Auch der Gang zum Gericht wird noch zur Show: Lächelnd steigt Cristiano Ronaldo aus der abgedunkelten Großraumlimousine. Er trägt einen schwarzen Designeranzug und weiße Sportschuhe. Entspannt spaziert er, Händchen haltend mit seiner Lebensgefährtin Georgina Rodríguez, am Spalier der Fotografen und Kameraleute vorbei. „Cristiano, wie geht’s?“, fragt ihn einer der Wartenden. „Perfekt“, sagt der 33-jährige portugiesische Stürmerstar.
Ganz nach Drehbuch verlief auch die Verhandlung vor dem Madrider Landgericht. Ein Drehbuch, das in den letzten Monaten von Ronaldos Anwälten mit dem spanischen Finanzamt und der Staatsanwaltschaft ausgehandelt worden war. Ronaldo gab entsprechend dieser Vereinbarung nun vor den Richtern zu, in den Jahren 2011 bis 2014, in denen er für Real Madrid spielte, insgesamt 5,7 Millionen Euro an Steuern hinterzogen zu haben.
Ein Pakt vor Gericht?
Im Gegenzug ließ das Gericht Milde walten: Es verurteilte Ronaldo zu 23 Monaten Gefängnis und zu einer Strafzahlung von knapp 18,8 Millionen Euro. Auch dieses Urteil war Teil des Paktes, mit dem Ronaldo in dieser Steueraffäre mit einem blauen Auge davonkommt. Entsprechend zeigte sich Portugals berühmtester Fußballer, der 2016 mit seiner Nationalelf Europameister wurde, sehr zufrieden als er schon eine Stunde nach seiner Ankunft das Gerichtsgebäude wieder verlassen konnte.
Strahlend gibt er zum Abschied, schon auf dem Weg zur Limousine, noch ein paar Autogramme. Wie es vor Gericht gelaufen sei? „Alles erledigt“, sagt er sichtlich gut gelaunt.
Ronaldo muss nicht in Haft
Die Ronaldo aufgebrummte hohe Strafzahlung kann er mit seinem Spielerjahresgehalt von mehr als 30 Millionen Euro, das er von seinem aktuellen Arbeitgeber Juventus Turin kassiert, ohne Probleme verschmerzen. Zumal seine Nebeneinnahmen aus Bildrechten, Werbung und anderen Geschäften seinen Spielerlohn noch weit übersteigen. Beruhigend ist wohl ebenfalls, dass Ronaldo die Gefängnisstrafe nicht antreten muss, da er noch keine Vorstrafen hat und den Steuerschaden inzwischen wieder gutmachte.
Auch in seiner Zeit bei Real Madrid, wo er von 2009 bis 2018 spielte, klingelte schon die Kasse – Ronaldo, Sohn einer Köchin und eines Gärtners, galt schon damals als einer der bestbezahlten Fußballer der Welt. Nur mit der Steuer nahm es der Dribbelkünstler damals nicht so genau. Seit 2015 saß ihm deswegen die spanische Steuerfahndung im Nacken. Die Ermittler stießen bei ihren Nachforschungen auf ein Netz von Scheinfirmen im Ausland, über die Ronaldo vor allem seine Einnahmen aus Bildrechten am Fiskus vorbeigeschleust hatte.
Ronaldos Mutter: Verdacht der Geldwäsche
Im selben Jahr, in dem die Ermittlungen anliefen, wurde Ronaldos Mutter Dolores Aveiro auf dem Madrider Flughafen erwischt, als sie versuchte, mit 55 000 Euro Bargeld im Handgepäck in die portugiesische Heimat zu fliegen – erlaubt waren nur 10 000 Euro. Das Geld wurde beschlagnahmt wegen des Verdachts der Geldwäsche.
Dass ihn das Finanzamt jagte, bekam Ronaldo auch mitten im schönen Sommerurlaub in 2017 zu spüren. Damals, an einem heißen Julitag, schipperte er entspannt mit seiner Freundin Georgina auf einer Luxusjacht um die Balearischen Inseln. Plötzlich preschte auf der Höhe der Partyinsel Ibiza ein Patrouillenschiff der Finanzpolizei heran, bewaffnete Beamte sprangen an Bord und durchsuchten Ronaldos Boot.
Als schließlich in Madrid die Anzeige wegen millionenschweren Steuerbetrugs im Briefkasten landete, versuchte sich Ronaldo noch herauszureden: „Ich bin unschuldig“, beteuerte er. „Ich habe niemals etwas verborgen, noch habe ich die Absicht gehabt, keine Steuern zu zahlen.“ Später, als ihm seine Anwälte klar machten, dass dieses Strafverfahren seine Fußballkarriere beenden könnte, änderte Ronaldo seine Verteidigungstaktik und zeigte sich reuig. Die Einsichtigkeit zahlte sich umgehend mit einer Aussicht auf mildernde Umstände aus.
Viele Steuerfouls von Fußballern
Ronaldos Steuertrick hatten schon andere in Spanien spielende Fußballmillionäre benutzt: Barças Superstar Leo Messi war bereits im 2016 wegen ähnlicher illegaler Ausweichmanöver zu 21 Monaten Gefängnis und einer Millionenstrafe verurteilt worden. Andere Spitzenfußballer wie Luka Modric, Marcelo, Radamel Falcao, Angel Di María, Javier Mascherano oder Xabi Alonso hatten ebenfalls zu spüren bekommen, dass Spaniens Finanzamt auch bei Prominenten kein Pardon mehr kennt.
Der Mittelfeldspieler Xabi Alonso, der erst bei Real Madrid und dann bis 2017 für Bayern München spielte, musste übrigens am gestrigen Mittwoch ebenfalls in Madrid vor Gericht antreten. Der Prozess wurde zwar schon nach wenigen Minuten vertagt. Aber für ihn sieht es trotzdem derzeit etwas düsterer aus als für seinen früheren Real-Kollegen Ronaldo.
Denn für Alonso, der sich für mutmaßliche Steuerfouls von 2010-2012 verantworten muss, fordert der Staatsanwalt gleich fünf Jahre Gefängnis. Wohl auch deswegen, weil Alonso bisher eisern auf seiner Unschuld besteht. Ein Spielzug, der Alonso teuer zu stehen kommen könnte – soweit er nicht doch noch im letzten Moment einen strafmildernden Pakt mit dem Fiskus abschließen sollte.