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Augsburg
Ein Unentschieden, mit dem alle gut leben können
Nach dem 1:1 zwischen dem FC Augsburg und Schalke 04 herrscht auf beiden Seiten Zufriedenheit. Beim FCA, weil man 40 Minuten in Unterzahl agieren musste. Und bei den Gästen?
Fussball 1.Bundesliga, FC Augsburg - FC Schalke 04       -  Arne Engels  (Mitte) verabschiedet sich von Tom Krauß unter den Augen von Robert Gumny und Julian Baumgartlinger (v.l.).
Foto: Jan Huebner , dpa | Arne Engels (Mitte) verabschiedet sich von Tom Krauß unter den Augen von Robert Gumny und Julian Baumgartlinger (v.l.).
Robert Götz
 |  aktualisiert: 11.03.2024 12:47 Uhr

Ermedin Demirovic wusste sofort, dass er Mist gebaut hatte. Beschwichtigend hob der Stürmer des FC Augsburg die Hand, als er in der 53. Minute den Ball wie ein Kung-Fu-Kämpfer in der Luft weiter befördern wollte. Doch der 24-jährige Demirovic traf neben dem Ball auch Tom Krauß ins Gesicht. Schiedsrichter Daniel Schlager dachte zuerst an eine Gelbe Karte, doch nachdem er den blutenden Schalker sah, zückte er die Rote. Nicht einmal 180 Sekunden zuvor hatte Demirovic noch Arne Maier die Vorlage zum 1:0 (51.) gegeben, jetzt verließ er mit versteinerter Miene den Platz. Und seine schon miese Laune ging dann noch weiter in den Keller, als Marius Bülter in der Nachspielzeit (90.+3) mit einem verwandelten Foulelfmeter den 1:1-Endstand erzielt hatte. Es war der dramatische Schlusspunkt unter eine Partie, die zwar arm an spielerischer Klasse war, aber dafür vollgepackt mit Kampf, Emotionen und Leidenschaft.

Rote Karte für Ermedin Demirovic war der Knackpunkt

"Die Rote Karte ist der Knackpunkt im Spiel gewesen, sie hat das Spiel verändert", war sich FCA-Trainer Enrico Maaßen sicher. Ähnlich sah es auch sein Schalker Kollege Thomas Reis. "Die Rote Karte hat uns geholfen." 

Bis dahin schien der FCA in seinem 200. Bundesliga-Heimspiel auf den fünften Heimsieg in Folge zuzusteuern. Denn nach einer ereignisarmen ersten Hälfte, in der beide Mannschaften mit ihrem frühen Pressing und der Mann-gegen-Mann-Verteidigung über fast das ganze Feld so gut wie keinen Spielfluss aufkommen ließen, war der FCA optimal in die zweite Halbzeit gestartet. 

Arne Maier nützt einen Fehler von Ralf Fährmann

Schalkes Torhüter Ralf Fährmann hatte, durch das hohe Anlaufen der Augsburger nervös geworden, den Ball direkt auf Arne Maier geschlagen. Der FCA-Profi schaltete reaktionsschnell, hebelte im Zusammenspiel mit Demirovic die Schalker Abwehr aus und erzielte das 1:0 (51.). Eine verdiente Führung. Für kurze Zeit schien alles nach Plan zu laufen.

Ex-FCA-Präsident Walther Seinsch sieht das Spiel live in der WWK-Arena

Während der Jubel der FCA-Fans in der ausverkauften WWK-Arena noch gar nicht ganz verklungen war, erwies Demirovic seiner Mannschaft dann unter den Augen von Ex-FCA-Präsident und Investor Walther Seinsch einen Bärendienst. Nach Jahren besuchte der 81-Jährige mal wieder ein Heimspiel des FCA. 

Schon als er in Augsburg noch das Sagen hatte, vermied er es aufgrund seiner Depressions-Erkrankung, ins Stadion zu gehen. Doch diesmal ließ der Ehrenpräsident sich das Duell mit seinem zweiten Lieblingsklub Schalke 04, dort hatte er 1994 schon einmal als Präsident kandidiert, seine Bewerbung aber noch während des Auswahlverfahrens zurückgezogen, nicht entgehen.

