Eine Viertelstunde nach dem offiziellen Trainingsende übt Niklas Andersen noch immer Doppelpässe mit Moritz Elias und Direktabnahmen. Zusatzschichten gehören für den dänischen Nationalspieler dazu und man sieht: Der 25-Jährige hat richtig Bock auf Hockey. Das wird auch im Interview nach dem Vormittagstraining deutlich. Er nimmt sich Zeit und antwortet auch auf die Fragen, die vielleicht nicht so angenehm sind.
Niklas Andersen trifft auf seinen Ex-Klub Fischtown Pinguins
Vor dem Match der Augsburger Panther am Freitag gegen Bremerhaven steht der schnelle Außenstürmer im Fokus. Weil es das erste Duell in der Deutschen Eishockey Liga gegen seinen Ex-Klub ist. Die Fischtown Pinguins waren vor dem Wechsel zum AEV die erste und einzige Station außerhalb seines Geburtsorts Esbjerg, der siebtgrößten dänischen Stadt. Mit Esbjerg Energy holte Andersen 2017 den dänischen Meistertitel. Mit Mark Pederson als Trainer, der 2021 nach Augsburg kam und im Februar 2022 entlassen wurde.
Andersen verließ 2020 seine Heimat und ging 370 Kilometer weiter südlich, aber immer noch an der Nordsee auf Torejagd. Höchst erfolgreich wie die Statistik ausweist. In 143 Partien für Bremerhaven verbuchte der 1,80 Meter große Außen 37 Tore und gab 36 Vorlagen. Sein Vertrag mit den Norddeutschen wäre noch für diese Saison gelaufen. Die Pinguins gelten als gute DEL-Adresse, erreichten in den vergangenen Jahren immer die Play-offs um die deutsche Meisterschaft. Warum schloss sich einer der Topstürmer des Klubs dennoch Ende Juli den Augsburger Panthern an, dem Fast-Absteiger der vergangenen Saison?
AEV: Andersen begründet den Wechsel zu den Panthern
Niklas Andersen holt ein wenig aus für die Antwort, die ehrlich klingt und nachvollziehbar. "Ich hatte drei wirklich schöne Jahre in Bremerhaven. Mit Stürmer Christian Wejse, der jetzt noch dort spielt, bin ich zusammen in Esbjerg aufgewachsen. Aber im Sport können sich Dinge schnell ändern", erzählt der 25-Jährige und fährt fort: "Ich war in der letzten Saison nicht hundertprozentig zufrieden damit, wie einige Dinge gelaufen sind. Ich habe überlegt, wo ich am besten performen kann, was zu mir am besten passt. Und ich dachte, es wäre an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren." Vielleicht sei er zudem nach der Weltmeisterschaft mit Dänemark auch ein bisschen müde im Kopf gewesen. Er habe Hockey auch als Job gesehen, wollte aber wieder Spaß haben bei der Arbeit auf dem Eis.
In mehreren Gesprächen überzeugte Trainer Christof Kreutzer den dreifachen WM-Teilnehmer für Dänemark von einem Wechsel in den Süden Deutschlands. Die Verantwortlichen der Pinguins zeigten sich wenig erfreut darüber, dass Andersen seinen Vertrag nicht erfüllen wollte. Die Pressemitteilung der Pinguins enthielt nicht nur die üblichen Floskeln und Wünsche für eine gute sportliche Zukunft. Dort stand, dass sich wenig Freude breitgemacht habe, als ihr Stürmer im Hochsommer seinen Abschied forcierte. Und weiter: „Hatten die Pinguins erst vor Wochenfrist die Verlängerung des 25-jährigen dänischen Nationalspielers bekannt gegeben, so müssen sie nun mehr oder weniger mit einem für auch sie überraschenden Dementi diese Meldung wieder negieren.“ Teammanager Alfred Prey wird mit den vielsagenden Worten zitiert: „Wenn ein Spieler nicht mehr unser Jersey tragen will, dann müssen und werden wir diesen Wunsch respektieren. (...) Niklas muss diesen Entschluss persönlich verantworten und auch entsprechend artikulieren – wir hegen keinen Groll!“
Der Däne sieht viel Potenzial in Augsburg
Heute ist Andersen froh darüber, zusammen mit Bremerhaven-Geschäftsführer Hauke Hasselbring eine Lösung seiner offenbar verfahrenen Situation gefunden zu haben. Nun konzentriert er sich ganz auf die Panther. Seine zweite DEL-Station hat er im Curt-Frenzel-Stadion gewählt, auch "weil Augsburg alle Voraussetzungen bietet, um als Spieler performen zu können". Die Mannschaft habe das Potenzial, im DEL-Mittelfeld mitzumischen. Aktuell liegt Andersens Ex-Klub mit neun Punkten aus sieben Spielen als Tabellenachter klar vor den Panthern auf Rang zwölf mit sechs Zählern. Für den Mann mit der Rückennummer 71 hat das in einer so frühen Saisonphase nur wenig Bedeutung. "Wir brauchen vielleicht noch ein bisschen Zeit mit so vielen Neuzugängen. Aber in der Mannschaft steckt genügend Potenzial für mehr", sagt der Däne, der bisher einen Treffer und vier Vorlagen vorweisen kann. Trainer Kreutzer hält große Stücke auf seine Neuverpflichtung: "Er ist schnell. Er ist torgefährlich. Ich halte Niklas für einen der torgefährlichsten Stürmer in der Liga."
Der Coach stellte nach dem 1:7-Debakel gegen Straubing seine Formationen um. Beim 3:4 nach Penaltyschießen in Köln stürmte Andersen in der AEV-Paradereihe an der Seite der finnischen Nationalspieler Anrei Hakulinen und Jere Karjalainen. "Die beiden sind sehr, sehr gute Hockeyspieler. Das muss ich nutzen", sagt Andersen vor dem Match gegen Bremerhaven. Für ihn ist es viel mehr als nur das achte Saisonspiel der Panther. "Das Match gegen die Pinguins ist schon etwas Besonderes für mich. Ich habe viele Freunde auf der anderen Seite und es macht Spaß gegen sie zu spielen. Aber ich will unbedingt gewinnen." Und damit auch ein Stück weit zeigen, dass seine überraschende Wechsel-Entscheidung im Sommer richtig gewesen ist.
Hören Sie sich dazu auch unseren Podcast "Augsburg, meine Stadt" an, in dem Dennis Endras Einblicke ins Innenleben der Augsburger Panther gibt.