Hammelburg Volleys - FT 1844 Freiburg 3:2 (20:25, 25:23, 16:25, 25:17, 15:11).
Dieses Spiel ging an die Nerven: Die Hammelburg Volleys haben in 3:2-Sätzen gegen einen Gegner aus Freiburg gewonnen, der keine Gelegenheit ausließ zu provozieren. Doch am Ende erreichten die Gäste das Gegenteil dessen, was sie bezweckt hatten.
Es war gegen Ende des 3. Satzes, als Schiedsrichterin Anja Dahl aus Wiesbaden plötzlich das Spiel unterbrach. Die FT 1844 Freiburg stand kurz vor einem klaren Satzgewinn; vielen Zuschauern schien die Unterbrechung unerklärlich. Der Grund dafür: Freiburgs Ersatzspieler hatten vom Hammelburger Manager einen weiteren Kasten Wasser gefordert. Obwohl ihnen bereits zwei bereitgestellt wurden und dies locker hätte ausreichen müssen.
Der Betreuer fasste die Forderung als Provokation auf; es kam zu Diskussionen am Spielfeldrand. Die Schiedsrichterin fühlte sich durch den Streit in ihrer Konzentration aufs Spiel gestört. Kurz darauf ging es weiter. Später forderten die Freiburger einen vierten Kasten.
Das war nur eine von einigen Merkwürdigkeiten in einem nervösen Spiel. Aber es war sicher der Wendepunkt.
Den ersten Satz hatten die Freiburger verdient gewonnen. Die Hammelburger wirkten nicht richtig wach. Schnell liefen sie einem Vier- bis Sechs-Punkte-Rückstand hinterher. Zu selten fanden sie den offenen Weg durch die Mitte; die Freiburger stellten sich schnell auf die auf außen gestellten Bälle für Oscar Benner ein. Und sie hatten mit dem 19-jährigen Hünen Paul Botho einen Spieler, dem fast alles gelang.
So sehr sich die Hammelburger mühten: Sie kamen einfach nicht heran, auch wegen zu vieler Unkonzentriertheiten. Symptomatisch dafür die Angabe zum 20:25, die ins Aus segelte.
Auch im zweiten Satz gerieten die TV/DJKler schnell in Rückstand, holten den aber auf. Beim 5:4 lagen sie erstmals im Spiel vorn. Den Vorsprung hielten die Volleys, auch, weil jetzt Dinge klappten, die vorher nicht gelingen wollten. Der Block stand; Bälle, die die Freiburger zuvor knapp daran vorbeigelegt hatten, blieben hängen. Henning Schulte punktete nicht nur zum 10:6 nach einem kurz gestellten Ball über die Mitte. Beim 12:7 hatte Moritz Rauber Glück, dass sein Schmetterball leicht die Hand eines Gegners touchierte. Beim 17:17 wurde es kurz spannend, aber die Hammelburger zogen das Ding. Wichtig dabei ein Aufschlag-Ass von Benner zum 24:22; die Volleys und ihr Publikum feierten schon.
Und nach einer etwas wackeligen Annahme, einem super gestellten Ball von Jackson Maris und dem Haudrauf von Benner machten sie den Satz mit 25:23 zu. Da half auch das schaurige Geheul der Freiburger Ersatzspieler am Spielfeldrand nicht mehr, das sie seit Beginn des Spiels durchgezogen hatten.
In der folgenden zehnminütigen Pause der erste Höhepunkt der Provokationen. Im Kabinentrakt kam es laut Volleys-Trainer Karl Kaden zu einem tätlichen Übergriff eines Freiburgers. Auch schossen sich die Gäste im dritten Satz auf bestimmte Akteure des Heimteams ein. Vor jeder Freiburger Angabe zeigte ein am Netz postierter Spieler auf Felix Bendikowski. Teilweise war am Spielfeldrand deutlich zu hören, dass der Hammelburger Nummer 10 angekündigt wurde, er werde gleich "abgeschossen".