FC Augsburg spielt 40 Minuten in Unterzahl, Schalke 04 fällt nicht viel ein

Über 40 Minuten musste der FCA nun in Unterzahl agieren. Schalkes Druck nahm von Minute zu Minute zu. Zwar offenbarten die Gäste große spielerische Mängel (Reis: "Wir haben das sehr schlecht gelöst."), doch allein mit ihrer Wucht ließen sie den FCA-Spielern kaum mehr Zeit zum Luftholen. Trotzdem schienen die zehn tapferen Augsburger den Vorsprung verteidigen zu können. Auch weil der eingewechselte Simon Terodde in der 71. Minute eine hundertprozentige Torchance vergab. 

FCA-Kapitän Jeffrey Gouweleeuw verursacht Foulelfmeter

Doch gerade in dem Moment, als der vierte Offizielle Robert Kempter dabei war, die Nachspielzeit in Höhe von acht Minuten anzuzeigen, folgte der letzte Akt in diesem sportlichen Drama aus Augsburger Sicht. Ausgerechnet der bis dahin gut spielende FCA-Kapitän Jeffrey Gouweleeuw ging im eigenen Strafraum gegen Terodde zu ungestüm zu Werke und verursachte einen Foulelfmeter. Schalkes derzeitiger Torschütze vom Dienst, Marius Bülter, verwandelte nervenstark zum 1:1-Endstand (90.+3). Es war sein vierter Treffer in Folge. 

Mergim Berisha enttäuscht nach seiner Nominierung für den DFB

Der Augsburger Torjäger Mergim Berisha konnte hingegen an diesem Nachmittag seine Nominierung für die deutsche Nationalmannschaft nicht rechtfertigen. Ein Kopfball, eine gute Flanke und 13 Ballkontakte waren die magere Ausbeute des 24-Jährigen, der dann auch in der 74. Minute ausgewechselt wurde. "Er hat sich bemüht und versucht dagegen zu halten, wie die ganze Mannschaft. Aber es war auch schwer für ihn", wollte Stefan Reuter später nicht zu hart mit Berisha ins Gericht gehen. Der FCA-Sportgeschäftsführer konnte mit dem Punktgewinn gut leben. 

Wohl auch, weil Schiedsrichter Schlager mit seinen zwei wichtigsten Entscheidungen richtig lag: "Ich habe mir im Nachgang noch mal alle entscheidenden Szenen angesehen. Unterm Strich hat der Schiedsrichter sie so bewertet, wie man sie bewerten kann." Einen Kritikpunkt fand Reuter aber doch noch. In der 29. Minute hätte er gerne die Gelb-Rote Karte für den Schalker Eder Balanta gesehen. Der Kolumbianer, bereits verwarnt, blockierte die schnelle Ausführung eines Freistoßes. 

FCA hält Abstand auf Schalke 04 und gewinnt einen Punkt auf Hertha BSC

Doch am Ende waren alle irgendwie zufrieden. "Wir nehmen den Punkt gerne mit", sagte Schalke-Coach Reis. Schließlich blieb seine Mannschaft im achten Spiel in Folge ungeschlagen, kann auch als Tabellen-Vorletzter mit nun 21 Punkten (punktgleich mit dem 16. Hertha BSC) weiter vom Klassenerhalt träumen. Für einen gewonnenen Punkt entschied sich auch FCA-Trainer Maaßen: "Das Minimalziel war, Schalke auf Abstand zu halten, das ist uns gelungen. Wir haben sieben Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz. Das ist ordentlich."

Auch die beiden Fan-Lager fanden die Punkteteilung ok. Die über 5000 Schalke-Fans feierten ihr Team nach dem Schlusspfiff, als hätte Schalke gerade die erste deutsche Meisterschaft nach 1958 gewonnen. Die Augsburger Anhänger entließen ihre erschöpften Spieler mit aufmunterndem Applaus in die Länderspielpause.

 
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