Ein gemütliches Hotelzimmer. Zimmerservice. Ein ausgiebiges Frühstück. All das hätte sich Axel Fredrich nach seinem gewonnenen Kampf bei der Bad Kissinger Boxnacht verdient. Genächtigt hatte der 26-Jährige aber auf einem Mattenwagen in der Bayernhalle. Um am nächsten Morgen mitanpacken zu können beim Aufräumen. "Ich habe hier ein wunderbares Team gefunden. Ich bin in Sachen Kampfsport viel herumgekommen, habe aber noch nie eine so kollegiale und professionelle Abteilung gesehen", sagt der gebürtige Düsseldorfer, der in Heidenheim aufgewachsen ist und der über einen Bundeswehr-Lehrgang in Hammelburg zu den TSV-Boxern kam.
Mit seinem Fight hatte der Zeitsoldat, der aktuell eine Ausbildung zum Fallschirmspringer macht, das zuvor noch reservierte Publikum aus der Reserve gelockt. Endlich war Stimmung in der Bayernhalle. "Ich hatte das letzte Mal vor vier Wochen die Box-Handschuhe angehabt, habe in dieser Zeit im Rahmen meiner Ausbildung gefühlt drei Wochen im Wald verbracht und musste auch noch in einer höheren Gewichtsklasse antreten", erzählt Fredrich, der sportlich mit Handball und Basketball begann, später zum Thaiboxen kam. "Aber davon bekam ich große Hüftbeschwerden."
Mit dem Nürnberger Kalle Kraus lieferte sich der TSVler einen spektakulären, weil wilden Kampf ohne große technische Finessen. "Ich habe mich gefreut, meinem Klub den nötigen Schwung mitgeben zu können. Vor so vielen Menschen hatte ich noch nie geboxt. Das war mega. Das Publikum hat mir den Push gegeben, den ich gebraucht habe", so Fredrich, der sich noch am Sonntag auf dem Weg in seine Bundeswehr-Kaserne im saarländischen Zweibrücken machen sollte. "Aber mein Pass bleibt natürlich beim TSV Bad Kissingen . Das ist halt eine Art Fernbeziehung", so Fredrich.
Atmosphäre am Siedepunkt
Die ersten drei Kämpfe der Lokalmatadoren Elias Leifels, Alexander Vedder und Tobias Pfaff waren an die Sportler vom 1. FC Nürnberg gegangen, aber mit dem Punktsieg von Felix Säwert wurde vor den 600 Fans die Wende eingeläutet. Vor der zweiten Pause hatten Fredrich und Max Neb den Vergleichskampf auf ein Unentschieden gestellt, ehe Florian Säwert und Louis Krassa nachlegten. Am Siedepunkt war die Atmosphäre bei den letzten beiden Kämpfen. Mit dem enthusiastischen Publikum im Rücken, gewannen Mohammad Shadab und Kai Friedensohn nach Punkten ihre Kämpfe und wurden wie Rockstars gefeiert.
"Mein Gegner war gefährlich, den durfte ich nicht unterschätzen. Aber prinzipiell muss man jeden Kampf ernst nehmen. Ich finde, wir haben vor unserem Heimpublikum alle gute Leistungen geboten", sagte Friedensohn. Der 23-Jährige ist seit kurzem bayerischer Meister im Schwergewicht und bereitet sich in den nächsten Wochen auf die nationalen Meisterschaften in Straubing vor.
"Das war eine phänomenale Stimmung und eine sehr gute Veranstaltung. Aber so mancher Kämpfer hätte es sich einfacher machen, hätte vorzeitig gewinnen können. Aber ich kenne das, vor dem eigenen Publikum will man immer etwas besonderes zeigen", sagte Willi "de Ox" Fischer.
Ein spezieller Sparring-Kampf
Der Ehrengast und Olympia-Teilnehmer von 1992 hatte dem jüngsten TSV-Boxer eine große Freude bereitet und war mit Leo Zenglein (11), dessen Kampf kurzfristig geplatzt war, in den Ring zu einem "Sparring" gestiegen. Ansonsten war der mehrfache deutsche Schwergewichts-Meister aus Frankfurt immer wieder am Fachsimpeln mit seinem Sitznachbarn: Bad Kissingens Oberbürgermeister Dirk Vogel, dem Schirmherrn der Veranstaltung. Am nächsten Morgen ließ sich der Ex-Profi noch einmal in der Halle blicken, um sich persönlich von Trainer Edgar Feuchter und den TSV-Boxern zu verabschieden.
Sportlich bemerkenswert war auch das Rahmenprogramm mit Pole Dance und Auftritten vom Zirkus Luna aus Langendorf. Die Artisten um Leonid Bethäuser mussten personell bedingt ihr Programm kurzfristig umbauen, aber die Verbindung von Kraft, Eleganz und Akrobatik im und neben dem Ring faszinierten.