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Fußball:
Timo Pitter: Ein Nullfünfer in Amerika
Den Ball im Blick: Timo Pitter wechselte im Sommer vom FC 05 Schweinfurt zum Fußball-Team der Creighton University in Omaha in den USA. Dort wurde er auf Anhieb Torschützenkönig.
Foto: Pitter | Den Ball im Blick: Timo Pitter wechselte im Sommer vom FC 05 Schweinfurt zum Fußball-Team der Creighton University in Omaha in den USA. Dort wurde er auf Anhieb Torschützenkönig.
Von unserem Redaktionsmitglied Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 11.12.2019 15:35 Uhr

Da hat Billy, der Blauhäher, bestimmt ganz schön mit dem Kopf gewackelt, als er die Teamstatistik des Fußballteams der Creighton Universität in Omaha, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Nebraska, gelesen hat. Ganz oben in der Torjägerstatistik fand das Maskottchen der so genannten Blue Jays einen Namen, den man beim FC 05 Schweinfurt nur allzu gut kennt: Timo Pitter. 24 Spiele, zehn Tore, vier Vorlagen, der mit Abstand beste Torjäger und Scorer im Team.

Ende Juli wechselte der 20-Jährige aus Oberschwarzach aus der Bayernliga-Mannschaft des FC gen Amerika. Sein neuer Trainer Elmar Bolowich, ein gebürtiger Mainzer und einer der erfolgreichsten Trainer im amerikanischen College-Fußball, wollte ihn unbedingt, hatte ihn mehrfach beobachten lassen. Pitter bekam ein Sport-Stipendium, spielt für die Universität Fußball und studiert gleichzeitig internationale Wirtschaft. Für ihn die ideale Lösung, um seinen Traum vom Fußball-Profi mit einer vernünftigen Ausbildung kombinieren zu können. In Deutschland wäre das so nicht möglich gewesen, hätte er sich zwischen seinem Studium in Würzburg und dem höherklassigen Fußball entscheiden müssen.

Für Pitter, der an Weihnachten seine Familie in Oberschwarzach besucht, war die Entscheidung für Amerika wie ein Sechser im Lotto, auch wenn es Stress pur bedeutet. Achtmal pro Woche wird trainiert, dazu kamen in der vor kurzem beendeten Saison 24 Spiele seit Ende August, bei denen er immer in der Startelf stand. Seine Mannschaft war zunächst das beste Team der so genannten Missouri Valley Conference, ein Zusammenschluss von Universitäten aus sechs amerikanischen Bundesstaaten im Mittleren Westen. Danach holte man sich den Titel in dieser Liga in einem Play-Off-Turnier und kam ins Halbfinale auf US-amerikanischer Ebene, wo die besten Uni- und College-Teams den Titel des Landesmeisters ausspielen. Erst im Halbfinale verlor man knapp gegen Indiana mit 0:1.

Es waren Monate wie im Rausch für den 20-Jährigen. „Ich habe wirklich nicht damit gerechnet, dass ich hier so einschlagen werden, ich kam ohne Erwartungen, bin gleich Torschützenkönig, wurde Freshman des Jahres, bin ins All American Team gewählt worden“, freut sich Pitter.

„Viele Trainer sagen mir, wenn ich noch so eine Saison spiele, führt mein Weg in die Profiliga.“

Timo Pitter über seine Chancen auf die Major League Soccer

Er weiß genau, dass er seinem Traum vom Profifußball in den USA immer näher kommt, zumal die Spieler aus seinem Team einen hervorragenden Ruf in der Major League Soccer, der amerikanischen Profiliga, haben. 14 Spieler schafften es in den vergangenen fünf Jahren in den Profibereich, alleine vor dieser Saison wurden vier Creighton-Spieler im MLS-Draft genommen. „Das Tolle ist, dass der Schritt von der Division 1, in der ich gerade spiele, in die Major League nicht sehr groß ist. Viele Trainer sagen mir, wenn ich noch einmal so eine Saison spiele, wird mein Weg auch dorthin führen“, so Pitter.

