
So hatte Konstantin Papadopoulos sich das nicht vorgestellt. Perplex sah er auf dem Fernseher, wie sein Lieblingsverein Seltenes durchlebte: Wie geprügelte Hunde schlichen die stolzen Kicker vom Spielfeld des Pariser Prinzenparks, geschlagen, verdroschen, gedemütigt; seinen Ausflug drei Wochen später hatte der Garitzer sich auch anders vorgestellt. Nur diesmal wich die Verwunderung purer Ekstase, als der 30-Jährige Augenzeuge eines historischen Fußballspiels wurde.
Papadopoulos, Kreisliga-Kicker beim SV Garitz, ist Fan des FC Barcelona. Und war live dabei, als die Katalanen das Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals gegen Paris Saint German mit 6:1 gewonnen und mit der größten Aufholjagd in der Geschichte dieses Wettbewerbs noch den Sprung ins Viertelfinale gepackt haben. „Ich habe erst am Tag danach, als ich Videos im Internet und das Spiel nochmal im Fernsehen gesehen habe, begriffen, was da eigentlich abgelaufen ist“, sagt der Deutsch-Grieche; Mit seinem Cousin Sakis hatte er drei Tage in der zweitgrößten Stadt Spaniens verbracht. Als Andenken an strahlenden Sonnenschein bei 22 Grad hat er eine dicke Erkältung mitgebracht, „aber die nehme ich gerne in Kauf“, sagt Papadopoulos lachend.
Zum zweiten Mal hatte er seinen Lieblingsverein – „Barça hat mich schon als Kind irgendwie gepackt, als da noch Romário und Stoitschkow gespielt haben“ – in dessen fast 100 000 Zuschauer fassender Fußball-Kathedrale erlebt. „Das erste Mal war gegen Valencia, da hat Barcelona nach fast zwei Jahren wieder ein Heimspiel verloren. Insofern war es eine schöne Wiedergutmachung.“ Die Umschreibung freilich trifft das Erlebte nicht einmal im Ansatz. „Die Einheimischen, ob im Stadion oder auf den Straßen, waren völlig überzeugt, dass Barça das noch schafft“, erzählt Papadopoulos, „das hat einen richtig angesteckt. Ich glaube, dass selten bei einem Fußballspiel eine bessere Stimmung war, als an diesem Tag. Alle wollten das Wunder und so kam es dann.“
Nach dem zwischenzeitlichen 1:3-Anschlusstor für PSG war das Camp Nou weitgehend verstummt. Doch „mit Neymars 4:1 war es, als ob alle von einer Biene gestochen waren. Das letzte Tor haben wir gar nicht richtig gesehen, weil wir auf der gegenüberliegenden Seite saßen. Aber der Ball war drin und plötzlich heulst du Rotz und Wasser vor Adrenalin. Da werde ich immer Gänsehaut haben, wenn ich davon erzähle“ – und das wird er häufig tun: „Das ist natürlich etwas, was du deinen Kindern und Enkelkindern erzählst. Das ist Fußball-Geschichte.“
Die Tickets hatte Papadopoulos schon vor dem Hinspiel besorgt gehabt. Deshalb war das 0:4 in Paris für ihn, „als ob du den Klitschko triffst und der dir eine verpasst. Viele Freunde haben vor unserem Abflug gefragt, ob ich Taschentücher eingepackt habe“, sagt er und lacht. Gebraucht hätte er sie schließlich ja. Nur wofür, das hatte sich nicht nur Konstantin Papadopoulos nicht vorstellen können.