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Mitgenfeld
Lara Mahlmeister im Steilpass-Interview: Mit 130 km/h in den Eiskanal
Einst träumte Lara Mahlmeister von Olympia. Und versuchte, im Bobsport dorthin zu kommen. Warum sie zufrieden ist, auch wenn aus dem Traum nichts wurde.
Lara Mahlmeister aus Mitgenfeld war erst bei der Leichtathletik, dann beim Bobfahren und nun wieder bei der Leichtathletik. Foto: Elena Roels       -  Lara Mahlmeister aus Mitgenfeld war erst bei der Leichtathletik, dann beim Bobfahren und nun wieder bei der Leichtathletik. Foto: Elena Roels
| Lara Mahlmeister aus Mitgenfeld war erst bei der Leichtathletik, dann beim Bobfahren und nun wieder bei der Leichtathletik. Foto: Elena Roels
Steffen Standke
 |  aktualisiert: 17.08.2022 06:25 Uhr

Der Steilpass erreicht Lara Mahlmeister aus Mitgenfeld auf der Heimfahrt von Frankfurt, wo sie kurz zuvor mit dem Urlaubsflieger gelandet ist. Die 21-Jährige hat in ihrem kurzen Leben schon viele Kilometer gemacht - im Auto, auf der Laufbahn, aber auch im Eiskanal. Im Interview erzählt die Sportsoldatin, wie es dazu kam, wie ein Unfall ihr Leben veränderte und wofür sie heute unglaublich dankbar ist.

Frau Mahlmeister, wer hat Sie angespielt?

Lara Mahlmeister: Der Pass kam von Florian Baumgartner. Ist ein guter Freund meiner Mutter.

Wie sieht Ihr Laufweg aus?

Begonnen habe ich 2005 als Leichtathletin beim TV Bad Brückenau . 2012 bin ich dann nach Münnerstadt zum dortigen TSV gewechselt. Zwei Jahre später bin ich zum Bobfahren gewechselt und habe das Sportgymnasium Oberhof besucht. 2016 bin ich mit dem Bob schwer gestürzt und habe 2018 meine Karriere in dieser Sportart beendet. Momentan starte für die LG Fulda, wieder in der Leichtathletik. Und betreibe meine allerliebste Disziplin, den Siebenkampf . Seit 1. Juli 2019 bin ich Sanitätsoffizier der Bundeswehr und studiere Medizin.

Von der Leichtathletik zum Bobfahren. Wie kommt man dazu?

Als Kind träumte ich davon, an den Olympischen Spielen teilzunehmen und mir wurde recht schnell klar, dass es in der Leichtathletik recht schwierig war, dieses Ziel zu erreichen. Im Bobsport sah meine Perspektive, was meinen Traum anbelangte, deutlich besser aus.

Wie sind Sie dann von Münnerstadt nach Oberhof gekommen?

Ich war mit meiner Leichtathletik-Trainingsgruppe des TSV Münnerstadt auf Trainingslager in Oberhof und wurde vom Bobtrainer Frank Jacob zufällig gesichtet. Und so landete ich mit 14 als Anschieberin in einer völlig neuen Sportart, mit der ich vorher nichts zu tun hatte.

Ist das nicht etwas völlig anderes: Leichtathletik und Bobfahren?

Natürlich handelt es sich bei dem einen um eine Sommer- und beim anderen um eine Wintersportart. Zumal man in der Leichtathletik nicht gerade mit 130 Kilometer pro Stunde durch den Eiskanal brettert. Betrachtet man allerdings die rein physikalische Stärke, die man als Bobsportlerin benötigt, ist Leichtathletik eine super Voraussetzung. Bobsportler trainieren letztendlich wie Sprinter, nur mit mehr Gewichten. Denn im Gegensatz zum Sprinter schieben wir im Zweierbob 175 Kilogramm und im Viererbob 210 Kilogramm vor uns her. Außerdem sind unsere Sprints deutlich kürzer. Denn wir müssen den Bob je nach Bahn maximal 45 Meter anschieben.

Wie war der Alltag in Oberhof ? Sind Sie häufig nach Hause gekommen?

