Die letzten Tage einer Eishockey-Saison sind emotional aufgeladen. "Weil dann die Familie in der Kabine auseinanderbricht. Man weiß: So werden wir nie mehr zusammenkommen", sagt Duanne Moeser. Nach dieser Spielzeit wird es besonders bitter für die Augsburger Panther. Nach 29 Jahren in der Deutschen Eishockey Liga heißt es wahrscheinlich Abschied nehmen aus der höchsten Klasse. Für den AEV geht eine Ära zu Ende.
"Das tut weh, wenn man sich als eines der nur noch fünf DEL-Gründungsmitglieder verabschieden muss. Wir verlieren das Prädikat: DEL-Original", sagt der Sportmanager der Augsburger Panther. Besiegelt ist der Abstieg zwar noch nicht, aber sehr wahrscheinlich. Wie so oft im deutschen Eishockey wird es kompliziert. Wenn einer der Zweitligisten Kassel, Krefeld oder Dresden nach den Play-offs die DEL2-Meisterschaft gewinnt und das Lizenzierungsverfahren übersteht, dann sind die Panther draußen. Als Gründungsmitglieder spielen neben Augsburg noch die Eisbären Berlin, Kölner Haie, Adler Mannheim und Ice Tigers Nürnberg ohne Unterbrechung in der DEL.
Auch nach Jahrzehnten in Schwaben sind die kanadischen Wurzeln des Mannes aus Waterloo in der Provinz Ontario herauszuhören. Ein Markenzeichen von "Beamer", wie ihn seine Freunde nennen. Wie kein Zweiter verkörpert er den Augsburger EV. Sein Trikot mit der Nummer sieben wird nicht mehr vergeben und hängt wie das der Verteidiger-Legende Paul Ambros unter dem Hallendach des Curt-Frenzel-Stadions. Die ewige DEL-Scorerwertung führt Moeser mit 318 Punkten (144 Toren und 174 Vorlagen) in 568 Partien an.
Drohender Abstieg: AEV empfängt den Lieblingsfeind aus München
Beamer hat die Geburtsstunde der Profiliga auf der Tribüne miterlebt. Als Stürmer hatte der Kanadier beim Aufstieg in die 1994 gegründete deutsche Eishockey Liga mitgeholfen. Das Eröffnungsspiel stieg am Donnerstag, den 15. September 1994, im damals noch nach drei Seiten offenen Curt-Frenzel-Stadion. Klar, ein Derby musste es sein gegen den Lieblingsfeind München. Die Oberbayern nannten sich damals Mad Dogs München und kamen als Deutscher Meister. Tiernamen waren in Mode gekommen, warum nicht auch verrückte Hunde. Den ersten Puck warf NHL-Legende Bobby Hull ein. Den deutschen Fans sagte der Name Hull wenig. Moeser freute sich aus einem anderen Grund: "Bobby Hull war der Onkel von einem Kumpel von mir. Wir haben uns länger unterhalten."
Als überzähliger Ausländer saß Moeser damals auf der Tribüne und sah die 1:6-Auftakt-Niederlage. Das erste AEV-Tor in der neu gegründeten Liga schoss der Tscheche Ales Polcar. Die Mad Dogs waren bald Geschichte, der Klub ging während der Saison Pleite, weil den hochfliegenden Plänen der Fußball-Stadt München wieder einmal die finanzielle Basis fehlte. Die Augsburger dagegen hatten aus zwei Konkursen in den Jahren zuvor ihre Lehren gezogen und planten unter dem strengen Regime von Hauptgesellschafter Lothar Sigl eher konservativ.
In der Premierensaison kam Moeser noch auf 21 Einsätze. Nach seiner Einbürgerung zählte der Angreifer viele Jahre zum Stamm der Mannschaft. Sieben Tage vor seinem 42. Geburtstag beendete er 2005 seine Karriere und wechselte nahtlos ins Management als Sportmanager. Der Deutsch-Kanadier kümmert sich um die organisatorischen Belange der Panther, arbeitet mit dem jeweiligen Trainer zusammen, ist für die Profis rund um die Uhr erreichbar und betreut nebenher Werbepartner. Duanne Moeser ist das Gesicht des Klubs, weit über die Grenzen Augsburgs hinaus.
Letztes Panther-Hoch 2019 unter Trainer Stewart
An den größten Erfolgen der DEL-Geschichte hatte der Sportmanager seinen Anteil. Zunächst die Vizemeisterschaft 2010 mit dem jungen Erfolgstorhüter Dennis Endras und Trainer Larry Mitchell als zentralen Figuren. "Die Stimmung im November 2009 war bescheiden, weil da schon klar war, dass die Mannschaft nach der Saison auseinanderfällt. Aber wir hatten ein unglaubliches Leadership im Team", erinnert sich Moeser. Es folgten der anfangs verkorkste und später doch gelungene Umbau des Curt-Frenzel-Stadions. "Erst die Renovierung hat die Grundlagen für die DEL-Zukunft gelegt", sagt der Sportmanager. 2019 folgte unter Trainer Mike Stewart ein letztes sportliches Hoch mit dem epischen Halbfinale gegen München, als gefühlt ganz Hockey-Deutschland den Augsburgern die Daumen drückte.
Nach der erstmaligen Teilnahme an der Champions Hockey League, die der Klub und die reisefreudigen Fans genossen, ging es sportlich bergab. Für den Absturz in dieser Saison gibt es mehrere Gründe. Moeser nennt den wichtigsten: "In 98 Prozent der Fälle nehme ich die Mannschaft in Schutz. Aber in diesem Jahr habe ich resigniert. Es tut mir leid, aber wir sind nicht so stark, wie wir gedacht haben." Es haben gefehlt: der Zusammenhalt, der Glauben aneinander und der Leadership.
Moeser rechnet vor: "Wenn man in rund 60 Prozent der Spiele zwei oder weniger Tore schießt, dann übt das viel Druck auf die Torhüter und die Verteidiger aus." Letztendlich ist eine Kombination von vielen Gründen für den Niedergang verantwortlich. Duanne Moeser klingt ein wenig wie Oliver Kahn mit seinem "Weiter, immer weiter", wenn er vor der wohl letzten DEL-Partie am Sonntag in Frankfurt sagt: "Wahrscheinlich werden wir nach dem Sonntag zwei Tage lang weinen. Aber danach heißt es aufzustehen, eine neue Mannschaft für die zweite Liga zusammenstellen und so schnell wie möglich die Rückkehr in die DEL anzupeilen."