"Es ist schwierig, über die Runden zu kommen. Das ist ein täglicher Kampf." Anil Husaric kann und will nichts beschönigen. Seine letzte Kundschaft hatte der Vereinstrainer des TC Rot Weiß Bad Kissingen am 10. November. Seitdem befindet sich der ehemalige bosnische Meister in der Warteschleife, schaut jeden Tag nach Inzidenzzahlen und lebt nach dem Prinzip Hoffnung. Überlebt müsste es wohl eher heißen angesichts der gewaltigen Einschränkungen.
Mehr schlecht als recht geht es dem 49-Jährigen, der im Mai 2019 aus Salzburg in die Kurstadt kam. Über die aktuellen Umstände will sich Anil Husaric gar nicht beklagen, weil es in dieser Pandemie viele Verlierer und weitaus schlimmere Schicksale gibt. "Aber ich finde es schon seltsam, dass es in Bayern nicht erlaubt war, auf einem 620 Quadratmeter großen Tennisplatz zu zweit zu spielen. In Hessen aber schon. Und das, obwohl die Inzidenzen dort sehr viel höher waren", sagt Husaric über sein de facto Berufsverbot im Freistaat. "Um wieder ein normales Leben führen zu können, hätte ich schon längst wieder meinen Job ausüben müssen", so der A-Lizenz-Inhaber, der stattdessen auf Unterstützung angewiesen ist. "Die Novemberhilfe habe ich bekommen, auf die Dezemberhilfe warte ich noch", sagt Husaric.
"Unsere Trainer mit Festanstellung können wir eingeschränkt unterstützen durch das Beantragen von Kurzarbeitergeld . Die reinen Freiberufler haben es da wesentlich schwieriger", sagt Richard Pucher, der im TC Rot Weiß eigentlich Jugendwart, aber als Betriebsleiter der Kisssalis-Therme auch ein Fachmann für wirtschaftliche Angelegenheit ist. "Umso wichtiger ist es in diesen Zeiten, dass die Mitglieder und Kunden weiter Stunden buchen, damit es für die Trainer weitergehen kann", sagt Pucher. Sobald es das Wetter zulässt, soll der Trainingsbetrieb auf den Außenplätzen des Vereins starten.
Fassungslosigkeit im Lauertal
Auf den Frühling wartet auch der TSV Maßbach, der als einer der wenigen Vereine der Region über einen Allwetterplatz verfügt und über Christi Himmelfahrt gerne die Landkreis-Meisterschaften im Lauertal austragen würde. "Sobald das Wetter mitspielt, werden die Plätze wahrscheinlich schnell ausgebucht sein. Wir müssen aber aufpassen, dass wir dann überhaupt noch Trainer haben", sagt Jörg Dotzel. Der Blick auf die gegenwärtige Situation der freiberuflichen Übungsleiter macht den 51-Jährigen fassungslos, der nicht nur TSV-Abteilungsleiter und Bezirkssportwart, sondern auch selbstständiger Steuerberater und Diplomkaufmann ist.
"Ich weiß wirklich nicht, ob meine Trainer noch da sind, wenn es wieder los geht. Ob sie noch Lust haben oder entnervt sind. Den Vereinen gingen damit Strukturen verloren, irgendwann springen auch die Kinder ab", präzisiert Dotzel seine Befürchtungen. Zur Klientel gehören auch einige Trainer , die mit Tennis ihren Lebensunterhalt verdienen, beim Finanzamt entsprechend als Selbstständige angemeldet sind. "Diese Leute werden schlichtweg hängen gelassen und bekommen viel zu wenig Unterstützung von Seiten der Politik. Von wegen Bazooka. Das sind allenfalls Platzpatronen", echauffiert sich Dotzel.
Lästige Warterei
Beantragte Novemberhilfen seien oft erst im Februar überwiesen worden, auf Dezemberhilfen würden viele Betroffene immer noch warten. Zumindest 75 Prozent des Referenz-Umsatzes aus dem Jahr 2019 würden die Betroffenen damit bekommen. Für seine Kunden erledigt Jörg Dotzel den anfallenden Schriftverkehr und schickt die Unterlagen an die dafür zuständige IHK Oberbayern mit Sitz in München. "Ich wurde gefragt, warum ein Tennis-Trainer überhaupt einen Antrag stellt. Der wäre doch nicht von einer Schließung begriffen. Da leidet man mit."
Für den Zeitraum von Januar bis Juni kann nur noch eine sogenannte Neustart-Hilfe beantragt werden, die lediglich 25 Prozent des Gesamtumsatzes von 2019 umfasst. "Aber nur dann, wenn die Person einen Umsatz-Rückgang von 60 Prozent hatte, sonst bekommt man weniger als diese 25 Prozent. Und wer sein Gewerbe erst nach dem 1. Mai 2020 angemeldet hat, der Rest schaut komplett in die Röhre", weiß Dotzel, der es für deutlich gerechter empfunden hätte, wenn man die November- und Dezemberhilfen in dieser Form verlängert hätte.
Fassungslos macht den Maßbacher auch der Umstand, dass die Neustart-Hilfe persönlich beantragt werden muss und nicht mehr über einen sogenannten prüfenden Dritten wie Steuerberater Dotzel. "Sich da durchzukämpfen, ist alles, nur nicht einfach", weiß der 51-Jährige. "Viel zu spät wird über Härtefall-Fonds gesprochen, viele unterrichtende Menschen sind schlichtweg Pleite. Die Schäden für die Gesellschaft sind extrem."
Baustelle statt Fitnessstudio
Überbrückungshilfen kommen für freiberufliche Trainer übrigens kaum in Frage, da diese an Fixkosten gekoppelt sind, wie zum Beispiel Mieten. "Ich habe mich bereits von Festangestellten getrennt aufgrund der knallharten Auflagen. Einiges bekam ich erstattet, aber viele Kosten laufen dennoch weiter, entsprechend extrem sind die Umsatzeinbußen in meinen Niederlassungen", sagt ein selbstständiger Fitness-Coach, der namentlich nicht genannt werden möchte. Um die Familie zu ernähren, hat der diplomierte Sportwissenschaftler sogar schon auf dem Bau ausgeholfen.
Informationen vom Tennis-Verband
Perspektiven Nach den jüngsten Entscheidungen der Ministerpräsidentenkonferenz sowie der daran anschließenden Vorlage der 12. Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung der Bayerischen Staatsregierung, dürfen die Tennisplätze im Freien seit dem 08.03.2021 wieder geöffnet werden. Eine Öffnungsperspektive für die Tennishallen in Bayern gibt es erst für den 22. März 2021.
Stufenplan Im Stufenplan des Bayerischen Tennis-Verbandes (BTV) vom 12. März 2021 ist das Szenario zur Öffnung des Tennissports in Abhängigkeit zu den jeweils aktuellen Inzidenzwerten festgehalten. Die Corona-Tests sind für den Tennissport als kontaktfreie Sportart im Öffnungsschritt 4 nur in der Halle notwendig. Wie die Kontrolle der Tests ablaufen soll, ist noch nicht geklärt. Eine weitere Änderung ist, dass der Trainer zusätzlich zu den laut Kontaktbeschränkung festgelegten Personen erlaubt ist, wenn er nicht am Sportgeschehen teilnimmt. Die Anlagenbetreiber sind dafür verantwortlich, je nach regionalen Infektionszahlen die Spiel- und Trainingsmöglichkeiten zu kommunizieren.