Der Alltag in Oberhof war eigentlich ziemlich simpel: Aufstehen, Essen, Schule, Essen, Training, Essen, Hausaufgaben, Schlafen. Zwar konnte ich während des Sommertrainings jedes Wochenende nach Hause; aber meine Ferien verbrachte ich genauso in Oberhof und trainierte durchgehend. Im Winter sah das schon mal anders aus. Man reiste von Bobbahn zu Bobbahn und war dann schon mal einen ganzen Monat lang nicht in der Schule.

Sie sagen, Sie seien 2014 die jüngste Bobsportlerin gewesen, die jemals mit diesem Sport begonnen hat.

Soweit ich weiß, ja. Damals fing man erst mit 17 oder 18 an. Man muss ja die Kräfte, die beim Bobfahren walten, aushalten können. Ich habe in meiner Gruppe mit Leuten trainiert, die viel älter waren als ich, zwischen Anfang und Mitte 20. Und ich hatte fast nur Jungs in der Trainingsgruppe.

Sie sprachen von einem schweren Unfall vor fünf Jahren. Was ist da passiert?

Im Oktober 2016 stürze ich mit meiner damaligen Pilotin in Oberhof in Kurve 11. Dabei flog ich aus dem Bob raus. Um meine Verletzungen knapp zu halten: elf Knochenbrüche, ein Zentimeter vor dem Rollstuhl. Leber, Lunge und Niere waren so kaputt, dass ich die Intensivstation von innen betrachten musste.

Was waren die Langzeitfolgen?

Gesundheitlich bin ich Gott sei Dank wieder völlig fit, hab' auch kein 'Material' mehr im Körper. Aber der deutsche Verbandsarzt gab mir damals nicht das medizinische Go, um den Sport weiterhin betreiben zu können. Somit war das Thema Leistungssport an der Sportschule in Oberhof erstmal ad acta gelegt. Aber Träume gibt man nicht so schnell auf und somit entschied ich mich, für Belgien zu starten, und zog innerhalb einer Woche in ein anderes Land, um dort weitermachen zu können. Bis ich 2018 meine Karriere im Bob beendet habe, weil mein neuer Verbandstrainer die Verantwortung nicht für mich tragen wollte. Mein Sturz kam mir auch da in die Quere.

Wie kam es, dass Sie so einfach für Belgien starten konnten?

Meine Mutter ist Belgierin. Der Kontakt nach Belgien kam aber zustande, weil mein Oberhofer Trainer Kontakte dorthin hatte. Meiner Mutter bin ich übrigens sehr dankbar. Sie hat mich immer den Sport machen lassen, den ich wollte - als ich nach Oberhof gefahren bin. Und auch, als ich innerhalb einer Woche nach Belgien gezogen bin, um mit dem Bobsport weiterzumachen. Obwohl ich kurz zuvor wegen dem schweren Bobunfall im Krankenhaus gelegen hatte.

Jetzt sind Sie für die LG Fulda zur Leichtathletik zurückgekehrt. Empfinden Sie es als Genugtuung, wieder Leistungssport betreiben zu können?

Ich würde es Dankbarkeit nennen. Dankbarkeit, wieder Sport machen zu können. Es gibt mir einen Kick, dass ich auf hessischen Meisterschaften starten kann. Aber wenn es der 3. oder 4. Platz wird, ist das nicht mehr so schlimm.

Was hat sich geändert?

Wenn man mit 16 Jahren kurz vor dem Ableben ist, macht das viel im Kopf. Man lebt mehr für den Moment. Der innere Leistungsdruck ist nicht mehr so da. Ich empfinde einfach Spaß am Wettkampf und in der Gruppe zu trainieren.

An wen spielen Sie weiter?

Ich spiele weiter an Simon Dietrich. Wir kennen uns von der Bad Brückenauer Realschule , über Freunde, Bekannte und von der Laufserie Rhön-Super-Cup.

Steilpass-Regeln: Das Spielfeld haben wir deutlich breiter gesteckt. Der Spieler muss lediglich aus dem Landkreis Bad Kissingen kommen oder dort aktiv sein. Und zwar nicht zwangsläufig als Fußballer. Jeder Sportler und jede Sportlerin darf angespielt werden. Abwechslung ist angesagt!

 
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