Über 100 Fans haben den HSC Bad Neustadt an diesem Abend begleitet und leidenschaftlich angefeuert. Dann sind sie heruntergekommen von der kleinen Tribüne der Nessetalhalle in Goldbach, wenige Kilometer vor den Toren von Gotha. Manche liegen auf dem Parkett, haben die Hände vors Gesicht geschlagen. Andere sitzen, trommeln auf den Boden. Die Spannung ist greifbar. Die meisten haben sich um Sven Schröter geschart, den Hallensprecher des HSC.
Es ist der letzte Spieltag der Saison 2001/02 in der Handball-Regionalliga Mitte. Der HSC um Trainer Olaf Schimpf hat seine Chance im Titelrennen mit einem Sieg beim SV Blau-Weiß Goldbach/Hochheim gewahrt. In der eigenen Hand hat Bad Neustadt die Meisterschaft nicht. Die Rot-Weißen brauchen Schützenhilfe. Der Dritte SC Magdeburg II muss bei Tabellenführer SG Werratal gewinnen, damit der HSC in die Zweite Bundesliga Süd aufsteigen kann.
In einer Hand hält Sven Schröter ein Megaphon, die andere presst ein Mobiltelefon ans Ohr. Das Spiel in Breitungen läuft noch. Der stellvertretende HSC-Vorsitzende Michael Weinhardt ist in Werratal, Schröter ist seine Stimme am Megaphon. Die Minuten der Ungewissheit fühlen sich an wie eine Ewigkeit. Dann endlich meldet Weinhardt an Schröter und der durchs Megaphon: Magdeburg II hat gewonnen, der HSC Bad Neustadt ist Regionalliga-Meister und Aufsteiger in die Zweite Bundesliga. Nie zuvor und danach hat der Stern des HSC Bad Neustadt heller gestrahlt als in dieser Nacht im Mai 2002. „Keine Frage, das war der Höhepunkt unserer Vereinsgeschichte“, sagt Hans-Peter Endres, selbst Mitglied seit 39 Jahren.
Viele Gespräche werden um den Aufstieg kreisen, wenn der Klub an diesem Samstag seinen 40. Geburtstag auf dem Schulberg feiert. Nicht nur, weil ein großer Teil der Meistermannschaft von damals in der Bürgermeister-Goebels-Halle erwartet wird. Einige streifen sich sogar das Trikot der All-Stars über: die Norweger Stig Skilbred und Gunnar Odden, Holger Lührs und Mile Mijacinovic. Der aus Tuzla stammende Rechtshänder war ein Jahrzehnt lang von 1997 bis 2008 das Gesicht des Klubs, ein Sympathieträger nicht nur auf dem Spielfeld.
Aber auch andere große Namen haben sich für das Spiel angesagt. Zum Beispiel Daniel Sauer, der nach seiner Zeit in Bad Neustadt viele Jahre lang bei HBW Balingen-Weilstetten in der Bundesliga aktiv war und anschließend seinen Heimatklub SG DJK Rimpar in die Zweite Bundesliga führte. Dort spielte auch bis vor wenigen Wochen Julian Bötsch. Der Nüdlinger war beim HSC Teil der B-Jugend, die 2005 unter Trainer Rainer Kirchner bayerischer Meister wurde. Wie auch Sebastian Kirchner, Markus Kirchner, Lukas Ulsamer und Nils Thomas. Rainer Kirchner wird sie auch am Samstag coachen, gemeinsam mit Vladimir Haber.
Die Verpflichtung des Tschechen – im Paket mit Jindrich Krepindl – war ein Meilenstein in der Frühphase des Klubs. Als „Glücksgriffe“ bezeichnete einmal der Gründervater und langjährige Vorsitzende des HSC, Sepp Schmitt, die beiden Silbermedaillengewinner bei den Olympischen Spielen 1972 in München, „denn beide waren neben der sportlichen Seite auch vom Charakter her Typen, wie sie eine Mannschaft braucht.“ Dank ihres Mitwirkens stellten sich schon im ersten Jahrzehnt der Klubgeschichte überregionale Erfolge ein: die beiden Siege im Bayernpokal 1984 und 1985. Unvergessen auch das DHB-Pokal-Spiel gegen den VfL Gummersbach um Heiner Brandt 1984.
Die Peitsche aus Prag
Spieler aus der Tschechoslowakei und später Tschechien waren in Bad Neustadt stets gern gesehen. Auch Karel Jindrichovsky. Der Rechtshänder wurde wegen seines explosiven Schlagwurfs „die Peitsche aus Prag“ genannt und wird am Samstagabend versuchen, diesen Namen noch einmal zu rechtfertigen. Die HSC-Verantwortlich hoffen, dass möglichst viele ehemalige Spieler zur Feier auf den Schulberg kommen. „Ich habe alle auswärtigen früheren Spieler angeschrieben, von denen ich eine Kontaktadresse hatte oder herausgefunden habe“, sagt Hans-Peter Endres. Viele kommen, auch wenn sie nicht spielen. „Patrick Schmitt wird da sein, Reinhold Hlawatsch, Sven und Ralf Baucke, Thorsten Nick, Rüdiger Keller, Franz Seidel, Gerd Schäfer, Dieter und Bernd Großmann“, nennt Hans-Peter Endres einige.
Den All-Stars steht um 18.15 Uhr die aktuelle Drittliga-Mannschaft des HSC Bad Neustadt gegenüber, die ab 17.30 Uhr den Fans präsentiert wird. Es ist für das Team von Margots Valkovskis eines von nur zwei Vorbereitungsspielen in eigener Halle, aber natürlich kein ernsthafter Test. „Niemand soll sich verletzen“, sagt Valkovskis, der seinen Mannen kleine Aufgaben an die Hand gibt: „Ich will zum Beispiel vernünftige Wechsel sehen.“ Der Eintritt ist den ganzen Tag über frei, „wir freuen uns natürlich immer über eine Spende für die Jugendabteilung“, sagt Torwart Felix Schmidl. Der hofft, dass nicht nur viele Besucher den Tag über kommen, der um 11 Uhr mit der Vorstellung der Jugendmannschaften beginnt, sondern auch zur Party am Abend (ab 20 Uhr) bleiben.
HSC All-Stars
Nils Thomas, Matthias Sammetinger (beide Tor), Daniel Sauer, Sebastian Kirchner, Florian Kirchner, Markus Kirchner, Stig Skilbred, Gunnar Odden, Mile Mijacinovic, Julian Bötsch, Holger Lührs, Stefan Schröder, Florian Bley, Norbert Lipot, Lukas Ulsamer, Thomas Schmautz, Michal Panfil, Stefan Linsmeier, Sebastian Kneuer, Karel Jindrichovsky, Helmut Reichel.
Programm
11 Uhr
Vorstellung und Testspiele der Jugendmannschaften (E-, D-, C-, B-Jugend).
15.30 Uhr
HSC Bad Neustadt II – MHV Schweinfurt
17.30 Uhr
Begrüßung mit Landrat Thomas Habermann Bürgermeister Bruno Altrichter, HSC-Vorsitzender Dieter Schulz, Vertreter des Handball-Verbands. Präsentation HSC-Kader 2017/18
18.15 Uhr
Legendspiel: HSC I – HSC All-Stars