Europa-League-Triumph, DFB-Pokalfinale, der erstmalige Einzug in die Champions League– trotz dieser Leistungsnachweise verließ Trainer Oliver Glasner im Juni Eintracht Frankfurt. Die Chemie zwischen dem Österreicher und Sportvorstand Markus Krösche stimmte nicht mehr. Jetzt versuchen es die Hessen mit dem ehemaligen Nagelsmann-Assistenten Dino Toppmöller. Die Ziele bleiben ambitioniert. "Wir wollen international spielen", bekundet Krösche.
Trainer, Sportvorstand, Sportdirektor – alle mit Red-Bull-Vergangenheit. Wird Eintracht Frankfurt jetzt zur Leipzig-Filiale?
Fragen Sie das besser keinen Eintracht-Ultra! Es könnte ungemütlich werden. Dass Toppmöller, Krösche und der neue Sportdirektor Timmo Hardung eine Vergangenheit beim an Traditionsstandorten verachteten Retortenklub aus Sachsen haben, wird im Lager der Eintracht mit abschätzigem Opportunismus kommentiert. Entscheidend ist, dass das Trio gute Arbeit abliefert. Und da ist Leipzig, abseits aller Abneigung der Fußballromantiker, als Lehrstube sicher nicht die schlechteste Adresse.
Eintracht Frankfurt ist Dino Toppmöllers erste Station als Cheftrainer in der Bundesliga. Ein Wagnis?
"Bye bye Bayern!" – erinnert sich noch jemand? Es war Dino Toppmöllers Vater Klaus Toppmöller, der als Trainer der Eintracht mit diesem Spruch nach 20:2 Punkten zum Saisonstart 1993/1994 den Branchenführer aus München provozierte. Meister wurden am Ende die Bayern. Ein wenig schließt sich also der Kreis, wenn Filius Dino versuchen will, mit den aufstrebenden Frankfurtern noch näher an die vorderen Plätze zu rücken. Als Chefcoach hat Toppmöller, 42, in einer 1. Liga bisher nur in Luxemburg bei F91 Düdelingen gearbeitet, danach begleitete er Julian Nagelsmann als Assistent nach Leipzig und zu den Bayern. Manager Krösche zeigt sich von Toppmöller dennoch überzeugt. "Warum sollte es ein Risiko sein? Weil er noch nie Cheftrainer in der Bundesliga war? Darum geht es doch nicht. Es geht um Qualitäten und Fähigkeiten. Und die hat Dino", sagte er.
Aus der Champions in die Conference League: War es das mit dem Europapokal-Hype bei der Eintracht?
Von wegen! Die Fans betrachten den kleinsten Europapokal-Wettbewerb nicht als sportlichen Abstieg, sondern einfach als Möglichkeit, originelle neue Ziele zu bereisen. Und wenn unter der Woche in der Arena am Stadtwald das Flutlicht eingeschaltet wird, ist sowieso immer ausverkauft. Neben Exoten wie SS Cosmos (San Marino), FC Bruno’s Magpies (Gibraltar) oder FK Tobyl Qostanai (Kasachstan) könnte die Eintracht – sofern sie sich in den Play-offs für die Gruppenphase qualifiziert – aber auch auf einige namhafte Gegner treffen. Dazu zählen Juventus Turin oder Aston Villa.
Wie hat es die Eintracht eigentlich geschafft, einen der wertvollsten Mittelfeldspieler der Bundesliga von sich zu überzeugen?
Die Entscheidung von Ellyes Skhiri, sich den Hessen anzuschließen, spricht Bände über den gestiegenen Stellenwert des Vereins. Beim 1. FC Köln hatte der Sechser aus Tunesien mit starken Leistungen am Fließband Interesse in fast allen europäischen Topligen geweckt. Jetzt dürfen sich die Frankfurter auf das attraktive Gesamtpaket namens Skhiri freuen, der Laufstärke mit Torgefahr paart.
Warum wird es am Saisonende emotional werden?
Wenn der "Seppl" im Sommer 2024 seine Karriere beendet, dürften Tränen fließen. Kapitän Sebastian Rode, 32, fungierte in den vergangenen Jahren als Identifikationsfigur und Leitwolf. Der gebürtige Südhesse krönte seine Karriere mit dem Europa-League-Triumph in der magischen Nacht von Sevilla 2022. Rode personifizierte die neue Eintracht, trotz Stationen bei Bayern München und Borussia Dortmund. Die Knochen beim "Mentalitätsmonster" (Matthias Sammer) sind nach etlichen schwereren Verletzungen müde geworden. Er wird bitter fehlen.