Wenn es dem 1. FC Nürnberg in dieser Zweitliga-Saison an etwas vor allem mangelt, dann an der Fähigkeit, ein Ergebnis über die Zeit zu bringen. Im Heimspiel gegen Jahn Regensburg sorgte die vierte Minute der Nachspielzeit für brutale Ernüchterung. Jan-Marc Schneider verpatzte mit seinem Ausgleichstor zum 1:1 (1:0)-Endstand dem Club die große Chance, bis auf vier Punkte an den Tabellendritten VfB Stuttgart heranzurücken und die Runde wieder spannend zu machen. Nun sind es sechs und nur Rang acht, Niemandsland also weiterhin. Der Frust nach dem Spiel war selbst bei den harten Club-Fans so groß, dass aus der Nordkurve nichts Aufmunterndes für die Profis mehr kam.
Regensburgs Torwart Meyer bereitet das 1:1 vor
Dass der in den gegnerischen Strafraum geeilte Regensburger Torwart Alexander Meyer großen Anteil am späten Ausgleich hatte, macht es für Nürnberg besonders bitter. Erst zwang er mit einem Lupfer nach einem Eckball seinen Club-Kollegen Andreas Lukse zu einer Glanzparade, den nächsten Eckstoß verlängerte der hoch in der Luft stehende Meyer per Kopf auf Schneider, der bei seinem überzeugenden Joker-Auftritt schon vorher zwei Mal den Ausgleich auf dem Fuß gehabt hatte (84., 88.). "Der Torwart kommt in unserem Strafraum zwei Mal nacheinander zum Ball", schüttelte Lukse den Kopf, was seine Vorderleute dem Jahn-Kollegen so erlaubt hatten. Für den Österreicher, der den operierten Christian Mathenia vertritt, war es nach dem 3:4 beim Debüt in Aue erneut ein Ende mit Schrecken, für das er nichts konnte.
Lange hatte es danach ausgesehen, als ob dem Club das Kopfball-Tor von Hanno Behrens vor 34 365 Zuschauern zum zweiten Heimsieg reichen könnte. Der Kapitän hatte bei der gefühlvollen Freistoßflanke von Johannes Geis davon profitiert, dass Regensburgs Max Besuschkow bei seinem Versuch, ihn festzuhalten, hingefallen war (38.). Weitere Fehler erlaubten sich die Oberpfälzer, die unangenehme Zähigkeit zum Überlebensrezept erhoben haben, nicht mehr. Von den letzten 20 Auswärtsspielen vor ihrem Gastspiel in Nürnberg hatten sie schon nur vier verloren. Zudem verpasste Sebastian Stolze mit einem Lattenkopfball die Jahn-Führung (28.)
Der Nürnberger Pausenvorsprung war dennoch verdient angesichts der besseren Spielanlage und Chancen. Doch der Club versäumte es, im zweiten Spielabschnitt das zweite Tor nachzulegen. Die Konter wurden denkbar schlecht zu Ende gespielt. Vor allem Robin Hack, der in den letzten Wochen viele starke Spiele gezeigt hatte, erwischte einen gebrauchten Tag und verdribbelte sich fast immer. So blieb ein 50-Meter-Weitschuss von Geis, der über Torwart Meyer und nur knapp neben das Regensburger Gehäuse ging, noch die beste Chance zur Vorentscheidung (74.).
Die Not-Abwehr verliert doch noch entscheidend den Überblick
"Bei Ballbesitz ist die Verunsicherung zu spüren. Wir haben zu Hause eben nur ein Spiel gewonnen", sagte Lukse. Es war fatal, dass sich der Club in den letzten Minuten zurückzog und versuchte, irgendwie über die Runden zu kommen. Die notgedrungen auf drei Positionen veränderte Abwehr - Lukas Mühl, Patrick Erras und Enrico Valentini ersetzten Asger Sörensen (Rot-Sperre), Georg Margreitter (Achillessehnenreizung) und Tim Handwerker (schöpferische Pause) - verlor nach einigen Wacklern zuvor doch noch entscheidend den Überblick gegen alles riskierende Regensburger. Wie schon in den Heimspielen gegen Heidenheim (2:2 nach 2:0) und Karlsruhe (1:1 nach 1:0) reichte ein Vorsprung nicht.
"Wir wollten unbedingt in die Top-Sechs der Tabelle, deshalb sind alle enttäuscht", sagte Trainer Damir Canadi. Unbhängig von den Schwächen, die seine Mannschaft zeigte, sah sich der 49-Jährige nach den zwei abseitsverdächtigen Gegentoren in Aue erneut entscheidend benachteiligt. Ob das aberkannte Tor von Nikola Dovedan (23.) tatsächlich knapp aus Abseitsposition gefallen war, konnte durch den Videoschiedsrichter nicht mehr überprüft werden, weil Patrick Alt die Aktion schon vorher abgepfiffen und damit vollendete Tatsachen geschaffen hatte. Canadias Wechsel in der Schlussphase waren von wenig Erfolg gekrönt. Mikael Ishak bei seinem Comeback (für Michael Frey) und Adam Gnezda Cerin bei seinem Debüt (für Geis) stellten eher eine Schwächung denn eine Verstärkung dar.
Der Druck auf den Club wird nun größer. "Es ist gut, dass wir schon am Mittwoch beim Pokalspiel in Kaiserslautern wieder antreten können. Nur über Spiele und Siege können wir weiterkommen", sagte Lukse. Optimistisch stimmt den Torwart immerhin, "dass wir dem Sieg immer näher sind als der Gegner". Canadi schaffte es trotz des erneuten Nackenschlags noch, sich mit einem Scherz von den Journalisten zu verabschieden: "Wenn sich im Fußball alles ausgleicht, wie man sagt, dann freue ich mich schon auf die nächsten Wochen."