Für Jürgen Hanshans war es nach mehr als eineinhalb Jahren krankheitsbedingter Sportpause ein sensationelles Comeback. Der Kissinger, der seit vielen Jahren für den RC Allgäu startet, wurde mit einer Gesamtzeit von 4:37:02 souverän Deutscher Meister im Powerman Long Distance in seiner Altersklasse M 55. Den Wettkampf zu beenden, das war das ausgegebene Ziel für Jürgen Hanshans: „Ich wusste weder, was mich dort erwartet, noch, ob der Fitnesszustand nach wenigen Monaten Training ausreichen würde für diesen Wettkampf und die langen Distanzen.“ Die Langdistanz besteht aus zehn Kilometer Laufen, 80 Kilometer Radfahren und zum Schluss noch einmal 20 Kilometer Laufen.
Geduldig das Tempo gesteigert
„Dass gleich im ersten Anlauf beim Start auf der Langdistanz der nationale Meistertitel herausspringt, ist natürlich eine Sensation, eine wahnsinnige Freude und ein riesen Erfolg“, sagte der Bad Kissinger Ausdauersportler, der in Ulm geboren und aufgewachsen ist. Jürgen Hanshans hatte sich nicht speziell auf diese Meisterschaft vorbereitet. „Zunächst war ich im November froh, nach überstandener und auskurierter Borreliose überhaupt wieder langsam mit Sport beginnen zu können.
“ Hanshans musste sich erst wieder daran gewöhnen, drei Kilometer mit 7:30 min/km zu laufen und eine Stunde mit 20 km/h Rad zu fahren. „Aber ich war so glücklich, überhaupt wieder Sport machen zu können. Weit weg von der ursprünglichen Form habe ich aber geduldig und behutsam Tempo und Umfang gesteigert, bis ich im März ganz langsam wieder an vergangene Leistungen anknüpfen konnte.“ Als acht Wochen vor dem Wettkampf in Ulm nach starken Rückenschmerzen ein Bandscheibenvorfall diagnostiziert wurde, schien der Wettkampf gelaufen zu sein. „Durch Zufall habe ich aber entdeckt, dass ich nach fünf bis zehn Minuten auf dem Rennrad völlig schmerzfrei war. So habe ich das Radtraining weitergeführt und mit massiver Rückengymnastik, Physiotherapie und Stabilisationsübungen den Rücken so gestärkt, dass ich nach vier Wochen Laufpause wieder mit lockerem Laufen beginnen konnte. Nachdem zwei Wochen vor dem Wettkampf dann ein 22-Kilometer-Testlauf ohne Probleme erfolgreich verlief, habe ich mich kurzfristig entschlossen, doch zu starten.“
Im und um das Donaustadion in Ulm fanden die Athleten bei hochsommerlichen Temperaturen ideale Wettkampfstrecken. Zunächst machten sich die Läufer auf die fünf Runden á zwei Kilometer durch den Aupark. Hanshans lief genau nach Plan und Pulsuhr, um nicht gleich beim ersten Lauf zu viel Energie zu verschießen.
Sein Konkurrent Ralf Laermann, mehrfacher Deutscher Meister im Duathlon, lief dagegen verhaltener an und hatte schon nach der Hälfte der Strecke einen deutlichen Rückstand. „Ich fühlte mich von Anfang an super, meine große Sorge, dass trotz Pulsuhr das Anfangstempo für mich zu hoch sein könnte, erwies sich glücklicherweise als unbegründet“, erklärte Hanshans. Auch die anderen Konkurrenten lagen zur Halbzeit des Rennens schon deutlich zurück. „Das war für mich schon mal ein beruhigendes und sicheres Polster.“
Lieblingsdisziplin Radfahren
Mit über drei Minuten Vorsprung auf Laermann ging Hanshans auf die ihm aus Kindertagen vertraute Radstrecke. In seiner Lieblingsdisziplin fuhr Hanshans ein bravouröses und überzeugendes Rennen. Bereits in der ersten Runde nach 40 Kilometern hatte er seinen Vorsprung auf Laermann auf über zehn Minuten ausgebaut. Bis zum Ziel nach 80 Kilometern waren es 16 Minuten. Mit einer Zeit von 2:11:35 Minuten fuhr Hanshans eine Spitzenzeit im gesamten Teilnehmerfeld.
In der Wechselzone angekommen, folgte der Schock: „Als ich vom Rad abstieg, hatte ich gleich so starke Krämpfe in beiden Beinen, dass ich mich auf der Stelle hinlegen und pausieren musste.“ Ein Helfer war gleich zur Stelle und half dem Sportler, die Krämpfe etwas zu lockern. Minuten verstrichen und ein Fahrer nach dem anderen passierte den Bad Kissinger. „Zu diesem Zeitpunkt habe ich nicht gedacht, dass ich noch einen Meter laufen könnte“, erklärte Jürgen Hanshans seine Situation. „Ich hatte einen brutalen Anfängerfehler gemacht und nur nach Durstgefühl und damit viel zu wenig getrunken. Das rächte sich.
“ Doch er raffte sich auf und gewann gegen die permanent lauernden Krämpfe: „Ich habe in der Wechselzone nochmal alles in mich reingeschüttet, was ich an Getränken kriegen konnte und auf der Laufstrecke waren zum Glück zahlreiche Verpflegungsstationen verteilt.“ Zu Beginn des Laufs musste er noch zweimal anhalten und Dehnübungen machen, aber danach lief er ein konsequentes Tempo: „Nach der ersten von vier zu laufenden Runden habe ich gesehen, dass die nächsten Verfolger mehr als zwei Kilometer Rückstand hatten. Ich selbst lief trotz der Krämpfe immer noch 5 min/km und wusste, dass ich nur in diesem Tempo durchtraben muss.“
Gesamtsieg dank Vorleistung
Die letzten 20 Kilometer lief Hanshans zwar zwei Minuten langsamer als sein nächster Verfolger Ralf Laermann. Dennoch holte er sich damit souverän den Sieg beim Powerman Germany Long Distance in seiner Altersklasse (M55) und darf sich über seinen Deutschen Meistertitel im Duathlon freuen.