Für ein paar Minuten waren sie dann doch sehr präsent in Wolfsburg, die drei gekündigten Weltmeister. Mats. Thomas. Jeromé. Die drei Namen prangten vor dem Spiel auf einer riesigen Banderole zwischen den Rängen der Nordtribüne. Es sollte vom DFB eine Geste des Dankes sein für die aussortierten Hummels, Müller und Boateng, aber irgendwie wirkte die Aktion fast wie eine Kondolenz.
Der Schauplatz des Neuanfangs hatte Symbolcharakter: Nach einer Ewigkeit im Lichte des Sponsoren-Sterns aus Sindelfingen, ist nun Volkswagen der neue Partner des DFB, und beide haben ja etwas gutzumachen. Die Autobauer aus der VW-Stadt kämpfen in der Dieselaffäre um ihre Glaubwürdigkeit, die ramponierte Fußball-Nationalmannschaft und ihre Führung sind nach der verpatzten WM in Russland ebenfalls auf Wiedergutmachung aus. Zur Zeitenwende hatte Bundestrainer Joachim Löw den Start ins Länderspieljahr gegen Serbien ausgerufen, und so erlebten die Zuschauer in Wolfsburg die Stunde Null der Generation Z. Z wie Zukunft.
Durchschnittsalter von 24,1 Jahren
Doch aller Anfang ist schwer. Die Elf, die Löw aufs Feld schickte, hatte ein Durchschnittsalter von 24,1 Jahren, darunter war mit dem Leipziger Rechtsverteidiger Lukas Klostermann auch ein Debütant. In der Innenverteidigung ersetzten Jonathan Tah und Niklas Süle die Münchner Weltmeister, im offensiven Mittelfeld durfte der erst 19-jährige Kai Havertz ran. Löw hatte ja angekündigt, dass der Fokus auf dem Start der EM-Qualifikation am Sonntag in den Niederlanden liegt, und so schonte er zunächst bewährte Kräfte wie den Champions-League-Seriensieger und Weltmeister Toni Kroos von Real Madrid, den derzeit in Dortmund gewaltig auftrumpfenden Marco Reus sowie den Münchner Offensivgestalter Leon Goretzka. Sie alle fanden sich auf der Bank wieder, während die neuformierte Elf auf dem Rasen versuchte, mit Sicherheitspässen ins Spiel zu finden.
Das gelang zunächst ganz gut. Gefällig lief der Ball durch die Reihen, schon nach 48 Sekunden hatte Debütant Klostermann die erste Chance – sein Schuss wurde geblockt. Eine Minute später kam Havertz frei zum Abschluss, doch sein Schuss mit der Innenseite wurde eine sichere Beute des serbischen Keepers. Die Gäste, bei denen der derzeit bei Ajax Amsterdam so brillante Dusan Tadic wegen Muskelbeschwerden fehlte, beschränkten sich zunächst aufs Reagieren – und führten doch plötzlich. Nach einer Ecke konnten Joshua Kimmich und Klostermann nicht klären. Der Ball landete bei Luka Jovic, der per Kopf aus wenigen Metern keine Mühe mehr hatte (12.). Für den Stürmer von Eintracht Frankfurt war es sein erster Länderspieltreffer. Zweiter Bundesligaspieler im serbischen Team war sein Klubkollege Mijat Gacinovic.
Mit Pfiffen in die Kabine
Nach dem Rückstand tat sich die deutsche Elf schwer, die Abstimmung passte häufig nicht. Ilkay Gündogan versuchte Struktur ins Spiel zu bringen, Julian Brandt und Leroy Sané versuchten mit Tempospiel und Einzelaktionen die Abwehr zu überwinden. Die größte Chance zum Ausgleich hatte schließlich Timo Werner, der aus wenigen Metern freistehend Torwart Marko Dmitrovic anschoss (38.). „Den hätte er machen müssen“, sagte Tribünengast Marcel Schäfer, Sportdirektor des VfL Wolfsburg. Auf der anderen Seite war es Darko Lazovic, mutterseelenallein gelassen, der den Ball statt ins Tor nur in das Fangnetz schoss.
So blieb es zur Halbzeit beim 1:0 für Serbien, und die Zuschauer verabschiedeten die deutsche Elf mit lauten Pfiffen statt Applaus in die Kabine. Der Kredit der Nationalelf, so scheint es, ist ziemlich aufgebraucht.
Nach dem Wechsel brachte Löw für Kapitän und Teamsenior Manuel Neuer (32 Jahre) Marc-André ter Stegen im Tor, für Havertz durfte nun Reus ran. Wenig später wurde Brandt von Goretzka ersetzt. Die deutsche Elf agierte zwar überlegen, hatte mehr Ballbesitz, zwingend wurde es aber erst, als Marco Reus die serbische Abwehr zum Tanz einlud. Kunstvoll trickste er sich frei, doch sein saftiger Schuss war zu unplatziert.
Der verdiente Ausgleich durch Goretzka
In der 64. Minute war es dann so weit: Serbiens Keeper war geschlagen. Nach einer schönen Kombination hatte Ilkay Gündogan den Torwart umkurvt und den Ball auf den kurzen Weg ins Tor geschickt – doch dann war tatsächlich noch ein Abwehrspieler über den Rasen gerutscht und hatte geklärt.
Fünf Minuten später zappelte tatsächlich das Netz: Leon Goretzka erzielte aus 13 Metern den verdienten Ausgleich. Bei diesem letztlich für Serbien schmeichelhaften Remis blieb es – auch weil Stürmer Leroy Sané sein Privatduell mit Torwart Marko Dmitrovic verlor. Am Ende gab‘s dann sogar freundlichen Applaus der Wolfsburger Zuschauer. Was Ergebnis und Leistung tatsächlich wert waren, wird sich jedoch erst am Sonntag zeigen, wenn in Amsterdam der Ernstfall eintritt.