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Starnberg
Jens Lehmann erneut verurteilt: Die Chronik seiner Eklats
Jens Lehmann hat die Garage seiner Nachbarn mit einer Kettensäge zersägt – und seiner Akte damit ein neues Kapitel hinzugefügt. Das sind die kuriosesten Vorfälle rund um Deutschlands Ex-Nationaltorhüter.
Sven Hoppe, dpa, Lehmann.jpg       -  Jens Lehmann bei seinem Gerichtsprozess in Starnberg, wo er unter anderem wegen Beleidigung und Sachbeschädigung angeklagt ist.
Foto: Sven Hoppe, dpa | Jens Lehmann bei seinem Gerichtsprozess in Starnberg, wo er unter anderem wegen Beleidigung und Sachbeschädigung angeklagt ist.
Christof Paulus
 |  aktualisiert: 11.03.2024 09:45 Uhr

Wer seinem Nachbarn mit einer Kettensäge die Garage zersägt, weil sie ihm den Blick auf den See versperrt, der könnte es allein dafür zu etwas unrühmlicher Bekanntheit bringen. Ex-Nationalkeeper Jens Lehmann ist jedoch schon seit fast 30 Jahren ohnehin berühmt. Nun wurde er vom Amtsgericht Starnberg für eben diese Kettensägen-Attacke zu einer Geldstrafe von insgesamt 420.000 Euro verurteilt. Sie ist bei ihm nur eine von vielen Schlagzeilen abseits des Sports, die viele Beobachter zumindest bestens unterhalten haben dürften.

Zahlen muss Lehmann die Strafe in 210 Tagessätze à 2000 Euro. Das Gericht verurteilte ihn wegen wegen Sachbeschädigung, Beleidigung und versuchten Betrugs. Im Kern der Vorwürfe stand ein Vorfall aus dem Sommer 2022. Nach Überzeugung des Gerichts hatte der inzwischen 54-Jährige mit einer Motorsäge den Dachbalken der Nachbargarage auseinandergesägt. Den Ermittlungen zufolge hatte eine Überwachungskamera die Aktion von Lehmann gefilmt. Der soll zuvor zwar noch das Stromkabel durchtrennt haben, die Kamera soll allerdings batteriebetrieben weitergelaufen sein. Und das ist nicht die einzige Verfehlung Lehmanns.

Das ist die Akte von Jens Lehmann

In einem Parkhaus am Münchner Flughafen hat er dem Urteil zufolge etwa die Gebühr geprellt. Stoßstange an Stoßstange fuhr er demnach hinter einem anderen Auto unter der Schranke hindurch. "Das ist ja hochgradig verhaltensauffällig", sagte Staatsanwalt Stefan Kreutzer während des Prozesses. "Und das für ein paar Hundert Euro - bei Ihren finanziellen Verhältnissen." Lehmann habe sich "durchgängig als Opfer der Justiz" inszeniert, sagte Richterin Tanja Walter. Er sei "jedoch nicht Opfer, er ist Täter" und habe vor Gericht "hanebüchene Geschichten" zu seiner Verteidigung vorgebracht.

Dass Lehmann nun in Bayern lebt und angeklagt ist, entbehrt indes nicht einer gewissen Ironie. Immerhin gilt der Essener bei Fans des FC Bayern als erbitterter Rivale der Vereinsikone Oliver Kahn im Duell um den Platz im Tor der Nationalmannschaft. Im Vergleich war Lehmann einst bekannt als der Reflektiertere und Ruhigere, wenngleich nicht weniger ehrgeizig als der teils ungestüm und wild wirkende Kahn. Dann drehte sich das Bild wegen zahlreicher Eskapaden, die Lehmann seither zugeschrieben wurden. Auch um den FC Augsburg geht es dabei.

