Bisher kam Fabian Nürnberger beim 1. FC Nürnberg fast ausschließlich als defensiver Mittelfeldspieler zum Einsatz. Aber Interimstrainer Michael Wiesinger hatte im ersten Relegationsspiel gegen den Abstieg aus der 2. Liga etwas anderes mit dem 20-Jährigen vor, der - anders als es sein Familienname vielleicht annehmen ließe - aus Hamburg kommt.
Nürnberger rückte im neuen 4-4-2-System, das Wiesinger der Mannschaft verordnet hatte und das sie gut umsetzte, auf die linke Position in der vorderen Kette. Näher zum gegnerischen Tor also auch - ein wahrer Glücksgriff und der entscheidende Schachzug. Nürnberger steuerte beide Tore zum hochverdienten, aber eher zu niedrig ausgefallenen 2:0 (2:0)-Sieg gegen den FC Ingolstadt bei. "Es war ein guter Zeitpunkt für meine beiden ersten Tore im Profifußball", sagte Nürnberger und lobte das Trainerdo Wiesinger/Marek Mintal: "Wir wurden sehr, sehr gut eingestellt und in der Kabine auch sehr heiß gemacht." Zwei Tore Vorsprung, kein Auswärtstreffer des Gegners - vor dem Rückspiel am Samstag in Ingolstadt hat der Club nun eine sehr gute Ausgangsposition, den Absturz in die Drittklassigkeit zu verhindern und eine Katastrophensaison doch noch zu retten.
Bei Ingolstadt fehlt Kutschke und Beister muss früh raus
Die größte Überraschung in Wiesingers Aufstellung: Mit Mikael Ishak, der bei zwei Abseitstoren zu früh jubelte, und dem etwas untergehenden Adam Zrelak setzte er auf zwei gelernte Mittelstürmer in der Spitze. Wie erwartet kehrte Abwehr-Ass Konstantinos Mavropanos nach drei Spielen Verletzungspause zurück und bildete zusammen mit Asger Sörensen die sichere Innenverteidigung. Nicht für die Startelf nominiert und auch nicht eingewechselt: Johannes Geis und Nikola Dovedan, über dessen bessere Verwendung im offensiven Zentrum Wiesinger noch sinniert hatte. Gegen beide sprach wohl die mangelnde Deckungstreue. Auch Ingolstadts Trainer Tomas Oral hatte vorab mit der Fit-Meldung von Kapitän Stefan Kutschke eine Nebelkerze gezündet. Der verletzte Sturmführer war nicht einmal im Kader, eine echte Schwächung für die Schanzer, die zudem Maximilian Beister früh durch Verletzung verloren (30.).
"Wir sind der Zweitligist", hatte Wiesinger seiner Mannschaft eingeimpft. Die setzte das um und gestaltete die erste halbe Stunde hoch überlegen. Es spielte nur der Club, Ingolstadt bekam seine Nervosität nicht in den Griff und ließ dem Zweitligisten im Mittelfeld so viel Raum zur Ballverarbeitung, wie er ihn wohl in keinem Liga-Spiel der abgelaufenen Saison zur Verfügung gehabt hatte. Schon nach fünf Minuten hatte Ishak die Chance zur Nürnberger Führung, sein Kopfball nach Freistoß von Enrico Valentini landete aber nur am Querbalken. Nach weiteren Chancen war die FCN-Führung hochverdient. Der Schrägschuß von Nürnberger aus 18 Metern setzte noch auf und landete neben dem Pfosten im Netz (22.). Es war sein erster Pflichtspieltreffer für den Club.
Erst in der Viertelstunde vor der Pause kam der schwache Drittligist besser ins Spiel. Ein Distanzschuss von Maximilian Thalhammer, der über den Querbalken zischte (43.), war die einzige nennenswerte Torchance der Gäste im ersten Abschnitt. Die Club-Abwehr um Mavropanos agierte konsequent, war aber auch wenig gefordert. Mit der letzten Aktion vor dem Kabinengang kam der Club sogar zum zweiten Treffer. Ishak verlängerte die Hereingabe des unentwegt über die Seite anschiebenden Valentini, wieder war Nürnberger zur Stelle und drückte den Ball ein. Sportchef Michael Henke reklamierte wie andere Ingolstädter vergebens auf ein vorangegangenes Foulspiel.
Die zweite Hälfte startete mit verstärkten Ingolstadter Offensivbemühungen, das war angesichts des 0:2-Rückstands zu erwarten gewesen. Richtig in Hektik geriet die Nürnberger Abwehr aber nicht. Zumal sich im Aufbauspiel der Gäste immer wieder Missverständnisse und Stockfehler einschlichen. Nur vier Tage Pause seit dem letzten Drittliga-Spiel - vielleicht war Ingolstadt einfach zu müde. Der Club kombinierte zwar nicht mehr so gut wie vor der Pause, war aber einem weiteren Tor näher als Ingolstadt einem Anschlusstreffer. Robin Hack kam im Nachsetzen frei zum Kopfball, platzierte ihn aber genau auf Torwart Michael Knaller (60.). Nach dem ersten Nürnberger Wechsel - Michael Frey ersetzte positionsgetreu den angeschlagenen Zrelak (60.) - hätte der neue FCN-Torjäger Nürnberger fast seinen dritten Treffer erzielt, doch aus spitzem Winkel verhinderte der Pfosten die Vorentscheidung in diesem Relegationsduell (66.). "Das war ärgerlich. Vielleicht hätte ich abspielen sollen", sagte Nürnberger. In der Nachspielzeit schaufelte Frey den Ball aus Nahdistanz über Knaller, aber auch über den Kasten.
Mathenia hat keinen einzigen Ball zu halten
Am Ende blieb es also beim 2:0 - und Club-Torwart Christian Mathenia hatte überraschenderweise keinen einzigen Ball zu halten gehabt. Der Trainerwechsel von Jens Keller zu Michael Wiesinger hat sich gelohnt, die letzte Patrone von Sportvorstand Robert Palikuca scheint zu zünden. Nebenbei: Die fünf von einer Gelb-Sperre bedrohten Nürnberger Profis können auch in Ingolstadt aufgelaufen, keiner kassierte von Fifa-Schiedsrichter Sascha Stegemann eine weitere Verwarnung.