Die kräftige, manchmal auch raue Stimme, die seine unterfränkische Herkunft nicht verleugnen kann, wurde in diesem Moment noch eine Spur eindringlicher: „Wir müssen noch mal richtich leidensfähich sein.“ Bernd Hollerbach betonte das „leiden“ im „leidensfähig“ – und das waren sie ja auch am Dienstagabend beim Rückspiel, das sie verdient mit 2:1 gewannen. Den Satz sprach Trainer Hollerbach kurz nach dem 2:0-Hinspielsieg seines FC Würzburger Kickers über den MSV Duisburg in der Relegation zur Zweiten Fußball-Bundesliga aus, der den Grundstein legte für das, ja, man muss es so nennen: Würzburger Fußball-Wunder. Für den Durchmarsch von der Regionalliga ins Unterhaus.
Ohne den 46-jährigen Rimparer, der inzwischen über den Dächern von Würzburg wohnt, wäre der schweinsgaloppartige Erfolg der Kickers nicht vorstellbar. Auch wenn Hollerbach immer wieder betont, dass diese rasante Entwicklung des Klubs, der vor vier Jahren noch vor einer Handvoll Zuschauern in der Landesliga kickte, ohne Aufsichtsratsvorsitzenden Thorsten Fischer, Boss des Hauptsponsors, nicht möglich gewesen wäre – Hollerbach ist der Vater des Kickers-Erfolgs.
Er sorgte dafür, dass der Verein die Zeitpläne seiner Mission schon wieder korrigieren muss: Aus „3 mal 3“ vor einem Jahr (in den nächsten drei Jahren in die Dritte Liga) wurde im jüngsten Winter schon „3 mal 2“ (in drei Jahren in Liga zwei). Auch schon wieder überholt, jetzt. Aber wie sagte Hollerbach im Interview mit dieser Zeitung so treffend: „Die Schlagzahl, die ich vorgebe, ist für den einen oder anderen auch nicht immer angenehm. Aber wir haben viele Leute im Verein, die auch Erfolg haben wollen, deshalb funktioniert das bei uns.“ Kritikern gehen gerade die Argumente aus, wollten sie ihm da widersprechen.
Nur ein Etappenziel?
Die Geschichte vom Sohn, der in die große weite Fußballwelt auszieht, seine Erfahrungen macht und dann zurückkehrt in die Heimat, um seinen Zweitlieblingsverein empor zu hieven, hat ja nun tatsächlich etwas Märchenhaftes. Hat man Bernd Hollerbach die letzten Wochen ein wenig beobachten können, fiel vor allem eines auf: seine Ruhe. Der Mann, der während der 90 Minuten üblicherweise keine Sekunde sitzt und an der Seitenlinie auch toben kann in einer Art, dass Rumpelstilzchen als Waisenknabe durchgeht, wirkte vor An- und nach Schlusspfiff beinahe tiefenentspannt.
Er hat mit Sinn fürs Geschäft und intelligenter Einkaufspolitik das enorm ehrgeizige Projekt der Kickers nun verfrüht zum erfolgreichen Ende gebracht. Oder ist es nur ein weiteres Etappenziel?
Geht es nach Hollerbach, könnte es ruhig so weitgergehen. Sicherlich erwartet er – weil er das Geschäft seit 25 Jahren kennt, wie er gerne betont – nicht mehr dasselbe Tempo der jüngsten zwei Jahre. Sein Ziel aber ist im Grunde die eineinhalbfache Volte: Aus der Provinz nach ganz oben, zurück in die Provinz, und mit der Provinz wieder hoch. Hollerbach hat immer betont, zurückkehren zu wollen in die Bundesliga. Auch, wenn er zuletzt als Nachfolger von Markus Weinzierl beim FC Augsburg gehandelt wurde: Es wäre für ihn keine Herzensangelegenheit in Schwaben.
„Ich trage die Raute im Herzen“, sagte Hollerbach einmal dieser Zeitung. Er meinte den Hamburger SV, dessen Leibchen er von 1996 bis 2004 trug und mit dem er seine größten Erfolge als Profi genießen durfte. Hollerbach spielte in der Champions League, was er heute noch gerne erzählt, und dabei vergisst er auch nur selten zu erwähnen, welche Kämpfe – in seiner Wortwahl werden das auch mal Schlachten – er überstand.
Unter anderem ein denkwürdiges 4:4 gegen Juventus Turin, als bei den Italienern noch Zinedine Zidane die Kugel streichelte.
Dabei war es gar nicht so klar, dass Bernd Hollerbach überhaupt mal Fußballprofi werden würde. Seine Kicker-Karriere hat er angeblich einer Kneipenbekanntschaft zu verdanken, auch wenn der gelernte Metzger zuvor schon die Möglichkeit hatte, mit seinem Hobby seine Brötchen zu verdienen. So erzählt er es jedenfalls: Hollerbach kickte damals, Anfang der Neunziger, für den Bayernligisten Kickers Würzburg und verkehrte gerne in einem Bamberger Keller, der einem Förderer des Amateurfußballs gehörte. Der Gastronom kannte den Manager des Bundesligisten St. Pauli. Nach dem eingefädelten Probetraining soll Trainer Helmut Schulte gesagt haben: „Du bleibst sofort hier.“ Also wechselte Hollerbach in der Winterpause der Saison 1990/91 von Würzburg nach Hamburg.
