Es gibt Momente, da ist die eigene emotionale Verfassung besser als die reale Lage. Als die Fußballer des 1. FC Nürnberg sich nach dem 1:1 (0:0) im Bundesliga-Heimspiel gegen den SV Werder Bremen in die Fankurve begaben, wurden die Rot-Schwarzen von ihrem Anhang gefeiert. Ein Punkt nach einer beherzt geführten Endphase, in der der eingewechselte Mikael Ishaak (86.) noch den Ausgleich für den Club erzielte, genügte bereits, dass die Brillen, durch die die Mitwirkenden ihre Lage betrachteten, sich in Richtung rosarot färbten.
Niederlagen-Serie endet
„Wir haben bewiesen, dass wir kämpfen können“, befand Außenverteidiger Enrico Valentini, nachdem sein Team nach zuvor sechs Bundesliga-Niederlagen in Serie erstmals wieder gepunktet hatte. „Die Mannschaft hat großen Willen gezeigt“, erklärte Trainer Michael Köllner und dachte dabei vielleicht an seinen Torhüter Christian Mathenia, der nach gut einer Stunde mit dem Bremer Martin Harnik zusammengerauscht war und sogar für Sekunden das Bewusstsein verloren hatte, die Partie aber dennoch zu Ende spielte. „Unser Trumpf war, dass wir als Mannschaft zusammengehalten haben“, bilanzierte Kapitän Hanno Behrens, der in der Schlussphase schon vor dem Kollegen Ishaak zwei gute Gelegenheiten besessen hatte, den Ausgleich zu erzielen.
Fürwahr – der Club hatte eine engagierte Partie gezeigt und anders als in manch anderem Spiel in dieser Runde konzentriert und kompakt verteidigt. Der Bremer Führungstreffers durch Johannes Eggestein (64,) war eine der wenigen Situationen gewesen, in der Nürnberger Hintermannschaft nicht auf der Höhe war.
Anschließend zeigte der Club vor gut 35 000 Zuschauern eine Schlussoffensive, in der sich die Gastgeber schon vor Ishaaks Ausgleich mehrere gute Chancen erspielten. Als der durch den zuletzt aufs Abstellgleis geratenen Schweden dann doch gefallen und das Spiel abgepfiffen war, hatte der Club dank der Niederlage der Konkurrenz aus Hannover am Tag vorher den letzten Tabellenplatz verlassen. Soweit die guten Nachrichten für alle die, die es mit dem Club halten.
Florian Kohfeldts Vorwurf
Zu den weniger guten zählt, dass das 1:1 gegen einen Kontrahenten gelang, der zwar von Köllner in höchsten Tönen gelobt wurde, für den aber in der Verfassung vom Samstagnachmittag die Bezeichnung „mittelprächtiger Bundesligist“ ein großes Kompliment gewesen wäre. Bremens Trainer Florian Kohfeldt kleidete den blutleeren Auftritt seines Teams in recht sachliche Worte: „Der Vorwurf, den wir uns machen müssen, ist der, dass wir nicht an unsere Leistungsgrenze gekommen sind.“ Die nächsten Club-Heimgegner heißen freilich Dortmund und Leipzig, die die Nürnberger Hintermannschaft weitaus mehr fordern dürften als die gerade in der letzten halben Stunde äußerst passiven Bremer.
Zudem offenbarte der Auftritt des Club, dass die spielerischen Möglichkeiten der Nürnberger für Bundesliga-Verhältnisse doch recht überschaubar sind. Die einzige Nachbesserung im Kader während der nun beendeten Wintertransferperiode war die Verpflichtung des Stürmers Ivo Ilicevic, der zuletzt vertragslos und zuvor in Kasachstan aktiv gewesen war.
Noch nicht fit
Im Pauseninterview räumte Club-Sportvorstand Andreas Bornemann ein, dass der 32-jährige Kroate derzeit noch nicht fit genug für einen Bundesliga-Einsatz sei. Bornemann steht derzeit wegen der spärlichen Nachverpflichtungen in der Winterpause in der Kritik, wandte aber ein, dass „der Unterschiedsspieler“, der sofort alles zum Besseren wenden könne, für die neunmaligen deutschen Meister nicht finanzierbar sei. Dass der FCN zuletzt nicht einmal Spieler ausgeliehen habe, begründete Bornemann damit, dass man in der Vergangenheit mit derlei Aktionen im Winter „schlechte Erfahrungen“ gemacht habe.
So fährt der Kader, dessen Charakter und Zusammenhalt Trainer Köllner, unablässig lobte, zum DFB-Pokal-Achtelfinale am Dienstag beim Zweitliga-Spitzenreiter Hamburger SV (18.30 Uhr). Weit wichtiger aber dürfte der Bundesliga-Auftritt am Samstag beim neuen Bundesliga-Schlusslicht Hannover 96 werden. Ein Nürnberger Erfolg in Niedersachsens Landeshauptstadt könnte dazu beitragen, dass die Stimmung beim Club trotz der schwierigen Lage weiter gut bleibt.