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Nach Leukämie: Michael Gehrets zehnter Geburtstag
Lächeln musste er wieder lernen: Michael Gehret hat sich erfolgreich gegen seine Krankheit gewehrt.
Foto: Vogel | Lächeln musste er wieder lernen: Michael Gehret hat sich erfolgreich gegen seine Krankheit gewehrt.
Von unserer Mitarbeiterin Heidi Vogel
 |  aktualisiert: 07.09.2017 21:14 Uhr

„Ich bin genauso gesund wie jeder andere auch.“ Das sagt der aus Karlburg stammende Michael Gehret, für den dieser Satz eine tiefe Bedeutung besitzt. Mittlerweile zehn Jahre ist es her, dass der Fußballer die Diagnose Leukämie erhalten hatte. Als 21-Jähriger.

Der Stürmer des TSV Karlburg trat damals wöchentlich als Torschütze und Leistungsträger seines Heimatvereins in Erscheinung, ehe sein Schicksal für Schlagzeilen sorgte. Seit der Diagnose, der anschließenden Chemotherapie, der Knochenmarkstransplantation am 22. November 2001 und der relativ raschen Genesung hat sich im Leben des sympathischen Karlburgers, der mittlerweile seine langjährige Freundin geheiratet hat und in Gössenheim lebt, einiges verändert. „Gesundheitlich waren die letzten zehn Jahre äußerst positiv“, betont er. Denn beim jährlichen General-Check in der Wiesbadener Klinik, in der er sich damals der Transplantation unterzogen hatte, wurden dem leidenschaftlichen Sportler bislang stets beste Werte bescheinigt. Mit der gemeisterten Krankheit im Rücken setzte er zunächst seine beruflichen Prioritäten neu. „Ich habe gemerkt, ich muss etwas ändern. Mir war klar, dass ich meine Zeit nicht vergeuden darf“, erklärt der gelernte Bürokaufmann, der bis zu diesem Zeitpunkt bei der Energieversorgung in Karlstadt als Teamleiter beschäftigt war.

Weg vom sicheren Job

Der Schritt zur Veränderung, weg vom sicheren Job, sei zwar bei manch einem auf Unverständnis gestoßen, doch der Wunsch, im sportlichen Bereich tätig zu werden, überwog. Zielstrebig setzte er seine Pläne um und begann im Oktober 2008 seine Ausbildung zum staatlich anerkannten Sport- und Gymnastiklehrer in Stuttgart. Nachdem er im März diesen Jahres seine Ausbildung erfolgreich abgeschlossen hatte, startete er im April mit einem viermonatigen Praktikum beim 1. FC Nürnberg. „Das war eine Art Kombipraktikum beim 1. FCN und an der Eliteschule des DFB“, erklärt Gehret, der nun seit Anfang Juli beim Club als Athletik- und Rehatrainer im Nachwuchs-Leistungszentrum beschäftigt ist.

So hat er, der mittlerweile die C-Lizenz als Trainer besitzt, beispielsweise im Sommer mit der Mädchen-Fußball-Mannschaft die deutsche Meisterschaft gewonnen, hat bereits des öfteren beim U-23-Regionalliga-Team mitgeholfen, war als Co-Trainer der U-16 tätig und hat bereits teilweise mit dem Athletiktrainer der Nürnberger Profis zusammengearbeitet.

Obwohl ihm der Job beim Club wahnsinnig viel Spaß macht, hat sich der junge Ehemann dazu entschieden, beruflich zurückzustecken und nur noch an drei Tagen die Woche nach Nürnberg zu fahren. Nach sechs Jahren Wochenend-Beziehung ist es Michael Gehret nämlich wichtiger, die Zeit mit seiner Frau, Familie und Freunden zu verbringen. So hat er lieber noch einen Teilzeitjob in Werneck angenommen, wo er an einer Schule in der Mittagsbetreuung tätig ist. Auch hier hat Michael Gehret eine Entscheidung getroffen, die für manch anderen – angesichts der Perspektive 1. FC Nürnberg – eher unverständlich ist. Doch der heimatverbundene Familienmensch setzt auch hier klar seine Priorität.

Denn bei all dem Positiven in den letzten zehn Jahren hat Michael Gehret sehr wohl auch Schattenseiten gesehen. Im Rahmen seiner Facharbeit hat er im Jahr 2010 Kontakt zu dem ebenfalls an Leukämie erkrankten und inzwischen verstorbenen Tobias Schneider aufgenommen. Das Schicksal von Tobias Schneider hat vor drei Jahren die Menschen im ganzen Landkreis tief berührt und mobilisiert.

Michael Gehret kannte den Fellener vom Fußball und versuchte, ein Jahr nach Tobias Schneiders Knochenmarkstransplantation, ihm über die „Ausdauerschiene“ zu helfen. „Wir haben kurze Spaziergänge und kleine Läufe auf dem Fußballfeld absolviert“, berichtet Michael Gehret über die bewegende Zeit. Die gemeinsamen sportlichen Aktivitäten hätten Tobias Schneider „unheimlich gut getan“.

Gehret macht jedoch deutlich, dass die Krankheitsverläufe der beiden jungen Männer keineswegs zu vergleichen waren. „Dagegen war meines ein Kinderspiel“, berichtet er. Denn bei Tobias Schneider wurde die Krankheit erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt festgestellt. Trotz zahlreicher Rückschläge, wie Infektionen und Abwehrreaktion, habe Tobias Schneider seine Zuversicht jedoch nicht verloren. „Das habe ich sehr an ihm bewundert“, gibt Michael Gehret tief beeindruckt zu.

Gefühl der Dankbarkeit

Aus dem Gefühl der Dankbarkeit heraus hatte Michael Gehret bereits drei Jahre nach seiner Transplantation versucht, Kontakt mit seinem Knochenmarkspender aufzunehmen. Und obwohl der junge Mann, der Michael Gehret mit seinem Transplantat das Leben gerettet hatte, quasi nur einen Katzensprung entfernt, nämlich in Erlenbach am Main, beheimatet war, lehnte der Spender ein Treffen ab. „Er begründete es damit, dass es für ihn nichts Besonderes gewesen sei und er dies gerne gemacht habe“, berichtet Michael Gehret. Er bedauert zwar, dass er den Spender nicht persönlich kennenlernen und sich bedanken konnte, respektiert aber auch dessen Verhalten.

Wie die berufliche Zukunft von Michael Gehret, der mittlerweile der Vorstandschaft des TSV Karlburg angehört und hier für den sportlichen Bereich verantwortlich ist, aussieht, ist noch ungewiss. Denn der 31-Jährige könnte sich durchaus vorstellen, im Bereich Sport mit Krebspatienten zusammenzuarbeiten. Aber auch eine Tätigkeit als Fußballtrainer bei einem Verein in der Region wäre für ihn eine Option. Wer weiß, vielleicht hat er sogar nach dem durchaus möglichen Aufstieg der ersten Mannschaft des TSV Karlburg noch einmal die Chance, Landesliga-Luft zu schnuppern und damit seine erfolgreiche Karriere als Fußballer abzuschließen? In der laufenden Saison spielte er sporadisch in der zweiten Mannschaft.

 
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