Zuvor war fast schon ausgemachte Sache, dass er mal den elterlichen Metzgerbetrieb übernimmt, Hollerbach ging deshalb in die Lehre: „Manchmal bin ich von der Arbeit zum Training nach Würzburg gefahren und danach wieder zur Arbeit.“
Diese Zeit hat ihn vermutlich geerdet, und noch heute wiederholt er gerne den Satz: „Ich habe nie vergessen, wo ich herkomme.“ Zuletzt, als er immer häufiger den erstaunlichen Erfolg der Kickers erklären sollte, hat Hollerbach die Worte mantragleich wiederholt, nur in den Plural gesetzt: „Wir wissen, wo wir herkommen.“
Man durfte sich die Augen reiben
Hat man erleben können, wie filigran er in der Jugend die Kugel auch zu umschmeicheln vermochte, durfte man sich die Augen reiben vor Erstaunen, wie Hollerbach in der Premiumliga dann seiner Arbeit nachging. Er erkämpfte sich den Ruf als kartenfressendes Raubein – der Boulevard taufte ihn „Holleraxt“ –, und heute mag er einen Spruch, den er damals vom Stapel ließ, nicht mehr wirklich hören: „An mir kommt entweder der Ball oder der Gegner vorbei. Aber nie beide.“ Kennt man Bernd Hollerbach ein wenig länger und hat man mit ihm auch mal abseits eines offiziellen Termins geplaudert, kann man erahnen, dass er das zwar ernst meinte, halt sein Herz nur ein wenig zu locker auf der Zunge trug. Den Ruf wurde er während seiner Karriere, die er nach über 350 Spielen für St. Pauli, Kaiserslautern und dem HSV 2004 wegen einer Sprunggelenkverletzung beenden musste, nie mehr los.
Zu seiner Hamburger Zeit war Hollerbach zeitweise auch ein Liebling des Boulevards. Fotos, wie er auf seiner Harley-Davidson – mit der er heute noch bei geeignetem Wetter zum Training fährt – über die Reeperbahn tuckerte, erfreuten die Käufer der Yellow Press und Anhänger der eher weniger nachrichtlich interessierten Sendungen im Fernsehen. Seine – nicht allzu lange – Beziehung zu Schauspielerin Liz Baffoe (die zwölf Jahre in der „Lindenstraße“ mitspielte und auch einmal in einem „Tatort“), die Schwester des einstigen Fußballprofis Anthony Baffoe, bescherten ihm auch Notizen auf den Klatsch- und Tratschseiten seriöser Zeitungen.
Noch heute hat der zweifache Vater ein gutes Verhältnis zu den Medien, die gerne ein wenig zuspitzen und sich auch vor in den Sport transportierter Kriegssprache nicht scheuen und wie nach dem 2:0-Hinspielsieg gegen Duisburg schwadronierten: „Würzburg feiert Blut-Sieg nach Brutalo-Foul“.
Natürlich wird Hollerbach immer wieder angesprochen auf seinen Mentor Felix Magath, der ihn 1996 aus Kaiserslautern zum HSV holte und mit dem er heute noch engen Kontakt pflegt. Aber das ist ihm ein Greul, und Vergleiche mit dem gebürtigen Aschaffenburger mag er noch viel weniger. Mit Freunden schafkopfen die beiden regelmäßig. „Ich habe viel von ihm gelernt: Disziplin, Ordnung und Dinge über körperliche Fitness“, hat Hollerbach mal erzählt.
An der Seite von Magath, mit dem er später auch noch bei Schalke 04 arbeitete, wurde er als Co-Trainer 2009 mit dem VfL Wolfsburg deutscher Meister. Auch wenn er es vermutlich öffentlich nie so sagen würde: Der aktuelle Erfolg mit den Würzburger Kickers ist der Umstände wegen bestimmt höher zu bewerten. Es ist die Krönung der noch jungen Trainer-Karriere von Bernd Hollerbach.
Zu Berta: da Zahl ich gerne mit, weil ich weiß, wohin die Kohle fließt. In München würden sich die doofen 60er die Hände schlecken, wenn sie jemanden wie Bernd an Land ziehen könnten !
jetzt dürfen wir Steuerzahler den********mit dem neuen Stadion bzw. Umbau wieder finanzieren!
Hoffentlich steigen die bald wieder ab dass in Würzburg und in Heidingsfeld wieder Ruhe ist.
Mitleid schenke ich Ihnen, Neid muss man sich halt doch verdienen.
Grabesruhe bekommen wir alle noch früh genug!