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San Antonio
Dirk Nowitzkis letzter Wurf
Der Basketball-Superstar aus Würzburg kassiert in seinem letzten NBA-Spiel zwar eine Niederlage - beendet seine NBA-Karriere aber mit einem Double-Double. Und mit Tränen.
Vor seinem letzten Spiel brach Dirk Nowitzki in Tränen aus.
Foto: Ronald Cortes | Vor seinem letzten Spiel brach Dirk Nowitzki in Tränen aus.
Thomas Brandstetter
 |  aktualisiert: 07.04.2020 12:34 Uhr

Sein 21. Wurf aus dem Feld in diesem Spiel war sein letzter. Also: nicht nur in dieser Partie sein letzter. Sondern der allerletzte. Es war das 31 973. Mal, das Dirk Nowitzki in einem NBA-Spiel auf den Korb zielte. 46,8 Sekunden vor Schluss versenkte er die Kugel zum finalen Male. Dann durfte er vom Parkett und sich noch ein wenig feiern lassen von den Fans. Für die Geschichtsbücher: Es geschah am Mittwoch, den 10. April 2019, um 21.12 Uhr in San Antonio, Texas, als Dirk Nowitzki die Bühne in der stärksten Basketball-Liga der Welt für immer verließ.

Man darf annehmen, dass der Ehrgeizling, der immer jedes Spiel gewinnen wollte, auch sehr gerne den Schlussakt siegreich gestaltet hätte. Das gelang zwar nicht – die Dallas Mavericks verloren am Mittwochabend mit 94:105 beim Play-off-Teilnehmer San Antonio Spurs. Aber im Grunde ist das natürlich wurscht. Auch wenn das Spiel in die Annalen eingehen wird als sein letztes - die Niederlage wird lediglich eine Fußnote sein auf irgendeiner der unzähligen Statistikseiten über Nowitzki, die es nach 20 NBA-Jahren inzwischen gibt.

In einer dieser Listen steht nun unterm Strich: 1522 Spiele. Davon 1460 in der Startformation. 51359 Minuten gespielt. 1982 Dreier versenkt. Und dank seines Double-Double in San Antonio (20 Punkte, zehn Rebounds) auch: 10021 Rebounds unter dem eigenen Korb. Insgesamt 31560 Punkte. Was all diese zweifelsohne beeindruckenden, aber halt auch nur nackten Zahlen nicht verraten: welchen Stellenwert sich der gebürtige Würzburger damit in den USA erworfen hat. Auch beim Finale in San Antonio liefen - zumindest gefühlt und ohne nachzuzählen, dafür auf den ersten Blick erkennbar - mehr Menschen mit einem Dallas-Trikot mit der Nummer 41 durch das AT&T Center als in der Kluft der Einheimischen. Auch die Anhänger San Antonios jubelten, wenn Nowitzki das Parkett betrat und feierten ihn, wenn er traf.

Spurs-Trainer Gregg Popovich und Dirk Nowitzki.
Foto: Ronald Cortes | Spurs-Trainer Gregg Popovich und Dirk Nowitzki.

Vor dem Spiel würdigten sie den 40-Jährigen mit einem auf diesem großen Würfel unterm Dachjuchee gezeigten Video unter dem Motto "Thank you Dirk" mit Ausschnitten aus seinen Spielen, inklusive Szenen, als er die NBA-Trophäe in die Höhe reckte. Die Menschen in der Halle standen auf, tobten und jubelten - und Dirk Nowitzki brach in Tränen aus. Er musste viel hemmungsloser weinen als noch am Abend zuvor vor heimischen Publikum, als er seinen Rücktritt verkündet hatte. Nach der Partie umarmten sich Nowitzki und Spurs-Trainer Gregg Popovich innig, der bereits vor dem Spiel Nowitzki in den Himmel gelobt und davon gesprochen hatte, dass es eine Ehre gewesen sei, ihm zuschauen zu dürfen. Die beiden tuschelten bemerkenswert lange miteinander.

