Irgendetwas stimmte nicht in der Landshuter Eishalle neben der Isar: Tschechien ließ der deutschen Nationalmannschaft beim 8:0-Sieg keine Chance. Doch 3007 Zuschauerinnen und Zuschauer in der Fanatec Arena feierten die deutschen Eishockeyspielerinnen mit einer Ehrenrunde. Vielleicht, um dem geknickten Team Trost zu spenden. In jedem Fall aber, um den Einsatz anzuerkennen. Das tat gut, wie wenige Minuten später Nicola Eisenschmid im Interview erzählte. "Das war Wahnsinn. So eine Kulisse wie heute habe ich noch nie erlebt. Ein dickes Dankeschön an die Fans, die applaudiert haben, auch wenn das Turnier nicht so ausgefallen ist, wie wir uns das erwünscht haben", sagte die Stürmerin nach dem Schlussspiel des Vier-Nationen-Turniers.
Seit 1987 veranstaltet der Deutsche Eishockey Bund den Deutschland Cup. In der Auflage 2023 waren erstmals die Frauen dabei. Sportlich lief es enttäuschend. Die Top-Nationen sind für die deutschen Frauen zu stark. Beim 1:0 gegen Dänemark wurde Eisenschmid noch als beste deutsche Spielerin ausgezeichnet. Nach den Niederlagen gegen Finnland (1:8) und Tschechien (0:8) belegten die Gastgeberinnen Platz drei. Die Aufmerksamkeit hat jedoch gutgetan, ist von allen zu hören. In der Frauen-Bundesliga kommen eher die Familienmitglieder und Freunde zu den Spielen. "In Memmingen haben wir noch mit den besten Zuschauerzuspruch. Bei guten Spielen kommen da 300 Besucher", sagte Eisenschmid. In Landshut sah auch Yasin Ehliz sein erstes Frauenspiel live, wie der gestandene Nationalspieler erzählte.
Der deutsche Meister Memmingen stellt Großteil des Nationalteams
Der aktuelle deutsche Frauenmeister ECDC Memmingen Indians stellte mit zehn Spielerinnen einen Großteil der Nationalmannschaft. Auch in Ingolstadt sei das Fan-Interesse noch ordentlich. In Mannheim finden die Spiele in der Trainingshalle der Männer statt. "Da stehen einige Zuschauer hinter der Bande", sagte Eisenschmid.
Frauen-Eishockey ist in Deutschland ein Amateursport. "Seit dieser Saison erhalte ich zumindest Benzingeld", berichtete Eisenschmid, die in Ravensburg wohnt und in Augsburg studiert. Drei mal pro Woche wird trainiert. Abends, weil die meisten Teamkolleginnen berufstätig sind. Eine arbeitet als Fahrzeugmechanikerin, die andere in einem Hutgeschäft. Nur für die Berufssoldatinnen ist es möglich, die wenigen Eiszeiten am Vormittag zu nutzen. Die 156-fache Nationalspielerin stammt aus einer Kaufbeurer Eishockey-Familie. Die ältere Schwester Tanja spielte bereits in den USA für die Minnesota Whitecaps, in Schweden für Djurgarden und in Ingolstadt. Bruder Markus ist ebenfalls Nationalspieler und stürmt für Red Bull München.
International funktioniert Frauen-Eishockey. Die Einschaltquoten bei Großereignissen stimmten. "Was die Frauen in kürzester Zeit bei Olympia und Weltmeisterschaften geschafft haben, hat eine hohe Qualität", sagte Petr Briza, tschechischer Ex-Nationaltorhüter und Funktionär des Weltverbandes IIHF bei seinem Landshut-Besuch. "Wir haben nur eine Sportart: Eishockey. Und nicht Frauen- und Männer-Eishockey", fügte Briza an.
Torhüterin Abstreiter wechselt nach Nordamerika
International tut sich etwas. In Nordamerika gab es im Sommer mit der Gründung der Professional Women's Hockey League (PWHL) den Durchbruch. Die Spielerinnen erhalten ein Mindestgehalt von umgerechnet 33.000 Euro pro Saison. Mindeststandards für Reisen, Hotels und die medizinische Versorgung sind vereinbart. Die Torhüterin Sandra Abstreiter vom ECDC Memmingen ist als einzige Deutsche dabei. Am Dienstag geht es für die 25-Jährige nach Ottawa. Bislang sind je drei Teams in Kanada und den USA geplant.
Am Standort Deutschland müssen die Frauen um ihre Position kämpfen. "Es gibt in der Liga Mannschaften, die trainieren drei Mal die Woche in einem anderen Stadion. Jeder DEL-Standort sollte eine Mannschaft haben", forderte der DEB-Sportdirektor Christian Künast. Bei den DEL-Gesellschaftern dürfte der Ex-Torwart damit keine Jubelstürme auslösen. Die Eiszeiten sind jetzt schon knapp. Die jüngsten Erfolge wie Olympia-Silber 2018 oder die Vize-Weltmeisterschaft 2023 bescherten dem Puck-Sport einen Zulauf. Laut einer aktuellen "Bestandsaufnahme" des Deutschen Olympischen Sportbundes spielen in Deutschland 19 Prozent mehr Menschen Eishockey als noch 2022. Doch stehen nur rund 170 Eisstadien zur Verfügung. Tendenz eher gleichbleibend. Die Energie-intensiven Anlagen, die meist von den Kommunen betrieben werden, sind teuer.
Amsterdam Tigers sind neu in der deutschen Bundesliga
Für Nicola Eisenschmid geht es in der Bundesliga weiter, in knapp zwei Wochen kommt ein neuer Gegner. Die Amsterdam Tigers sind am 25. und 26. November zum Heimspiel-Doppel im Eisstadion am Hühnerberg zu Gast. Die Nationalspielerin hofft auf eine große Kulisse, zumindest für die Verhältnisse in der Frauen-Bundesliga. Über Zuschauereinnahmen und Werbepartner kommt dann hoffentlich das Benzingeld in die Kasse. Von Gehältern wie in Nordamerika träumt die Allgäuerin nicht mal: "Ich bin eher Realist. Das Geld muss auch irgendwo erwirtschaftet werden."