Um gleich mit einem Klischee über die Sauna-Weltmeister einzusteigen: Wie oft gehen Sie in Finnland wöchentlich in die Sauna?
Anrei Hakulinen: Mindestens dreimal die Woche, ich habe bei mir zu Hause eine Sauna eingebaut. Ich mache meist drei Sitzungen zwischen zehn und fünfzehn Minuten. Fast alle meine Freunde haben eine Sauna bei sich. Das ist so üblich bei uns in Finnland.
Jere Karjalainen: Ja, ich habe auch eine eigene Sauna im Haus. Ich nutze sie drei- bis fünfmal pro Woche. Normalerweise abends nach dem Training. Das entspannt mich.
Wenn die Eishockey-Saison vorüber ist: Pflegen Sie auch "Kalsarikännit", was so viel heißt wie sich in Unterhosen daheim alleine zu betrinken (Kalsari steht für Unterhose/Känni für Schwips, Anm. d. Red.):
Karjalainen: Nicht sehr oft. Wenn ich mal einen trinken will, mache ich das nicht alleine in der Unterhose zu Hause, sondern gehe mit Freunden aus. Das macht doch deutlich mehr Spaß.
Hakulinen: Eher nicht. Ich denke, das machen eher etwas ältere Leute zu Hause. Mein Ding ist es nicht.
Welche Hobbys gönnen Sie sich nach einer anstrengenden Eishockey-Saison im Sommer?
Karjalainen: Ich gehe am liebsten zum Golfen. Ansonsten versuche ich so viel Zeit wie möglich mit der Familie und Freunden zu verbringen. Im Winter bietet sich leider nicht viel Gelegenheit dazu.
Hakulinen: Bei mir ist es ähnlich. Ich bin gerne mit der Familie zusammen. Wir haben, wie so viele Menschen in Finnland, ein Sommerhaus nahe Turku. Dort sind wir an jedem zweiten Wochenende und genießen die Zeit zusammen. Es ist ein eher kleines Haus, natürlich mit einem kleinen Sauna-Gebäude. Das muss sein.
Sie beide spielen erstmals in Deutschland. Welche Vorstellungen haben die Finnen von den Deutschen?
Karjalainen: Oh, das ist eine schwierige Frage. Darüber habe ich mir noch nie Gedanken gemacht. Vielleicht, dass sie gerne und viel Bier trinken. Aber das trifft auf die Finnen ja auch zu. Ich werde das auf jeden Fall mit einem Besuch beim Oktoberfest in München überprüfen.
Hakulinen: Ich denke, dass die Finnen annehmen, dass die Deutschen ähnlich ticken wie sie selbst. Ich sehe keine großen Unterschiede.
Wie ist Ihr Eindruck von Ihrem neuen Wohnort nach einigen Wochen in Augsburg?
Hakulinen: Ich mag die Stadt und gehe meistens zu Fuß. So lernt man seine neue Umgebung am besten kennen. Das Auto habe ich bis jetzt nur wenig genutzt.
Karjalainen: Wir hatten einige harte, aber gute Trainingseinheiten zum Start. Dann durften wir endlich beim Dolomitencup spielen. Was ich bisher von Augsburg gesehen habe, gefällt mir sehr. Die Stadt hat genau die richtige Größe für mich, nicht zu groß und nicht zu klein.
Warum haben Sie sich beide für einen Wechsel von Lukko Rauma in die Deutsche Eishockey Liga zu den Augsburger Panthern entschieden?
Karjalainen: Ich wollte etwas komplett Neues probieren und neue Erfahrungen machen.
Hakulinen: Ich habe eine neue Herausforderung gesucht, nachdem ich bisher noch nie außerhalb von Finnland gespielt habe. Mir haben die Partien in der Champions Hockey League gegen Mannheim oder München gefallen. Hier in der Deutschen Eishockey Liga spielen mehr ältere Spieler, während die Liga in Finnland eher von jungen Profis geprägt ist. Mein Eindruck ist, dass in Finnland mehr Wert auf die läuferischen Fähigkeiten gelegt wird. Mein letztes finnisches Team bei Lukko Rauma hatte ein Durchschnittsalter von 24 Jahren. Ich weiß nicht, wie das in Augsburg genau ist, aber wir sind etwas älter.
Im Frühjahr ist Deutschland Vizeweltmeister geworden und Kanada hat den Titel geholt. Üblicherweise landet Finnland unter den ersten drei Teams. Warum ist Ihr Heimatland so stark in Ihrem Sport?
Hakulinen: Ich denke, dass die Spieler auch taktisch sehr gut ausgebildet sind. Jeder, der zur Nationalmannschaft stößt, weiß, wie dort gespielt wird, und alle sind in der gleichen Richtung unterwegs.
Karjalainen: Das sind auch meine Erfahrungen in der finnischen Nationalmannschaft. Vor zwei Jahren stand ich in dem Team, das Vizeweltmeister geworden ist. Selbst wenn man als Neuling zum Team stößt, helfen einem alle. Die Trainer bringen die ganze Gruppe auf eine taktische Linie. Ich denke, das ist einer der Gründe, warum Finnland in den vergangenen fünf Jahren so erfolgreich bei Weltmeisterschaften war.
