
Cuong Le ist ein ausgeglichener Mensch. Als Diplom-Informatiker beruflich bedingt ohnehin. Er analysiert klar und pragmatisch. Nur beim Fußball wird er manchmal impulsiv und emotional. Seine Frau Larissa hat übrigens einen großen Anteil daran, dass er heute Trainer ist und die Bezirksliga-Frauen von der SG Albertshausen/Nüdlingen coacht.
Der heute 41-Jährige ist schon 1988 nach Deutschland gekommen. Damals flüchtete er mit seinem Vater und der älteren Schwester aus Vietnam und kam nach Michelstadt in Hessen. Dort fanden die Flüchtlinge eine neue Heimat und nach Jahren wurde die Familie zusammengeführt. Erst spät mit dreizehn Jahren begann er beim VfL Michelstadt zu kicken. Meistens als rechter Verteidiger, war das Talent aber überschaubar. "Es gab durchaus bessere Spieler als mich", gesteht er heute. Dennoch hatte er Spaß am Gemeinschaftserlebnis Fußball. Einige Jahre später hängte er die Schuhe an den Nagel, weil die Leistungen in der Schule schlechter wurden. "Ich hatte nur Fußball im Kopf", sagt der zweifache Vater. Die Leidenschaft für den deutschen Volkssport ist erhalten geblieben. Nur eben jetzt in einer anderen Position.
Fußball lässt ihn einfach nicht los
Erst seit wenigen Monaten wohnt er mit seiner Frau und den beiden Kindern in Bad Kissingen . Zuvor in Stuttgart heimisch, wollte die junge Familie raus aus der Großstadt. Da Larissa Le ihre Wurzeln in der Kurstadt hat, war klar, wohin es geht. Er selbst ist in Saigon geboren und genießt die gegensätzlichen ländlichen Strukturen und die Ruhe sehr. Und das Thema Fußball lässt ihn einfach nicht los. Vor einigen Jahren hat er sogar seinen Trainerschein und die Schiedsrichterprüfung gemacht. Pfeifen will er nicht mehr, aber Coach einer Mannschaft wollte er schon immer mal sein. Und auch seine Frau hat Anteil an seiner Entscheidung. Als leidenschaftlicher Fan von Borussia Dortmund fiebert er während den Spielen enorm mit. Da kann es auch mal laut werden und die Emotionen kochen hoch. Kommentiert wird jede Szene natürlich auch und als es seiner Frau mal etwas zu impulsiv wurde, hat sie ihm eines Tages den Tipp gegeben, es doch selbst besser zu machen. Gesagt, getan hörte sich Cuong Le kurz nach seinem Umzug in Bad Kissingen um, ob es im Jugendbereich Bedarf gibt. Über einen Kollegen seiner Frau hatte er zunächst Kontakt zum SV Garitz, dort waren alle Positionen aber bereits besetzt.
Doch dann war bei der SG Albertshausen/Nüdlingen ein Posten frei und Cuong ergriff die Chance. Eine schwierige Aufgabe gleich zu Beginn, wie sich jetzt herausstellt. Die SG ist wie viele Frauen-Mannschaften in der Region im Umbruch und Nachwuchs-Spielerinnen fehlen. "Das wird sich aber auch nicht von heute auf morgen ändern", ist der 41-Jährige Realist genug. Ohnehin ist er sich schon jetzt klar, dass es mit der SG vorerst nur in kleinen Schritten nach vorne gehen kann, auch wenn es derzeit eher nach einem Rückschritt aussieht. In der Bezirksliga belegt die SG aktuell den letzten Tabellenplatz und bekam beim 0:11 gegen Limbach vergangene Woche eine richtige Packung eingeschenkt. "Das Spiel war aber leichter zu verarbeiten, als die 2:3-Niederlage eine Woche vorher gegen Ebenhausen", sagt er.
Schwachpunkte klar angesprochen
Mit den Leistungen seines Teams ist er trotzdem einverstanden, auch wenn die Tabelle aktuell etwas anderes aussagt. Die Schwachpunkte innerhalb der Mannschaft sind klar angesprochen worden und nun gilt es Stück für Stück daran zu arbeiten. Mit seiner ruhigen und sachlichen Ansprache findet er jedenfalls Gehör. Immer mit dabei ist auch seine Taktiktafel, die er sich neu angeschafft hat. Als Informatiker ist Cuong Le ein Freund von klaren Strukturen. "Gemeinsam verteidigen und gemeinsam angreifen", ist sein Motto für Albertshausen/Nüdlingen. Die Basis dazu ist für ihn eine entsprechende Fitness, Passspiel und Zweikampfverhalten. "Da haben wir insgesamt noch Defizite, aber wir arbeiten daran", gesteht er.
Der Spaß steht für ihn aber ganz oben auf der Agenda. "Wir wollen natürlich auch Erfolge feiern, auch wenn sie vielleicht erst einmal kleiner ausfallen werden", so Cuong weiter. Das 0:11 gegen Limbach hat er stoisch hingenommen. Die Spielerinnen werden aufgebaut und stark gemacht. Vor dem Fernseher geht es da schon emotionaler zu. Bis zur Winterpause sind es noch zwei Spiele. Ein Erfolgserlebnis wäre wichtig, aber ob es gegen den FC 05 Schweinfurt II (16. Oktober) oder die TSG Bastheim (23. Oktober) schon für Punkte reicht, muss man abwarten. "Wir wollen uns in kleinen Schritten verbessern und schauen, wofür es am Ende reicht", spricht er schon wie ein erfahrener Übungsleiter. Und wer weiß, vielleicht hat auch seine Frau noch den ein oder anderen Tipp für ihn übrig.