Das letzte Testspiel des 1. FC Nürnberg hat Robert Klauß vielleicht mehr Denksport-Aufgaben beschert, als er das erwartet hätte. Dabei geht es einmal um die 1:2 (0:0)-Niederlage bei Union Berlin, die der neue Trainer als "extrem ärgerlich" empfand. Und zum anderen um die enttäuschten Erwartungen, die Klauß an seine Startformation gestellt hatte. Er hatte angekündigt, die Spieler dafür zu nominieren, die nach der Vorbereitung "aktuell den besten Eindruck" gemacht hatten. Nach einer viel zu passiven ersten Hälfte sorgten aber erst die Spielerwechsel in und nach der Pause dafür, dass der Club gegen den Bundesligisten phasenweise "sehr dominant" (Klauß) wurde.
Dovedan ist der große Aktivposten der zweiten Hälfte
Vor allem Nikola Dovedan betrieb bei seinem 45-Minuten-Einsatz beste Werbung in eigener Sache. In der vergangenen Saison gehörte der Österreicher aus seiner Sicht auch deshalb zu den großen Enttäuschungen, weil er auf dem Flügel eingesetzt wurde. Im zentralen Mittelfeld, wo er sich zu Hause fühlt, kurbelte Dovedan nun quicklebendig das Nürnberger Spiel an und erzielte mit einem abgefälschten Schuss auch den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich (51.). Weitere große Chancen ließ der Zweitligist aus, sodass den Berlinern ein ungerechtfertigter Elfmeter, den der Däne Marcus Ingvartsen zu seinem zweiten Treffer verwandelte (51., 65.), zum Sieg reichte.
Von den Nürnberger Feldspielern absolvierten nur die FC-Bayern-Leihgabe Sapreet Singh, der viel unterwegs war, aber noch keine dominante Rolle spielte, und Fabian Nürnberger die komplette Spielzeit. Johannes Geis durfte beginnen und wirkte in der Doppel-Sechs mit dem Leipziger Tom Krauß laufstärker als vergangene Saison. Der bisherige Kapitän Hanno Behrens, der in der Vorbereitung etliche Einheiten verletzt verpasst hatte, kam für ihn im zweiten Abschnitt. Die Binde trug Enrico Valentini, der neue Spielführer wird bis zum DFB-Pokal-Heimspiel gegen RB Leipzig am kommenden Samstag (15.30 Uhr) festgelegt.
Im Angriffsduo harmonierte Pascal Köpke besser mit Manuel Schäffler, der in der zweiten Halbzeit Felix Lohkemper ersetzte. Tim Handwerker war von der U21 vorzeitig abgereist und als Linksverteidiger überraschend dabei, der vom 1. FC Köln umworbene Robin Hack stößt erst nach dem zweiten U21-Länderspiel am Mittwoch zum Kader.
Im Nürnberger Personalpuzzle gibt es nach der Generalprobe immerhin auf einer Position Klarheit: Christian Mathenia bleibt Torwart Nr. 1 und hat das Duell mit dem vom FC Bayern gekommenen Christian Früchtl vorerst gewonnen. Mit guten Paraden in der ersten Halbzeit rechtfertigte Mathenia gleich das ihm ausgesprochene Vertrauen. Der Druck durch Früchtls Ausleihe habe den 28-Jährigen dazu gebracht, "dass er einen Schritt nach vorne macht", sagte Klauß.
Endlich wieder ein Spiel vor Zuschauern
Begeistert zeigten sich alle Nürnberger davon, dass sie endlich wieder ein Spiel vor Zuschauern und mit guter Stimmung bestreiten konnten. 5000 Besucher waren zum 100-jährigen Bestehen des Stadions an der Alten Försterei zugelassen, allerdings keine Gäste-Fans. Gegen Leipzig und beim Liga-Auftakt am 18. September in Regensburg warten dann wegen der strengen Corona-Bestimmungen in Bayern wieder Geisterspiele auf die Cluberer.