Das zeigte Wirkung, nicht nur bei Bendikowski. Die Hammelburger wirkten wieder hypernervös, kamen mit ihren Spielzügen nicht mehr durch. Auch Kadens Schachzug, Hannes Krochmann als Zuspieler zu bringen, verpuffte.
Dann die Unterbrechung durch die Schiedsrichterin - und alles war anders. Zwar sicherten sich die Freiburger den Satz und einen Matchpunkt. Doch das Publikum merkte, dass auf dem Spielfeld etwas nicht stimmte. Fortan stand es noch mehr hinter seinem Team, feuerte es gnadenlos an. Die gegnerischen Spieler wurden bei jeder ihrer Angaben ausgebuht.
Und die Spieler? Die agierten plötzlich völlig frei. Der vorher verunsicherte Bendikowski: losgelassen. Nils Rehmeier: aufgebracht. Henning Schulte: wütend. Oscar Benner und Moritz Rauber sowieso. Die Hammelburger feierten jeden Punkt nach dem Motto: Jetzt zeigen wir es euch! Bei all dem übersteuerten sie nicht. Als der Ball von Freiburgs Block zum 25:17 ins Feld prallte, tobte die Halle.
Der Tiebreak folgte einem ähnlichem Muster. Nach ausgeglichenem Beginn zogen die Volleys davon, ließen sich nicht mehr beeindrucken. Und als Schmetterer Benner das 15:11 machte, war es vollbracht und die zwei Punkte im Sack.
Karl Kaden - sonst eher sachlicher Analysator eines Spiels - mochte sich ob der Provokationen, Beleidigungen und der Tätlichkeit der Freiburger nicht beruhigen. Das habe den Spielverlauf, vor allem im dritten Satz nachhaltig beeinflusst. "Das glaubt dir kein Mensch, dass das in der 2. Liga passiert." Leider gebe es in der Spielklasse kein Schiedsgericht, das so etwas unterbinde. Im Hinspiel in Freiburg sei es ähnlich gewesen. "Ich freue mich sehr fürs Team, dass wir den Mut wiedergefunden haben und von weiteren Provokationen bis zum Schluss nicht haben beeinflussen lassen."
Libero Lukas Spachmann sprach von einer "recht angespannten Atmosphäre, weil beide Mannschaften in der Tabelle nah beieinander lagen und weil es immer gewisse Spannungen gibt zwischen uns und Freiburg". Der Anfang sei sehr zerstückelt gewesen, viele Aufschlag- und Annahmefehler auf beiden Seiten. Es habe ein bisschen gedauert, bis sein Team ins Spiel gefunden habe.
"Nach dem dritten Satz haben wir gesagt, wir haben nichts mehr zu verlieren und müssen mit Aggressivität ins Spiel gehen und die Zuschauer mitnehmen. Das haben wir geschafft und die Zuschauer haben uns durch den vierten Satz und den Tiebreak getragen."
Seine Medaille für den besten Spieler des Matches reichte Spachmann weiter an Oscar Benner. Er habe in den wichtigen Situationen alles richtig und den Punkt gemacht und den Titel mehr verdient als er. Ein Freiburger Verantwortlicher war nicht zu sprechen, da die Mannschaft gleich nach dem Spiel abreiste.
Dazu ein Ballgeflüster von Steffen Standke:
Unnötiges Affentheater
Was war das für ein Auftritt der selbst ernannten Freiburger "Affenbande"? Ständige Einschüchterung gegnerischer Spieler, permanentes Monieren bei den Schiris, der vom Zaun gebrochene Streit um die Wasserkästen und gar ein tätlicher Angriff im Kabinentrakt: Mit seriösen und fairem Zweitliga-Volleyball hatte das kaum etwas zu tun, mehr mit unsportlichem Affentheater. Gut, dass Hammelburgs Team und Anhänger (fast) unbeeindruckt blieben und es den Gästen leidenschaftlich, aber mit kühlem Kopf heimzahlten. Traurig, dass Freiburg trotzdem einen Punkt entführen durfte. Mit spielerischen Mitteln hätten die Gäste wahrscheinlich mehr überzeugt.