begann. Es ist ein Auf und Ab. Für 16 Millionen Euro hatte der FCA das amerikanische Stürmerwunderkind vom FC Dallas geholt und mit einem Vertrag bis Juni 2026 ausgestattet. Sehr viel Geld für eine Wette auf die Zukunft.
Aber am Ende waren sich Reuter, Ströll und der damalige FCA-Chef Klaus Hofmann einig, den Deal durchzuziehen. Auch mit dem Wissen, mit der Klaus Hofmann Investoren Gmbh, in die der US-Finanzinvestor David Blitzer investiert hatte, einen finanzkräftigen Unterstützer in der Hinterhand zu haben.
Der FC Augsburg stemmte den Deal auf eigene Rechnung
Der FCA stemmte den Transfer aber auf eigene Rechnung. Die Transfer-Hoheit liegt beim Klub. Pepi sollte mit seinen Toren den FCA aus dem Tabellenkeller schießen und auch Marketing-Türen in den USAöffnen. Denn in den USA war er in der dortigen Profiliga MLS ein Senkrechtstarter und zudem schon mit 19 Jahren Nationalspieler. Auch der FC Bayern hatte Pepi schon auf sein Trainingsgelände an der Säbener Straße eingeladen. Pepi träumte von der Champions League - mit dem FCA. Also ein Top-Transfer?
Ricardo Pepi hat es auch in der FCA-Kabine nicht einfach
Doch die Integration des Talents erwies sich als schwierig. Es war Winter in Augsburg und es herrschte nicht nur auf den Plätzen, sondern auch in der Kabine eine ungewohnte Kälte für den jungen Texaner.
Zwar stellte ihn Trainer Markus Weinzierl immer wieder auf, doch ein Tor wollte Pepi einfach nicht gelingen. Zudem sollen die Platzhirsche im Augsburger Sturm, vor allem Florian Niederlechner, mit der neuen Konkurrenz nicht zimperlich umgegangen sein. Auch Trainer Weinzierl und Sport-Geschäftsführer Reuter kümmerten sich nicht so intensiv um Pepi, wie er und sein Berater sich das gewünscht hatten. Pepi traf nicht und flog aus dem WM-Kader der Amerikaner. Der WM-Traum war geplatzt.
Zudem konnte Pepi auch in der neuen Saison unter dem neuen Trainer Enrico Maaßen nicht richtig Fuß fassen.
So wurde er Anfang September nach 16 Bundesliga-Spielen ohne Treffer für ein Jahr zum FC Groningen verliehen. Mit der Hoffnung, dass er mit vielen Toren und viel Selbstvertrauen zum FCA zurückkehren würde.
Und Pepi zeigte seine persönliche Klasse. Plötzlich traf er fast nach Belieben. Er kehrte auch in die US-Nationalmannschaft zurück. Beim FCA freute man sich. Es schien, als hätte man alles richtig gemacht. Pepi hätte in der kommenden Saison eine wichtige Rolle im FCA-Sturm spielen können, vielleicht sogar sollen.
Was passiert mit FCA-Stürmer Mergim Berisha?
Ob Sturm-Shootingstar Mergim Berisha auch nach der Sommerpause weiter für den FCA spielen wird, ist durchaus fraglich. Zwar gilt als sicher, dass der FCA die Kaufoption von vier Millionen Euro bei der Leihgabe von Fenerbahçe Istanbul ziehen wird, doch was dann geschieht, ist offen.
Der 24-jährige Berisha, der zurzeit verletzt fehlt, hat in seiner ersten Saison in der Bundesliga mit bisher neun Toren eine deftige Duftmarke gesetzt. Die hat auch Bundestrainer Hansi Flick erreicht. Am 25. März gab der gebürtige Berchtesgadener mit kosovarischen Wurzeln sein Debüt in der Nationalmannschaft. So ein Spieler wird nicht das Ziel haben, in Augsburg in Rente zu gehen. Und so besteht durchaus die Möglichkeit, dass, wenn ein finanziell lukratives Angebot kommt, der FCABerisha den nächsten Schritt in der Karriere-Leiter und vor allem in der Gehaltsklasse nicht verwehren würde. Denn mit Top-Angeboten in Sachen Salär kann der FCA nicht mithalten.
