Es waren emotionale Szenen, die sich am Sonntagnachmittag in den Katakomben der EishalleFrankfurt nach dem letzten Saisonspiel (3:4 n.V.) abspielten. Innige Umarmungen, Tränen, Abschiedsstimmung. Vermutlich endete in diesem Moment die ein oder andere Karriere. Denn die Mannschaft der Augsburger Panther wird in diesem Sommer einer Komplettrenovierung unterzogen– so viel ist klar, auch wenn noch längst nicht klar ist, in welcher Liga sie künftig spielt.
Als Tabellenvierzehnter nach der Hauptrunde der Deutschen Eishockey Liga (zum dritten Mal nach 2001 und 2011) muss der Klub nun warten, wie die Play-offs in der klassentieferen DEL2 ausgehen. Eine DEL-Lizenz haben dort Tabellenführer und Topfavorit Kassel sowie Krefeld und Dresden beantragt.
Welche Liga spielt der AEV? Das zeigt sich in den Play-offs der DEL2
Wenn ein Klub aus dem Trio die Play-offs gewinnt und die anschließende Lizenzprüfung übersteht, darf er aufsteigen – Augsburg steigt ab. Mit Blick auf den Play-off-Baum der DEL2 wird die Entscheidung wohl erst im Finale fallen (Termin für ein mögliches Spiel sieben ist der 30. April), denn die drei Aufstiegswilligen werden sich voraussichtlich auf dem Weg dorthin gegenseitig eliminieren.
Im Nachhinein ist es meist leicht, die Fehler für eine misslungene Saison zu finden. Im Fall der Augsburger Panther hatte sich der nun drohende Abstieg allerdings schon länger angedeutet. Seit 2019 durchläuft die Mannschaft eine stetige Negativentwicklung. Der Trend in Zahlen:
Hauptrunde 2018/19 Platz drei – Play-offs erreicht und bis ins Halbfinale gekommen.
Hauptrunde 2019/20 Platz zehn – Play-offs als letzte Mannschaft erreicht, dann aber aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt.
Saison 2020/21 Platz sechs (Vorletzter) in der damals coronabedingt zweigeteilten DEL– Play-offs verpasst.
Saison 2021/22 Platz 11 – Play-offs verpasst.
Saison 2022/23 Platz 14 – drohender Abstieg.
Die Gründe für den sportlichen Tiefflug sind vielfältig.
Trainer: Kein adäquater Nachfolger für Mike Stewart
Dem Hauptverantwortlichen Lothar Sigl ist es bisher nicht gelungen, einen adäquaten Nachfolger für Mike Stewart zu finden. Der hatte nach dem Erfolg von 2019 ein lukratives Angebot aus Köln angenommen und ist mittlerweile in Wolfsburg gelandet. Ihm folgten Tray Tuomie, Mark Pederson, Serge Pelletier, Peter Russell und zuletzt Kai Suikkanen. In einer Mischung aus Pech, Unvermögen und im Fall von Russell auch Unerfahrenheit schaffte es keiner von ihnen, die Mannschaft weiterzuentwickeln.
Der Plan, deren einst so erfolgreichen Kern zusammenzuhalten und drum herum sinnvoll zu ergänzen, ist in der Theorie gut, scheiterte aber an zwei Dingen. Zum einen hatte besagter Kern seinen Zenit bald schon überschritten und nahm die Panther in der Folge als Wohlfühloase im harten Profigeschäft wahr. Leistungsfördernd ist das offensichtlich nicht. Zudem gelang es nicht (mehr), gute Neuzugänge zu verpflichten.
Strukturen: Der AEV braucht einen echten Manager
Das Trainerproblem ist auch deshalb so entscheidend, weil der dort Verantwortliche die Kaderplanung maßgeblich beeinflusst. Er bestellt, Sigl versucht zu liefern. In diesem Zusammenspiel hat sich nach Mike Stewarts Abgang eine Kompetenzlücke gebildet. Es ist an der Zeit, dass auch die Panther einen Manager installieren und damit Kompetenz einkaufen.
Im Fall des Abstiegs wird diese Personalie allerdings weiter auf sich warten lassen, hat Sigl angekündigt. Christof Kreutzer soll in der DEL2 sportlicher Leiter und Trainer in Personalunion sein. In der DEL allerdings, wann auch immer die Panther dort wieder spielen, soll und muss sich das ändern.
Mannschaft: Kein guter Torwart und viele Mitläufer
Die Panther hatten in allen Mannschaftsteilen ein Qualitätsproblem. Zu wenige Tore in der Offensive, zu viele Tore in der Defensive. Der umjubelte Torwart-Rückkehrer Dennis Endras spielte bis zu seiner Verletzung stark, kam danach aber nicht mehr in Form.
Immerhin: Markus Keller steigerte sich nach durchwachsenem Auftakt kontinuierlich und lief Endras gegen Ende der Saison den Rang als Nummer eins ab. Für eine gute Saison benötigen die Panther aber einen überragenden Torwart, wie es Olivier Roy in der Saison 2018/19 einer war. Dass die Panther im Play-off-Halbfinale gegen München erst in Spiel sieben ausschieden, hatte entscheidend mit dessen Leistung zu tun.
Zu den Problemen auf der Torwartposition kam nun, dass sich die aus Nordamerika geholten Profis nur vereinzelt als Verstärkung entpuppten. Die meisten fielen in die Kategorie Mitläufer. Kaum einer da, der die Mannschaft in schlechten Phasen aufrütteln konnte oder wollte. Das galt auch für den Kapitän Brady Lamb. Es fehlte innerhalb der Mannschaft ganz offensichtlich an Führung.
Nachwuchs: Nur wenige Jungspieler im DEL-Team
Seit Jahren kommen nur sporadisch Spieler aus der eigenen Jugend nach oben. Nicht umsonst wechseln die Trainer der DNL-Mannschaft fast so häufig wie die des DEL-Teams. Mit Marco Sternheimer und Niklas Länger schafften in den vergangenen Jahren aber immerhin zwei Eigengewächse den Sprung. Im Vergleich mit den meisten anderen DEL-Klubs ist das eine ordentliche Bilanz.
Nachholbedarf haben die Panther darin, jungen deutschen Talenten ganz generell die Möglichkeit zu geben, in der DEL Fuß zu fassen. Und hier schließt sich der Kreis, denn das hatte vor allem damit zu tun, dass die DEL-Trainer der vergangenen Jahre vor allem auf den kurzfristigen Erfolg setzten – auch, um den eigenen Job zu sichern.
Dafür holten sie lieber fertige Profis aus Nordamerika, als jungen Deutschen zu vertrauen und sie längerfristig aufzubauen. Letzteres passte, entgegen anderslautender Beteuerungen, weder den Trainern noch der Klubspitze ins Konzept.