
Immer mehr Vereine können und wollen keine "Alten Herren" (AH) mehr stellen. Was waren das noch für Zeiten, als die Senioren und Altvorderen namhafter Vereine gegeneinander spielten und es so richtig zur Sache ging. Die Duelle der Altstars waren teilweise wahre Zuschauer-Magnete. Erinnert sei dabei an die Stadtmeisterschaft Bad Kissingen oder die Dreikönigsturniere in Hammelburg und Eltingshausen. Doch auf dem Rasenspielfeldern der Region ist schon lange nichts mehr mit dem illustren Kick. Mannschaften melden sich ab und keine oder nur wenige kommen nach. Der dramatische Rückgang von Spielern und Mannschaften scheint nun auch auf den Alt-Herren-Spielbetrieb überzugreifen. Im Jahr 2018 im Bezirk Unterfranken noch mit 36 Teams im Rennen, sind es 2022 nur noch 21 Mannschaften in drei Ligen. Bei einem weiteren Schwund müsste wohl eine Kreisliga aufgelöst werden. Konsequenz daraus: noch weitere Fahrtstrecken zu Spielen.
Gerade noch zwei Teams aus der Rhön
Völlig gegen diesen Trend agiert der TSV Münnerstadt . Zusammen mit der SG FC WMP Lauertal sind es gerade einmal noch zwei Teams aus dem Fußballkreis Rhön, die an der Meisterrunde teilnehmen. Münnerstadts Michael Knysak sprüht dennoch vor Begeisterung. Der TSV hat nämlich unter seinem Einsatz während der Corona-Spielpause eine AH-Mannschaft ins Leben gerufen, die erstmals in der Vereinshistorie des TSV Münnerstadt am Spielbetrieb teilnimmt. Vor 1980 gab es allerdings schon eine AH-Abteilung, die in Münnerstadt am Spielbetrieb teilnahm. Das war allerdings noch unter dem Dach des SV Blauweiß Münnerstadt. 1980 fusionierten der SV und TV zum TSV Münnerstadt .
Mittlerweile haben die "Nägelsieder" zahlreiche namhafte Kicker überzeugt. Timo Sitzmann (VfL Sportfreunde Bad Neustadt, Jürgen Hein (FC Strahlungen), Johannes Schloßbauer (SV Garitz), Dominik Warmuth (SV Machtilshausen), Hans-Christian Schmitt, Rene Balling oder Andre Scheuring (alle TSV Münnerstadt ) stehen im Kader. Weitere ehemalige Mit- oder gar Gegenspieler wurden bereits angesprochen und stoßen unter Umständen noch zum Team. "Wir wollen keine Thekenmannschaft sein, sondern uns schon dem Wettbewerb stellen", so Knysak zu den Beweggründen.
Dabei mussten sich die TSVler erst in die Thematik einarbeiten. Die AH-Teams müssen nämlich jede Saison aufs neue gemeldet werden. Auch Trikots mussten erst angeschafft und ein Trainingstag festgezurrt werden. 16 Spieler können am einem Verbandsspiel teilnehmen. "Die schöpfen wir in der Regel voll aus", muss Knysak nicht über Personalmangel klagen. An diesem Samstag spielt der TSV übrigens bei der TSG Estenfeld (18.30 Uhr). Direkt aus dem Urlaub zurück ist Michael Knysak natürlich mit dabei. "Estenfeld ist ein ambitioniertes Team. Mal sehen, inwieweit wir mithalten können", hofft er auf ein ausgeglichenes Match.
Die Wiederbelebung der Alten Herren im Spielbetrieb wird auch dem TSV als Verein zu Gute kommen. Ein Zuwachs an Mitgliedern und weitere helfende Hände unter anderem beim Stadtfest sind natürlich willkommen. Der TSV Münnerstadt agiert damit also total gegen den Trend . Bei den Alten Herren finden im allgemeinen zumeist nur Privatspiele oder Turniere statt, von denen ein Großteil wegen Personalmangel dann doch ausfällt. Ein Blick auf andere Vereine bestätigt den Eindruck.
Beim FC Fuchsstadt gibt es keinen Seniorenfußball mehr im Spielbetrieb. Der aktuelle Herren-Trainer des FC Fuchsstadt, Martin Halbig , kann seinem Hobby also nur noch bedingt nachgehen. Er selbst war immer leidenschaftlicher AH-Kicker. "Finde ich wirklich schade, es hat nämlich immer viel Spaß gemacht", sagt Halbig. Jürgen Sykora hat die AH-Abteilung in seinen Händen, muss aber nun feststellen, dass der Nachwuchs fehlt. Auch beim SV Langendorf gibt es laut dem ehemaligen Abteilungsleiter Martin Fleissne, keinen offiziellen AH-Spielbetrieb mehr. Die Langendörfer waren ebenfalls viele Jahre aktiv in die Spielrunde mit eingebunden und feierten 2016 gar die Kreisliga-Meisterschaft, obwohl es gar keine Herrenmannschaft im Verein gibt. "Es war immer nervig, wenn von zehn ausgemachten Freundschaftsspielen die Hälfte ausgefallen ist", nennt er die Beweggründe für die Teilnahme am offiziellen Spielbetrieb damals. Das lief viele Jahre sehr erfolgreich, aber seit der coronabedingten Spielpause gehen auch hier die Spieler aus, und so ist vorerst nicht an eine Rückkehr in den regulären Spielbetrieb zu denken.
Kuhn hofft wieder auf mehr Vereine
Immer wieder finden die Spiele in Turnierform bei den verschiedensten Vereinsfest in der Region statt. So an diesem Sonntag in Pfaffenhausen. Teilnehmen werden der SV Pfaffenhausen, FC Elfershausen, SV Langendorf und FC Hammelburg. Ob die Aussicht auf Freibier solche Spielformen begünstigen und damit den Spielbetrieb eher gefährden, vermutete schon BFV-Bezirks-Seniorenspielleiter, Klaus Gerstner, in seinem Bericht beim Bezirkstag. Er ist mittlerweile nicht mehr in diesem Bereich tätig und hat sein Amt an Ludwig Kuhn übergeben. Der hofft in Zukunft wieder auf mehr Vereine . Bei weniger als sieben Mannschaften wird der Spielbetrieb eingestellt. "Dann können wir auch keinen Teilnehmer für die Bayerischen Meisterschaften melden", weiß Kuhn.