Da hätte sich Alexander Bommes wohl besser informieren müssen. Wie nicht anders zu erwarten, sei die Fan-Choreographie vor dem Spiel zwischen dem 1. FC Nürnberg und Schalke 04 noch das Beste gewesen, schnöselte Bommes in seiner Anmoderation des Nachberichts in der ARD-Sportschau am Samstag herum. Die gezeigten Bilder straften ihn dann sofort Lügen – was die Qualität der Nürnberger Leistung und auch die Dramatik des Spieles anging.
„Wir sind enttäuscht, dass wir nur einen Punkt haben. Sonst gibt es keinen Grund enttäuscht zu sein. Die Mannschaft hat das beste Spiel unter meiner Leitung absolviert“ sagte Boris Schommers nach dem 1:1 (0:0) am Freitagabend. Der Nürnberger Trainer hatte recht. Dass es für den mächtig aufzündenden Tabellenvorletzten nicht zum dringend benötigten Sieg über den abgehalfterten Vizemeister der Vorsaison gereicht hatte, war bitter, enttäuschend – aber auch unentschuldbar. Als der für Tim Leibold (allergische Augenreaktion) eingewechselte Yuya Kubo eine Maßflanke des Nürnberger Dreh- und Angelpunktes Matheus Perreira per Kopf zu seinem ersten Saisontor genutzt hatte (82. Minute), hätte der Club seine nach einer Fülle vergebener Chancen überfällige Führung über die Zeit bringen müssen.
Aber nein, ein unsauber geklärter Eckstoß bescherte den harmlosen Schalkern durch Matija Nastasic, der einen Schuss abfälschte, den schmeichelhaften Ausgleich (85.). „Ein absolutes Dreckstor“, befand Club-Mittelfeldspieler Sebastian Kerk.
Das Endergebnis machte die Benachteiligung durch Schiedsrichter Robert Kampka umso schmerzlicher. Kampka hatte dem Nürnberger Führungstor durch Hanno Behrens wegen gefährlichen Spiels die Anerkennung verweigert (43.). Dabei hatte der Club-Kapitän den Ball nach einer missglückten Rückgabe von David Caligiuri einfach an Torwart Alexander Nübel vorbeigespitzelt. Von einem gestreckten Fuß war nichts zu sehen, auch eine Berührung gab es nicht. „Der Schiedsrichter hat mir gesagt, dass er zu früh gepfiffen hat. Er weiß selbst, dass er einen Fehler gemacht hat“, berichtete Schommers.
Warum es nicht zu einem Videobeweis kam, wusste der Nürnberger Trainer auch: „Weil die Situation abgepfiffen war, konnte der Videoschiedsrichter nicht mehr eingreifen. Der Schiedsrichter muss die Situation einfach laufen lassen, dann kann man hinterher nachsehen.“ Komisch nur, dass die ARD auf keiner ihrer Tonspuren einen Pfiff hörte.
Für Behrens war das Fass übergelaufen. „Da ist viel zusammengekommen diese Rückserie. Irgendwo ist es immer gegen uns. Das ist irgendwo ein bisschen Verarschung“, sagte der sonst so vorsichtig formulierende Spielführer bei „Eurosport“. Vielleicht erinnerte er sich an das trotz nicht eindeutig nachweisbarer Abseitsposition aberkannte Führungstor durch Zrelak in Mainz. Oder, dass vor acht Tagen der Stuttgarter Ausgleich auch zählte, weil bei der Überprüfung die kalibrierte Abseitslinie ausgefallen war. Anlass für die in Nürnberg traditionell beliebten Verschwörungstheorien bietet das alles nicht. Dass der Aufsteiger kein allzu großes Standing bei den Schiedsrichtern hat, lässt sich als Tendenz über die Saison jedoch erkennen.
Behrens hätte trotzdem noch für die Nürnberger Pausenführung sorgen können, scheiterte nach seinem Fehlschuss gegen Leipzig aber zum zweiten Mal nacheinander mit einem Elfmeter (45.+1). Die Diskussion, ob wegen der vorangegangenen Aufregung vielleicht ein anderer hätte antreten sollen, passte Schommers nicht: „Hanno ist Kapitän, er trifft diese Entscheidung selbst.“ Schalkes Torwart Nübel profitierte bei seiner guten Parade jedenfalls davon, dass Behrens in die Ecke zielte, die er ihm anbot.
Der junge Schalker Schlussmann ist so ziemlich der einzige, der in der Knappen-Krise beständig Leistung bringt. „Außer Nübel könnt Ihr alle geh'n“, riefen die bedienten Fans nach dem Abpfiff, Trainer Huub Stevens hatte dafür Verständnis. Seine Erklärung für den desolaten Auftritt, kurz und knapp im knarzigen Stevens-Stil: „Zweifel ist ein schlechter Ratgeber.“
Und der Club? Kämpft weiter und spielt mittlerweile auch besser. „Es ist ein Punkt, mit dem wir vielleicht auf Schlagdistanz kommen können“, sagte Schommers am Freitagabend. Seine Hoffnung erfüllte sich durch die Stuttgarter 0:1-Heimniederlage gegen Leverkusen. Nur noch drei Punkte und das geringfügig bessere Torverhältnis (plus 4) trennen den VfB vom FCN – fünf Spieltage vor Saisonende lässt sich von einem Zweikampf um den Relegationsplatz sprechen. Stuttgart muss nun am Karsamstag zum FC Augsburg, Nürnberg parallel nach Leverkusen. „Mit der Leistung der letzten Wochen brauchen wir uns vor niemand verstecken. Also ist auch was möglich in Leverkusen“, sagte Kerk.
Der Trend spricht für seine Mannschaft und gegen den VfB. Insgesamt scheint der Club aber das um einen Tick schwerere Restprogramm zu haben – wenn man denn das nächste Nürnberger Heimspiel gegen den FC Bayern als aussichtslos bewerten darf.
Duell um den Relegationsplatz: Die Restprogramme
VfB Stuttgart (16. Platz/21 Punkte):
FC Augsburg (A) Bor. M'gladbach (H)
Hetha BSC Berlin (A)
VfL Wolfsburg (H)
FC Schalke 04 (A)
1. FC Nürnberg (17. Platz/18 Punkte):
Bayer Leverkusen (A)
Bayern München (H)
VfL Wolfsburg (A)
Bor. M'gladbach (H)
SC Freiburg (A)