Das Leben im Land der unbegrenzten Möglichkeiten war natürlich eine große Umstellung für den Oberschwarzacher. „Amerika hat seine guten Seiten und seine nicht so guten, es war auf jeden Fall eine große Umstellung. Aber das Collegeleben ist sehr schön und unkompliziert, der Zusammenhalt hier ist echt klasse“, erzählt er vom Leben an seiner Uni mit gut 7700 Studenten und dem Versuch, das intensive Training im erst vor wenigen Jahren für gut zehn Millionen Euro neu gebauten Morrison-Stadium mit Top-Einrichtung und Kunstrasen mit den vielen Reisen über tausende Kilometer durchs ganze Land und dem Studium in Einklang zu bringen. „Es ist Stress pur, das Reisen ist sehr anstrengend. Wir fliegen zu jedem Spiel, reisen immer zwei Tage vorher an. Die Coaches arbeiten sehr eng mit den Professoren zusammen, aber alles in allem ist es sehr hart, es bleibt mit Training und Uni kaum Zeit für andere Sachen.“

Zum Glück war Pitter teamintern gleich akzeptiert, halfen ihm vor allem die älteren Spieler über so manche sprachliche Klippe am Anfang der Saison. Pitter dankte es mit Toren und ist so fit wie noch nie in seiner Karriere. Das muss er auch sein, entgegen anders lautender Meinungen in Deutschland hat der amerikanische College-Fußball in jedem Fall Regionalliga-Niveau, „das Spiel hier ist sehr schnell, der einzige Unterschied in der Major League ist, dass dort aggressiver gespielt wird.“

A propos Regionalliga: Seinen Leib- und Magenverein FC 05 Schweinfurt verfolgt Timo Pitter natürlich via Internet und Facebook. „Es sieht ja richtig gut aus“, erklärt Pitter, der beim FC schon in der U17 und U19 für Furore gesorgt hatte, bevor er unter dem früheren Trainer Klaus Scheer erste Spiele in der ersten Mannschaft in der Bayernliga machen durfte. Eine schnelle Rückkehr zum derzeitigen Tabellenführer der Bayernliga ins Sachs-Stadion als Spieler schließt Pitter eher aus: „Es freut mich wirklich, dass es so gut läuft. Ich glaube aber nicht, dass ich nur wegen der Regionalliga zurück kommen würde, da meine Chancen, hier Profi zu werden, zum Greifen nah sind.“

Amerikanischer Fußball

Das Fußball-Team der Creighton University aus Omaha im US-Bundesstaat Nebraska spielt in der Missouri Valley Conference. Sie ist ein Zusammenschluss von zehn Universitäten aus den sechs Bundesstaaten Nebraska, Iowa, Indiana, Illinois, Missouri und Kansas, die in der so genannten NCAA Division I gegeneinander spielen. Der Meister dieser Liga spielt in einem landesweiten Turnier gegen drei weitere College-Teams um den NCAA-Titel. Die Missouri Valley Conference ist die zweitälteste College-Liga in den USA, wurde 1907 gegründet. Fußball-Teams der Creighton-Universität wurden zwölf Mal Meister dieser Liga, schafften es auch vier Mal in das landesweite Finale, holten aber nie den Titel. Die Creighton Universität wurde 1878 von Jesuiten gegründet und hat einen guten Ruf in den Vereinigten Staaten. Gespielt und trainiert wird unter Profibedingungen im 2004 eingeweihten Morrison-Stadium, in das 6000 Besucher passen. In den vergangenen 17 Jahren schaffte es immer mindestens ein Spieler aus dem Fußball-Team Creightons in die amerikanische Profi-Liga Major League Soccer – keine andere College-Mannschaft hat eine derart gute Quote.

Große Leistungen, großer Pokal: Timo Pitter mit dem Pott, den seine Mannschaft für die Missouri-Valley-Meisterschaft bekam.
Foto: Pitter | Große Leistungen, großer Pokal: Timo Pitter mit dem Pott, den seine Mannschaft für die Missouri-Valley-Meisterschaft bekam.
 
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