Dirk Nowitzki wurde in San Antonio gefeiert.
Foto: Ronald Cortes | Dirk Nowitzki wurde in San Antonio gefeiert.

Zu all dem muss man wissen, dass die Mavericks und die Spurs traditionell eine sehr innige und phasenweise auch heftig ausgelebte Rivalität verbindet. "Wenn es irgendwo passt, dann San Antonio. Sie waren immer ein bisschen unser großer Bruder und unser Vorbild. Wir haben viel erlebt mit ihnen", hatte Nowitzki vor seiner letzten Partie gesagt. In San Antonio schloss sich für Nowitzki ein Kreis: Beim Nike Hoop Summit war dort 1998 sein Stern aufgegangen, es war die Voraussetzung, dass er in die NBA gedraftet wurde.

Luka Doncic (rechts) ist der neue Hoffnungsträger der Mavericks.
Foto: Joel Auerbach | Luka Doncic (rechts) ist der neue Hoffnungsträger der Mavericks.

Der Würzburger, der bei der Verkündung seines Abschieds auch gesagt hatte, er sei inzwischen ein Texaner und habe eine neue Heimat gefunden, in der er auch jetzt nach dem Karriereende wohl bleiben wird, hinterlässt in Dallas riesige Fußstapfen - nicht nur wegen seiner Schuhgröße 54. Sein Vermächtnis ist enorm, um die Zukunft seiner Mavericks aber ist ihm nicht bange. Große Hoffnungen setzen sie in der heimlichen Hauptstadt von Texas vor allem auf Luka Doncic und Kristaps Porzingis. Ersterer, ein 20-jähriger Slowene, kam vor der Runde von Real Madrid nach Dallas und eroberte die Herzen der zuerst skeptischen Anhänger mit seinen Auftritten im Sturm. „Luka hat den kompletten Überblick auf dem Spielfeld. Ich sage es immer wieder, für einen 20-Jährigen ist es unglaublich, wie er das Spiel liest und in schwierigen Situationen Entscheidungen mit dem Ball trifft. Er ist ein großartiger Spielmacher für uns", lobte Nowitzki den Mann, den sie in Dallas als seinen Nachfolger aufbauen wollen, zuletzt in den höchsten Tönen. Der große alte Mann der NBA meinte sogar, Doncic sei jetzt schon besser als er es in diesem Alter gewesen war.

Beim Letten Porzingis, 23, der als eines der größten Talente des europäischen Basketballs gilt und schon jetzt gerne mit Nowitzki verglichen wird, ist der Fall ein wenig anders: Ende Januar landete er nach einem Tauschgeschäft der Mavericks mit den New York Knicks, für die er seit 2015 gespielt hatte, in  Dallas. Aus seiner New Yorker Zeit hängt ihm aber nicht nur ein Kreuzbandriss nach, weshalb er noch nicht für die Mavericks auflaufen konnte. Eine Frau beschuldigt ihn, sie im Februar vor einem Jahr vergewaltigt zu haben, wie die US-Boulevardzeitung "New York Post" unter Berufung auf die Polizei berichtete. Ein Anwalt des Letten hat die Vorwürfe "unmissverständlich" zurückgewiesen und von einem "Erpressungsversuch" gesprochen, den man der Polizei gemeldet habe. Ermittlungen laufen.

Es wird also spannend sein zu beobachten, wie es in Dallas ohne die Mavericks-Ikone weitergeht. Trainer Rick Carlisle schickte Nowitzki jedenfalls zum Abschied ein schönes Kompliment hinterher: „Eines der besonderen Dinge an Dirk ist, dass er ein Mann ist, der noch nie nach Aufmerksamkeit gesucht hat, nie im Rampenlicht stehen wollte. Er wollte immer nur seinen Teamkollegen, Fans und dem Mavericks-Besitzer dienen, denn er und Mark Cuban haben definitv eine besonderes Beziehung.“

 
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