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Oberhof
Darum sind die Norweger so stark in der Biathlon-WM
Die Norweger um ihren Star Johannes Thingnes Bö drückten der Biathlon-WM in Oberhof den Stempel auf. Der deutsche Männer-Trainer Uros Velepec kann die Dominanz erklären.
Biathlon - Weltmeisterschaft       -  Der König von Oberhof: Johannes Thingnes Bö aus Norwegen zeigt ein Ortsschild mit der Aufschrift Boeberhof·. Das Schild hatte Bö zuvor von den Organisatoren der WM in Oberhof überreicht bekommen.
Foto: Hendrik Schmidt, dpa | Der König von Oberhof: Johannes Thingnes Bö aus Norwegen zeigt ein Ortsschild mit der Aufschrift Boeberhof·. Das Schild hatte Bö zuvor von den Organisatoren der WM in Oberhof überreicht bekommen.
Milan Sako
 |  aktualisiert: 11.03.2024 13:11 Uhr

Volle Tribünen, volle Kneipen und gute Stimmung. Die deutschen Sportler genossen ihr Heimspiel in Oberhof. Die Biathlon-WM entwickelte sich auch zu Norweger-Festspielen. Johannes Thingnes Bö siegte bei sieben Starts fünfmal. Am Schluss-Wochenende kamen Silber in der Staffel und Bronze im Massenstart dazu. Siebenmal Edelmetall bedeuteten einen Rekord bei den Männern, niemand nahm zuvor jemals so viel Zählbares bei einer WM mit. Nach der letzten Pressekonferenz a Sonntag überreichten die Organisatoren dem 29-Jährigen als Anerkennung ein Ortsschild mit dem Aufdruck "Boeberhof - Landkreis Schmalkalden-Meiningen".

Nicht erst seit Oberhof rätselt die Konkurrenz über das Erfolgsrezept der Skandinavier. Uros Velepec kann es erklären. Er ist das, was man einen alten Hasen im Biathlon nennt. Velepec arbeitete zunächst als Coach für sein Heimatland Slowenien. Bis zu den Olympischen Spielen in Peking trainierte er das ukrainische Nationalteam. Danach brach der Krieg aus, der Verband stand vor einer ungewissen Zukunft. Velepec, der als jugoslawischer Biathlet einst gegen den deutschen Bundestrainer Mark Kirchner lief, wechselte zum Deutschen Skiverband. 

Deutschland hat zu wenig Nachwuchs

Velepec kennt die Norweger und hat einige Antworten. "Zuerst einmal haben sie ein viel größeres Reservoir an Athleten. Um die nationale Meisterschaft in Norwegen kämpfen einhundert Athleten. Da bleiben viel mehr Spitzenleute hängen. Bei uns sind es im Männerbereich rund 25 Biathleten", sagt der 55-Jährige, der seit vergangenem Sommer als Co-Trainer von Männerchef Mark Kirchner arbeitet. "Die Norweger laufen nicht, weil sie müssen, oder des Geldes wegen. Sie rennen aus Spaß. Ich vergleiche sie immer mit Huskys: Sie haben Freude daran immer weiter voran zu laufen. Bei aller Anstrengung sind sie locker."

Im Augenblick verfügen die Norweger über die beste Mannschaft der Welt. Hinzu kommen der beste Ski-Service und eine große Unterstützung vom Verband. Im Vergleich dazu stünde dem DSV weniger Geld zur Verfügung. Der Verband muss seine Mittel effizient einsetzen. 

Norweger haben einfach mehr Schnee

Weitere Faktoren spielen eine Rolle, sind jedoch nicht zu beeinflussen. Während in Deutschland der Biathlon-Nachwuchs oft lange Wege auf sich nehmen muss, um auf Schnee zu trainieren, hat es ein norwegisches Kind einfacher. "Im Winter können sie meist vor dem Haus die Ski anschnallen und einfach loslaufen." Aus einem großen Pool von Talenten bleiben mehr Athleten in der Spitze hängen. "In Deutschland haben wir sieben bis acht Athleten in der Spitze, mit denen wir arbeiten, arbeiten und arbeiten. Auch der Druck von unten ist in Deutschland nicht so groß wie in Norwegen", sagt der langjährige Biathlon-Coach. 

Ein Supertalent wie Johannes Thingnes Bö, der selbst den norwegischen Teamkollegen meist die Hacken zeigt, gebe es nur alle paar Jahre. "Er besitzt im Augenblick alles, um die überragende Figur im Biathlon zu stellen: Er hat die beste Verfassung, die beste Lauftechnik, die besten Ski. Außerdem kann er auch mal eine Scheibe verpassen und holt das in der Loipe wieder heraus“" schätzt der Slowene den Titelhamster ein und fügt an: "So viele Erfolge lassen das Selbstvertrauen wachsen, was ihn wiederum locker an die Sache herangehen lässt. Das ist wie eine Erfolgsmaschine." 

Abschied einer goldenen Generation

Von seinen Konkurrenten kämpfe der eine mit Problemen am Schießstand. Der nächste habe läuferische Mängel. "Bö hat derzeit keine Schwachstelle, deshalb zieht er locker an allen vorbei." Die deutsche Mannschaft hat den Anschluss an die Norweger verloren. "Wir sind im Umbruch. Mit den Abschieden von Arnd Peiffer, Simon Schempp und Eric Lesser hat uns eine goldene Generation verlassen", sagt der Slowene. Die DSV-Mannschaft arbeitet nach einem Stufenplan und habe in dieser Saison einen Schritt nach vorn gemacht. Erstes Ziel sei es gewesen näher an die Franzosen heranzukommen. "Ich denke, dass uns das gut gelungen ist. Wir sind mit ihnen nahezu auf Augenhöhe."

Velepec fordert seine Athleten auf, nicht zu bequem zu werden. "Vielleicht sollten wir ein oder zwei Trainingscamps mehr absolvieren." Im nächsten Sommer ist eine Einheit in Norwegen geplant. Die deutschen Frauen haben mit der Verpflichtung von Trainer Sverre Olsbu Röiseland, dem Mann der norwegischen Spitzenathletin Marte Olsbu Röiseland, das Fachwissen der überragenden Biathlon-Nation eingebaut. 

Der nächste Schritt ist eine größere Herausforderung. "In den nächsten zwei bis drei Jahren werden wir versuchen, die Lücke zu den Norwegern zu verkleinern. Das wird nicht leicht", sagt Uros Velepec.

 
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