
Wer sich mit der SpVgg Unterhaching beschäftigt, stößt zwangsläufig auf die Geschehnisse im Mai 2000. Bayer Leverkusen benötigte am letzten Spieltag der Fußball-Bundesliga lediglich einen Punkt, um sich erstmals zum deutschen Meister zu krönen. Der Rest ist wiederholt erzählte Sportgeschichte. Eigentor Ballack, zweites Tor Oberleitner. Das Drama im Sportpark, südlich von München, ist ein Kapitel, das in der Mär von Vizekusen nicht fehlen darf. Für die Unterhachinger hingegen dokumentierte der Erfolg gegen Leverkusen die starken Auftritte in der Bundesliga-Premierensaison. Platz zehn in der Abschlusstabelle der ersten Liga - besseres Zahlenwerk wies der kleine Klub am Rande der Landeshauptstadt in seiner Vereinshistorie nie auf.
Im Folgejahr stieg die SpVgg ab, blieb ein paar Spielzeiten in der zweiten Liga, ehe sie in die dritte und teils sogar in die Regionalliga abrutschte. Dort haben sich Unterhaching und dessen Präsident Manfred Schwabl eingependelt. Zwischen Halb- und Vollprofitum. Schwabl, 57, hat mit dem FC Bayern Meisterschaften gefeiert und war DFB-Pokalsieger. Seit über zehn Jahren lenkt er als Chef die Belange der Hachinger. Seit 2012 ist er Präsident, seit Ende 2018 zusätzlich Geschäftsführer der Haching Verwaltungs GmbH, die die Geschäfte der Profi-KGaA führt. Zudem hält er über die Schwabl GmbH rund ein Fünftel der Aktien der Profi-KGaA. Man könnte auch sagen: Schwabl ist die SpVgg.
Drittligisten haben wiederholt finanzielle Schwierigkeiten
Wer sich an der Schwelle zwischen Amateur- und Profifußball bewegt, muss eng kalkulieren. Finanzen sind stets das Thema, richtig flüssig sind auf Dauer die wenigsten. Auch nicht die Hachinger. Mit dem sportlichen Aufstieg am Saisonende verknüpfte Schwabl nicht zwingend die Zugehörigkeit zur dritten Liga. Im Frühjahr wurde öffentlich, dass Gehälter der Spieler nicht pünktlich gezahlt worden waren. Schwabl zeigte sich überrascht, welch großen Aufschrei das mit sich zog. "Das war früher auch immer mal der Fall. Natürlich sollte es nicht sein, das ist doch klar. Ein, zwei Interna sind in der Zeit rausgekommen, das waren wir so noch nicht gewohnt, weil, Haching ist eine Familie", betonte der Präsident damals im Münchner Merkur. Familie - davon spricht Schwabl oft.
Auf einer Aktionärsversammlung Ende März stellte Schwabl seine Zukunftspläne vor. Mittelfristig träumt man in Unterhaching von der Rückkehr in die Zweitklassigkeit. Ein Investor soll kurz vor dem Einstieg gestanden haben, Corona und der Ukraine-Krieg hätten den Geldgeber aber zum Umplanen gezwungen, heißt es. Vorerst trägt Schwabl selbst die finanzielle Hauptlast. Wie er auf der Versammlung erklärte, habe er eine Patronatserklärung abgegeben und werde weiterhin alle Löcher stopfen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) erteilte der SpVgg nur unter Auflagen die Drittliga-Lizenz. Geplant wird mit einem Etat in Höhe von 2,5 Millionen Euro. Zum Vergleich: 1860 München rechnet mit 4,5 Millionen.
Zugleich laufen die sportlichen Planungen. Nach dem Aufstieg, den die SpVgg in den Relegationsspielen bewerkstelligt hat, stellt sich der Klub personell neu auf. Teils, weil er muss, teils, weil er will. Sandro Wagner hatte frühzeitig erklärt, am Saisonende seine Trainertätigkeit zu beenden. Wagner, 35, der sich als smarter Fernsehexperte einen Namen gemacht hat, hatte sich eingereiht in die Liste prominenter Trainer. Zuvor hatten unter anderem Andreas Brehme, Klaus Augenthaler oder Heiko Herrlich die Unterhachinger Mannschaft trainiert.
Haching-Präsident Schwabl: "Wir freuen uns sehr auf diese Herausforderung"
Schwabl will nicht nur die Mannschaft verjüngen, er baut zugleich auf einen Trainer aus dem eigenen Nachwuchs. Marc Unterberger, 34, soll die SpVgg in der dritten Liga stabilisieren. Unterberger hatte einst als U11-Trainer bei den Hachingern angefangen und ist jüngst mit der U19 aus der Bundesliga abgestiegen. Nicht unbedingt eine Empfehlung. Neben dem Posten des Trainers wird zugleich der des Kaderplaners neu besetzt. Wie der Kicker berichtet, wird der Vertrag von Steffen Galm nicht verlängert. Galm hatte von 2016 bis 2019 als Co-Trainer von Claus Schromm gearbeitet, der derzeit Cheftrainer des FCA-Nachwuchsleistungszentrums ist.
Unterberger wird folglich auf der Bank sitzen, wenn der Drittligist den FC Augsburg in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals empfängt. Als Meister der Regionalliga Bayern hatten sich die Unterhachinger erstmals seit sechs Jahren wieder für den Wettbewerb qualifiziert. Genau terminiert ist die Partie noch nicht, stattfinden soll diese im Zeitraum zwischen 11. und 14. August. Schwabl, der einst mit Augsburgs Sport-Geschäftsführer Stefan Reuter beim FC Bayern zusammenspielte, freut sich jedenfalls auf das Los. Ein "absoluter Top-Gegner" käme in den Sportpark. "Wir freuen uns sehr auf diese Herausforderung", lässt sich der Vereinschef auf der eigenen Website zitieren. "Es wird nach der Meisterschaft und dem Aufstieg in die dritte Liga ein weiteres Highlight für die gesamte Haching-Familie."
Mit Respekt, aber auch mit einer klaren Zielvorgabe geht FCA-Trainer Enrico Maaßen das erste Pflichtspiel der Saison an. Die Euphorie sei beim Aufsteiger bestimmt groß, so der 39-Jährige. „Aber wir wollen unserer Favoritenrolle gerecht werden.“ Bayer Leverkusen wollte das einst auch.