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FUSSBALL: BUNDESLIGA
Ein Nürnberger Abstieg in Harmonie
Fussball - 1. Bundesliga - 1. FC Nuernberg - Borussia Moenchengladbach       -  Die Club-Fans feierten die Mannschaft trotz des Abstiegs, aber bitter war's dennoch. Auch für Lukas Mühl, dem ein – allerdings nicht mehr wichtiges – Eigentor unterlaufen war.
Foto: Heiko Becker | Die Club-Fans feierten die Mannschaft trotz des Abstiegs, aber bitter war's dennoch. Auch für Lukas Mühl, dem ein – allerdings nicht mehr wichtiges – Eigentor unterlaufen war.
Hans Strauß
Hans Strauß
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:17 Uhr

So harmonisch wie bei diesem neunten Mal ist der 1. FC Nürnberg noch nie aus der Bundesliga abgestiegen. Dass etliche Zuschauer nach dem 0:4 durch Mönchengladbachs Denis Zakaria in der 80. Spielminute genug hatten und vorzeitig das ausverkaufte Stadion verließen, war bereits der einzige Ausdruck von Missfallen. Pfiffe, Beschimpfungen, Drohungen, Handgreiflichkeiten gar? Fiel alles aus. Gründe dafür gibt es viele: Der durchschnittliche Club-Anhänger ist Leid gewohnt. Der Abstieg hatte sich lange abgezeichnet. Die Haltung der Mannschaft war weitgehend tadelsfrei.

Valentini heult wie ein Schlosshund

Zudem hatten sich die harten Club-Fans in der Nordkurve – eher ungewöhnlich für diese Szene – zu einem konstruktiven Ansatz entschieden. Sie empfingen die Mannschaft nach der 0:4 (0:0)-Niederlage mit dem Transparent „Die Legende wird wieder auferstehen“, sangen die Hymne „You?ll never walk alone“, überreichten den verblüfften Profis Schals und T-Shirts mit der Aufschrift „Mission Wiederaufstieg“. Der schon länger verletzte Enrico Valentini heulte wie ein Schlosshund, Lukas Mühl fand das Verhalten der Fans einfach „brutal“. Und Georg Margreitter, der für den verletzten Ewerton spielen durfte, erinnerte sich mit Schaudern an seinen ersten Abstieg mit den Wolverhampton Wanderers 2013 in die dritte englische Liga, wo es weniger freundlich zugegangen war.

„Das ist ein sehr bitterer Moment. Er wird aufgefangen durch die einzigartige Reaktion der Fans“, zeigte sich auch Trainer Boris Schommers beeindruckt. Unter ihm hatte sich die Mannschaft seit Anfang Februar deutlich gesteigert, aber trotzdem nur noch einen weiteren Sieg eingefahren. So blieb dem Trainer, den Sportvorstand Robert Palikuca offenbar nicht weiterbeschäftigen will, nur das nüchterne Fazit: „Wenn du am 33. Spieltag mit 19 Punkten da stehst, dann hast Du es auch nicht anders verdient.“ Schommers gab den Spielern zwei Tage frei, „jeder verarbeitet diesen Abstieg anders.“ Einblick in individuelle Techniken der Frustbewältigung erlaubte nur Lukas Mühl. „Die eine oder andere Halbe wird heute über den Tisch laufen bei mir“, sagte der Innenverteidiger.

Der letzte Pass wird stets abgefangen

Die winzige Chance, der Rückkehr in die 2. Liga noch zu entrinnen, hatte Schommers mit einer offensiven Formation zu nutzen versucht. Mit Virgil Misidjan (für den verletzten Pereira), Mikael Ishak und Sebastian Kerk nominierte er drei Spitzen, dahinter agierte Hanno Behrens als Zehner. Der Club zeigte das der Situation angemessene Plus an Entschlossenheit in den Zweikämpfen, agierte auf Augenhöhe und kombinierte teils ansehnlich über die Flügel, doch der letzte Pass ins Zentrum wurde von den Gladbachern um den sehr starken Abwehrchef Ginter stets abgefangen. „Das Spiel war sinnbildlich für die ganze Saison. Wir machen den Führungstreffer nicht, der uns vieles erleichtert hätte“, sagte Margreitter.

Mit dem überraschenden Führungstor für die lange sehr vorsichtig agierenden Gladbacher waren Niederlage und Abstieg schon besiegelt. Der eingewechselte Jonas Hofmann steckte den Ball durch, Josip Drmic war schneller als Torwart Christian Mathenia (56.). Dass Drmic vor fünf Jahren mal erfolgreich beim Cub gespielt hatte, hinderte ihn nicht daran, sich in der Borussen-Fankurve feiern zu lassen. Da der VfB Stuttgart fast zeitgleich auf 2:0 gegen Wolfsburg erhöht hatte, war klar, dass die Schwaben den Relegationsplatz gegen Nürnberg und Hannover verteidigen würden.

Mit dem Rückstand geht der Glaube

Die Club-Profis wussten nichts von den Zwischenständen in Stuttgart, die auch im Stadion nicht angezeigt wurden. Dennoch war mit dem Rückstand der letzte Rest von Glaube an das Wunder weg, der Widerstand schwand entsprechend. Gladbach schraubte das Ergebnis durch ein Eigentor von Mühl (53.) und das 0:3 von Thorgan Hazard (65.), denen jeweils Flankenläufe von Ibrahima Traore vorausgegangen waren, schnell in die Höhe. Zakaria setzte dann den Schlusspunkt.

Dieter Hecking – einer der wenigen Trainer, die in Nürnberg nicht entlassen worden sind und noch immer sehr geschätzt – trug seine Freude über den wichtigen Gladbacher Sieg mit der nötigen Pietät vor. Zwei Mal hatte er mit der Borussia die Europapokalränge knapp verpasst, zu seinem vom Management beschlossenen Abschied nun ist Platz sieben und die Qualifikation für die Europa League schon sicher. „Der Sieg gibt uns für das letzte Spiel gegen Dortmund ein gutes Gefühl“, sagte Hecking. „Jetzt ist es schon Europa, vielleicht ist es die Champions League.“

Beim Club soll schon vor dem letzten Spiel in Freiburg eine personelle Entscheidung fallen. Sportvorstand Palikuca will verkünden, wer die Mannschaft künftig trainiert. Als erster Kandidat gilt der Österreicher Damir Canadi, der angeblich an Palikucas früherer Wirkungsstätte in Düsseldorf als Nachfolger von Friedhelm Funkel vorgesehen war. Doch die Fortuna-Fans gingen auf die Barrikaden – und Funkel blieb. Auf der neuen Position des Sportdirektors soll Peter Herrmann vorgesehen sein. Der schon 67-Jährige ist derzeit Co-Trainer beim FC Bayern und war das auch schon mal beim FCN.

Ein Kommentar zum Nürnberger Abstieg

 
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