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Nüdlingen
Was Meghdad Salehan von Rocky gelernt hat
Warum der Iraner in Nüdlingen geschätzt und perfekt integriert ist.
Meghdad Salehan stammt aus dem Iran und hat in Nüdlingen eine zweite Heimat gefunden. Foto: privat       -  Meghdad Salehan stammt aus dem Iran und hat in Nüdlingen eine zweite Heimat gefunden. Foto: privat
| Meghdad Salehan stammt aus dem Iran und hat in Nüdlingen eine zweite Heimat gefunden. Foto: privat
Jürgen Schmitt
 |  aktualisiert: 17.08.2022 08:55 Uhr

Ein Musterbeispiel für gelungene Integration ist Meghdad Salehan, der beim TSV Nüdlingen als Interimstrainer Fußball-Geschichte geschrieben hat mit einem nicht mehr für möglich gehaltenen Klassenerhalt. Im Interview verrät der 33-Jährige die Gründe für einen anstehenden Vereinswechsel und bei welchem Hobby der in Nüdlingen wohnende Elektroniker für Automatisierungstechnik bei ZF Friedrichshafen in Schweinfurt noch Lehrgeld zahlt.

Wer hat sie angespielt?

Meghdad Salehan: Das war Justus Müller, der in der Saison 18/19 zu uns nach Nüdlingen in die Erste Mannschaft kam. Ich habe ihn vom ersten Tag an unterstützt, damit er schneller im Team ankommt. Ich hoffe, es ist mir einigermaßen gelungen.

Wie sieht Ihr Laufweg aus?

In Deutschland begann meine Laufbahn in der U15 des TSV Münnerstadt . Danach habe ich für einige tolle Vereine wie den TSV Arnshausen, FC 06 Bad Kissingen und schließlich den TSV Nüdlingen gespielt.

Sie sind im Iran geboren. Wann und warum kamen Sie nach Deutschland?

Meine Familie ist 2001 nach Deutschland ausgewandert. Da war ich noch 14 und musste mich auf eine neue Umgebung, neue Sprache und neue Sitten und Gebräuche umstellen. Das war gerade am Anfang nicht einfach, aber wenn ich jetzt zurück blicke, würde ich sagen, dass mir die Integration ganz gut gelungen ist. Ich spiele mittlerweile sogar Schafkopf. Seitdem bezeichnet mich mein Bruder als waschechten Deutschen (lacht).

Haben Sie noch regelmäßigen Kontakt in den Iran?

Seit wir ausgewandert sind, war ich nicht wieder im Iran. Kontakt halte ich über WhatsApp oder Social Media. Ich hoffe natürlich, dass wir in naher Zukunft dort hin fliegen können, damit meine Frau und meine zwei Jungs auch ihre zweite Heimat kennenlernen dürfen.

Sie haben als Interimstrainer den TSV Nüdlingen zum nicht mehr erwarteten Klassenerhalt geführt. Das muss für den Jungen aus dem Iran eine fantastische Erfahrung gewesen sein.

Das war nicht nur für den Jungen aus dem Iran ein klasse Ereignis, sondern für alle Beteiligten. Das war so eine Geschichte, die nur der Fußball schreibt. Ich war natürlich überglücklich und habe mich vor allem für den Verein und die Jungs gefreut . Als ich damals die Mannschaft übernehmen durfte, hatten nicht mehr viele an uns und den Klassenerhalt geglaubt.

Wie stolz war Ihre Familie ?

Megastolz. Da wurden viele Telefonate und Nachrichten verschickt. Ohne den Rückhalt der Familie wäre das alles auch nicht möglich gewesen. Vor allem meine Frau und mein Bruder haben mich ex­trem unterstützt. Dafür bin ich sehr dankbar und froh, dass ich solch tolle Menschen um mich herum habe.

Vor dem damals wichtigen Spiel gegen Münnerstadt haben Sie Ihre Mannschaft mit einem Zitat aus einem Rocky-Film eingestimmt. Wie kamen Sie auf diese Idee?