Ricardo Pepi: "Ich will nicht nach Augsburg zurück"
Da wäre ein Rückkehrer Pepi in Top-Form eine ideale Absicherung und Lösung. Doch Pepi scheint von den ersten Monaten beim FCA derart abgeschreckt, dass er sich eine Rückkehr nicht mehr vorstellen mag. Dies brachte er in einem Interview mit Voetbal International vor kurzem deutlich zum Ausdruck. „Ich will nicht zurück nach Augsburg. Das habe ich den Klub auch wissen lassen“, sagte er dem niederländischen Fußballmagazin. Ihm seien Dinge vorgespielt und versprochen worden, die nicht eingehalten wurden.
Sein Manager Jaime Garcia wurde deutlicher. „Wir schätzen die Investition, die der Verein gemacht hat. Aber als er einmal da war, schien es so, als wüssten die nicht, wie sie mit so einer Investition umgehen müssten. Der Trainer sprach nicht mit ihm, der Direktor wollte ihn so gerne haben, dass er zweimal nicht zu einer Verabredung kam mit Ricardo“, sagte Garcia und stellte klar: „Pepi geht nicht zurück nach Augsburg.“ Tatsächlich hat Reuter nach Informationen unserer Redaktion zwei Termine nicht wahrgenommen.
Stefan Reuter sprach per Videocall mit Ricardo Pepi
Beim FC Augsburg versucht man die Wogen zu glätten. Ein paar Tage vor dem Spiel in Frankfurt gab es einen Videocall. Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter war danach um Entspannung bemüht: „Solche Dinge passieren, wir hatten ein ganz gutes Gespräch mit seinem Berater und mit ihm. Man darf auch nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen. Ich war nicht dabei, wie und was er gesagt hat.“ Die Situation sei aber klar. Reuter: „Er steht bei uns unter Vertrag. Wir finden die Entwicklung von ihm sehr spannend und gut. Alles Weitere sehen wir.“
Alles ist derzeit möglich. Am wahrscheinlichsten ist wohl ein Wechsel, auch wenn Reuter beteuert: „Wir haben keine Offerte aktuell auf dem Tisch liegen. Er weiß schon auch, dass wir ein Invest getätigt haben, und wir sind nach wie vor überzeugt von der Qualität des Spielers.“ In den nächsten Tagen könnte aber Bewegung in die Sache kommen.
Die beiden niederländischen Spitzenklubs PSV Eindhoven und Feyenoord Rotterdam beschäftigen sich intensiv mit Pepi. Ein möglicher Transfer ist aber nicht billig. Der FCA will auf jeden Fall keinen Verlust machen. 16 Millionen Euro stehen daher im Raum. Vielleicht etwas weniger, wenn man die Abschreibungen noch berücksichtigt. Eventuell ist auch eine Ratenzahlung ein Thema. Auch eine mögliche Beteiligung bei einem Weiterverkauf. Bei der Vertragsgestaltung sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
Die englische Premier League ist Pepis Ziel
PSV hätte das nötige finanzielle Potenzial. Erwirtschaftete Eindhoven, das am vergangenen Wochenende im Elfmeterschießen gegen Ajax Amsterdam den Pokal gewann, doch allein im vergangenen Sommer rund 94 Millionen Euro Transfererlöse. Allein der Wechsel von Cody Gakpo zum FC Liverpool brachte 42 Millionen Euro. Mit Feyenoord könnte Pepi nächste Saison in der Champions League auf sich aufmerksam machen.
Pepi selbst scheint mit einem Wechsel in die Premier League zu liebäugeln. Crystal Palace, Brigthon Holve & Albion und Wolverhampton Wanderers werden immer wieder genannt. Ob er sich damit jetzt einen Gefallen tut? Allerdings beginnen dort die Transferaktivitäten erst in ein paar Wochen. Es bleibt also weiter spannend. Der FCA hat das Heft des Handelns in der Hand. Und vielleicht sind die Pepi-Trikots vom FC Groningen, die jetzt verramscht werden, bald eine wertvolle Rarität.