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Eishockey
Eishockey-WM 2027: Von Strippenziehern, fehlenden Antworten und Macht
Deutschland und Kasachstan bewerben sich um die Eishockey-WM 2027. An diesem Freitag fällt die Entscheidung. Anders als sonst ist das Rennen völlig offen.
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Foto: Marius Becker, dpa | Luc Tardif ist der Präsident des Eishockey-Weltverbands IIHF.
Andreas Kornes
 |  aktualisiert: 11.03.2024 11:50 Uhr

Am Donnerstag haben Kasachstan und Deutschland den Vertretern des Eishockey-Weltverbandes IIHF dargelegt, wie sie sich die Weltmeisterschaft 2027 vorstellen. Für den Deutschen Eishockey-Bund moderierte Ex-Nationalspieler Christoph Ullmann die halbstündige Präsentation des DEB. Die beiden Länder konkurrieren um die Gastgeberrolle. Und anders als sonst ist diesmal unklar, wer das Rennen macht. An diesem Freitagmittag stimmen die IIHF-Mitglieder ab.

Für den DEB ist die Entscheidung bedeutsam, verspricht er sich doch Millioneneinnahmen von der WM im eigenen Land. Offenbar ist es um die Finanzen des Verbandes nicht besonders gut bestellt. Der Spiegel hatte vor kurzem über ein stattliches Minus in den Bilanzen berichtet. Schon auf der DEB-Mitgliederversammlung vor einem Jahr war demzufolge von bis zu 400.000 Euro Miesen für 2023 die Rede. Nun gäbe es laut Spiegel Gerüchte, dass das Finanzloch noch deutlich größer ausfallen könne. 

Beim DEB gibt man sich entspannt, was die Finanzen betrifft

Vor diesem Hintergrund wäre es umso wichtiger, den WM-Zuschlag zu bekommen. Im Vorfeld der Abstimmung, die am Rande der aktuell laufenden WM in Finnland und Lettland stattfindet, hatte DEB-Generalsekretär Claus Gröbner dennoch beschwichtigt. Man brauche "diese Leuchtturmprojekte" zwar, "existenziell wichtig" sei die Gastgeberrolle der WM 2027 aber nicht. Der Verband verfüge über genügend liquide Mittel.

Aber: "Wenn wir so eine WM nicht bekommen, muss auch an der ein oder anderen Stelle gespart werden. Und das ist unter dem Strich für die Zukunft, für den Nachwuchs, für die Entwicklung des Frauensports kontraproduktiv", sagte Gröbner im finnischen Tampere. Bei einigen Landesverbänden des DEB sieht man das offenbar anders. Dort soll große Sorge um die finanzielle Lage des DEB herrschen. Wolff-Dietrich Prager, Chef des Landesverbands Schleswig-Holstein, habe laut Spiegel auf diesbezügliche Fragen als Antwort bekommen, dass man diese im Rahmen der nächsten Mitgliederversammlung behandeln werde. Diese findet 2024 statt.

Franz Reindl soll seine Kontakte für die deutsche Bewerbung nutzen

So oder so: Eine WM 2027 in Deutschland würde die klammen Kassen des DEB füllen. Praktisch, dass mit Franz Reindl ein ehemaliger DEB-Präsident im Council, dem höchsten Gremium der IIHF, sitzt. Er gilt als bestens vernetzter Strippenzieher und soll, so dürfte es sich das aktuelle DEB-Präsidium um Peter Merten erhoffen, seine Kontakte für die deutsche Bewerbung spielen lassen. Kurz vor der Abstimmung kursiert nun das Gerücht, Reindl sei Teil der Delegation gewesen, die sich im Vorfeld und im Auftrag der IIHF die Bedingungen vor Ort in Kasachstan angeschaut hat und danach Bericht erstattete.

Es wäre eine bemerkenswerte Konstellation, wenn ein deutscher IIHF-Funktionär die Bewerbung des direkten Konkurrenten unter die Lupe genommen hätte. Umgekehrt soll mit Hannes Ederer ein anderer deutscher Funktionär die deutsche Bewerbung mitbegutachtet haben. Auf Anfrage teilte die IIHF mit, dass Ederer als "Secretary of the IIHF Event & Championships Committee" und "IIHF Event Director" bei beiden Ortsbesichtigungen anwesend gewesen sei. Die Frage, ob auch Reindl in offizieller Mission in Kasachstan war, blieb: unbeantwortet.

Wirtschaftliche Interessen könnten für Kasachstan sprechen

Hinter den Kulissen soll es mächtige wirtschaftliche Interessen geben, die eine WM in Kasachstan präferieren. Durch den Angriffskrieg in der Ukraine fällt Russland, wo die aktuelle WM ursprünglich hätte stattfinden sollen, als einer der potentesten Geldgeber der IIHF aus. Kasachstan ist ein direkter Nachbar Russlands. Der autoritär regierende Staatspräsident Kassym-Schomart Tokajew hält Kontakt zu Putin und unterstützt die Bewerbung seines Landes persönlich. Kasachstan könnte zudem auch die Türe zum asiatischen Markt öffnen. All das klingt nicht gerade verheißungsvoll für die deutsche Bewerbung. Die Vergabe von Sport-Großereignissen der vergangenen Jahre zeigt, dass die Entscheidungen oft schwer verständlich, dafür aber umso lukrativer für die Verbände waren.

 
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