Ich bin ein absoluter Fan der Rocky-Filmreihe, die ich mehrmals gesehen habe. Damals kam mir die Mannschaft wie ein angezählter Boxer vor, die nur noch auf den Knockout wartet, Ich wollte die Jungs einfach motivieren. Egal wie hart der Schlag auch sein würde, niemand sollte sich aufgeben. Das ist im Fußball so wie im Leben. Von daher fand ich die Worte, die Rocky im Film gewählt hatte, ganz passend.

Wie haben Sie es eigentlich geschafft, sich so schnell und so gut zu integrieren?

Da spielt das Umfeld eine ganz große Rolle. Ich habe das Glück gehabt, über die Jahre tolle Freunde kennen zu lernen, die mir die Integration einfacher gemacht haben. Die mich immer wieder verbessert haben, wenn ich zum Beispiel etwas falsch gesagt oder ausgesprochen habe. Das hilft enorm. Man lernt aber nie aus, jetzt verbessert mich mein Sohn, wenn ich etwas falsch ausspreche (lacht).

Wann und von wem haben Sie das Schafkopfspielen gelernt?

Gelernt ist Ansichtssache. Dieses Kartenspiel ist nicht so einfach, aber wir haben hier in Nüdlingen genügend Spezialisten.Einige behaupten sogar, dass sie in der Champions League des Schafkopfs spielen würden. Davon bin ich noch weit entfernt und unglücklicherweise bezahle ich des öfteren Lehrgeld.

Sie gelten auf und neben dem Platz als Persönlichkeit. Würden Sie denn noch einmal ein Traineramt zu übernehmen?

Ich war ein Spieler, der immer mit Herz bei der Sache war. Ich habe immer geschaut, was um einen herum alles passiert und versucht, darauf Einfluss zunehmen. Über die Jahre wusste ich, dass ich nach meiner aktiven Karriere Trainer sein möchte. Deshalb werde ich in diesem Jahr meine Trainer-B-Lizenz an der Sportschule in Oberhaching erwerben, sobald es die Corona-Lage erlaubt. Zur neuen Saison übernehme ich die SG Niederlauer/Strahlungen II, womit ein neues Kapitel in meinem Fußballer-Leben beginnt. Auf diese Aufgabe freue ich mich jetzt schon.

Welchen iranischen Kicker würden Sie gerne in der Bundesliga sehen?

Auf die Zeiten, wo einige iranische Spieler in der Bundesliga gekickt haben, blicke ich gerne zurück. Mit Mehdi Mahdavikia, Vahid Hashemian, Ali Daei oder Ali Karimi waren ein paar bekannte Namen hier unterwegs. Momentan sieht es in der Bundesliga mit iranischen Kickern mau aus, aber es gibt einige gute Spieler, die ich verfolge. So wie Mehdi Taremi vom FC Porto, der unlängst ein wunderschönes Tor gegen den FC Chelsea erzielt hat. Da ist man als Landsmann dann doch ein wenig stolz.

An wen spielen Sie weiter?

Ich spiele an Christian Kiesel weiter. Ich hatte das Glück, ihn bei meiner Rückkehr nach Arnshausen kennen zu lernen. Anfänglich war er nicht so begeistert, dass ich zurück komme, er hatte wohl Angst um seinen Stammplatz (lacht). Wir verstehen uns super. Er hat sich toll weiterentwickelt und übernimmt viel Verantwortung beim TSV Arnshausen. Solche Typen sind für jeden Verein enorm wichtig. Selbstverständlich erwarte ich ein Kaltgetränk bei unserem nächsten Wiedersehen.

­ Steilpass-Regeln: Das Spielfeld haben wir deutlich breiter gesteckt. Der Spieler muss lediglich aus dem Landkreis Bad Kissingen kommen oder dort aktiv sein. Und zwar nicht zwangsläufig als Fußballer . Jeder Sportler und jede Sportlerin darf angespielt werden. Abwechslung ist angesagt!

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