  • Besonders nach dem Ende seiner Nationalmannschaftskarriere sorgte Lehmann immer wieder für Kopfschütteln. In den Jahren zuvor war er bei seinem Verein in London degradiert worden und 2008 zum VfB Stuttgart gewechselt. Dort fiel er auch durch Leistung auf – aber genauso durch Aktionen, die mit dem Sport nur mehr oder weniger zu tun hatten. Das begann zunächst noch im Stadion: So warf er einmal den Schuh, den ein Gegenspieler verloren hatte, auf sein eigenes Tor. Oder entledigte sich seines Harndrangs in einem Champions-League-Spiel kurzerhand hinter der Werbebande. Dass ihm 37.000 Zuschauer beim Pinkeln zusehen konnten, störte Lehmann offenbar nicht. Für sein Tor bestand während des ungewöhnlichen Toilettengangs keine Gefahr, sportliche Konsequenzen blieben aus.
  • Anders war dies wenige Monate später, als Lehmann seinem Gegenspieler Aristide Bancé – damals in Mainz, später auch in Augsburg aktiv – auf den Fuß stieg und dafür vom Platz flog. Bedient von der Roten Karte – schließlich hatte Bancé ihn vorher provoziert – stürmte Lehmann vom Platz, schüttelte einen Ordner ab und forderte in den Katakomben ein Taxi. Zuvor kam es aber noch zum Aufeinandertreffen mit einem Zuschauer, das bis heute zu den kuriosesten Szenen der Bundesliga zählt. Der Mann sagte ihm: „Sei doch einmal normal.“ Lehmann wollte dem jedoch nicht nachkommen – und stibitzte dem Mann die Brille. Der verfolgte Lehmann daraufhin fragte, was das soll. Die Brille bekam er zurück, doch für Lehmann war der Abend noch nicht vorbei, er knöpfte sich mit den Worten „Dich kenn’ ich“ noch einen Kameramann vor. Es folgten drei Spiele Sperre. Am Ende der Saison 2009/2010 beendete Lehmann seine Karriere.
  • Zu seiner Zeit in Stuttgart erarbeitete sich Lehmann obendrein noch den Ruf, abgehoben zu sein – und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Schon damals wohnte er am Starnberger See und blieb dort trotz des Engagements im Hunderte Kilometer entfernten Stuttgart auch. Seine Lösung: Oft reiste er mit dem Hubschrauber zum Training. Das kostete wohl 1000 Euro pro Flug, Anwohner beschwerten sich über den Lärm. Doch Lehmann hielt das nicht vom Fliegen ab.
  • Nach der Spielerkarriere wurde es zunächst ruhiger um Lehmann. Versuche, als Trainer im Profigeschäft Fuß zu fassen, scheiterten. Bei Arsenal London war er nur für eine Saison Teil des Trainerteams, sein Engagement in Augsburg geriet sogar noch kürzer. Völlig überraschend wurde er im Januar 2019 Assistenztrainer von Manuel Baum, musste allerdings schon drei Monate später gemeinsam mit Baum den abstiegsgefährdeten Verein verlassen. Unterdessen arbeitete Lehmann immer wieder als TV-Experte – und leistete sich dabei mehrere Fauxpas.
  • Die Vorwürfe gegen Fernsehexperte Lehmann lauteten vor allem: Homophobie und Rassismus. So attestierte er etwa Ilkay Gündogan Intelligenz und gute Deutschkenntnisse. Doch warum, wenn nicht wegen dessen Migrationshintergrund, war das für Lehmann überhaupt der Rede wert? Gündogan, der inzwischen Kapitän der Nationalmannschaft ist, ist in Deutschland geboren und aufgewachsen und erfolgreich zur Schule gegangen. Auch Lehmanns Äußerungen zum Coming-out seines früheren Mitspielers Thomas Hitzlsperger irritierten. Man habe aufgrund seiner Spielweise nie gedacht, „dass da irgendetwas ist“, sagte Lehmann über Hitzlsperger. Hätte er zur aktiven Zeit von dessen Homosexualität gewusst, wäre das komisch gewesen. „Man duscht jeden Tag zusammen, man hat Phasen, in denen es nicht so läuft“, erläuterte Lehmann das.
  • Über diese Grenzüberschreitungen sah die Öffentlichkeit offenbar noch hinweg. Fast ganz zum Erliegen kam seine TV-Karriere jedoch nach einer Nachricht an Ex-Fußballer Dennis Aogo, während dieser in einer Fernsehsendung als Experte saß. „Ist Dennis eigentlich euer Quotenschwarzer?“, steht darin, versehen mit lachendem Smiley. Aogo veröffentlichte die Nachricht, die offenbar nicht für ihn gedacht war, im Anschluss an die Sendung über soziale Medien. Lehmann versuchte sich zu entschuldigen, seinen Posten im Aufsichtsrat von Hertha BSC verlor er dennoch. Und ist seitdem kaum noch als Experte im Fernsehen zu sehen.
  • Zudem ist sein Auftritt vor dem Starnberger Gericht nicht der erste Konflikt mit dem Gesetz, in den Lehmann geraten ist. Ebenfalls in Starnberg wurde er im November 2016 wegen Beihilfe zur Unfallflucht zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 850 Euro (42.500 Euro) verurteilt. Hintergrund war ein Auffahrunfall, in den Lehmann als Beifahrer verwickelt war. Ein weiteres Verfahren wegen versuchter Körperverletzung wurde damals eingestellt. (mit dpa)
 
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