Sie haben beide zuletzt in Rauma gespielt, oft sogar zusammen in einer Sturmreihe. Wie schätzen Sie Ihren Teamkollegen ein?
Karjalainen: Anrei hat viel Qualität. Er ist sehr schnell auf den Schlittschuhen, kann den Puck mit seiner Körpergröße gut abschirmen. Er verfügt über eine glänzende Spielübersicht und findet seinen Mitspieler in den kleinen Lücken auf dem Eis. Wir haben im vergangenen Jahr auch in der Nationalmannschaft bei einem Turnier gemeinsam gespielt. Leider hat sich Anrei im ersten Spiel jedoch verletzt.
Hakulinen: Jere ist ein schneller Skater, kann das Spiel gut lesen und weiß, was in den nächsten Sekunden passieren wird. Außerdem hat er einen harten und präzisen Schuss.
Wie lauten Ihre persönlichen Ziele bei den Panthern?
Hakulinen: Ich möchte über zwanzig Tore schießen und ansonsten versuche ich für Jere und die anderen Teamkollegen aufzulegen.
Karjalainen: Ich setze mir nie eine Marke, aber hoffentlich werden es viele.
Sie wissen, dass die Augsburger Panther in der vergangenen Saison um ein Haar abgestiegen wären. Ist das kein Risiko für Ihre sportliche Laufbahn?
Karjalainen: Nein. Jeder Klub kann mal ein schlechtes Jahr erwischen. Das Team hat sein Gesicht mit vielen Neuzugängen sehr stark verändert. Auch die Trainer sind neu. Deshalb hoffe ich, dass wir in dieser Saison stärker auftreten.
Hakulinen: Ich denke ähnlich wie Jere. Ich habe vor meiner Unterschrift einige Male mit Trainer Christof Kreutzer gesprochen. Es sind nur wenige Spieler geblieben und er hat ein neues Team aufgestellt. Ich finde es gut, dass der Assistenztrainer Juha Nokelainen ebenfalls aus Finnland kommt. Das macht für uns die Eingewöhnung leichter. Und Samuel Soramies mit seinen finnischen Wurzeln beherrscht die Sprache auch.
Was vermissen Sie aus Ihrer Heimat jetzt schon?
Hakulinen: Meine Sauna. Und eine bestimmte Sorte dunkles Brot.
Karjalainen: Schwarze Lakritze. Und ebenfalls wie Anrei das dunkle Brot. Wobei ich in meinem Lebensmittelladen um die Ecke schon ein ähnliches Brot gefunden habe.
In Deutschland ist auf die Bahn kein Verlass und das Flugzeug der Außenministerin bleibt gerne am Boden. Werden Sie sich an deutsche Verhältnisse gewöhnen?
Karjalainen: Ich weiß, was Sie meinen. Ich bin mit meiner Partnerin nach München gefahren. Der Hinweg war perfekt, der Zug war pünktlich. Aber die Rückreise hat wegen Ausfällen und Verspätungen eine halbe Ewigkeit gedauert. Das war wie Bahnfahren in Finnland im Winter, da ist auf die Bahn auch kein Verlass. Du stehst dir die Beine in den Bauch und kommst nicht voran.
Finnisch ist wohl genauso leicht zu lernen wie die deutsche Sprache. Üben Sie schon?
Karjalainen: Ja, ich versuche im Alltag zurechtzukommen und zumindest in Restaurants mein Essen zu bestellen. Wenn das mal klappt, dann werde ich weiter sehen.
Hakulinen: "Mahlzeit" war eines der ersten Worte, das ich gelernt habe. Ich gebe mir weiter Mühe, aber die Sprache scheint kompliziert zu sein.
Wie gefällt Ihnen Ihre neue sportliche Heimat, das Curt-Frenzel-Stadion?
Karjalainen: Wirklich klasse. Die Umkleide mit Kraftraum und alles Weitere genügt höchsten Ansprüchen. Das Einzige, was noch fehlt, ist eine Sauna. Aber wenn hier noch ein paar mehr Finnen kommen, dann wird auch das umgesetzt.
Zur Person Jere Karjalainen: Der 31-Jährige absolvierte bisher 23 Länderspiele und gewann bei der Eishockey-Weltmeisterschaft vor zwei Jahren die Silbermedaille mit Finnland. Vor drei Jahren verbuchte der Außenstürmer in der finnischen "Liiga" die meisten Powerplay-Tore und feierte in den Jahren 2016 und 2017 die finnische Meisterschaft.
Zur Person Anrei Hakulinen: In der vergangenen Saison wurde der 33-Jährige (neun Länderspiele), der zuletzt mit Kumpel Karjalainen für Lukko Rauma stürmte, im September zum "Spieler des Monats" gewählt. 2021 wurde der Angreifer mit Lukko Rauma Meister und hatte dabei die beste Plus-Minus-Bilanz aller Spieler. Hakulinen weiß also auch, wo das eigene Tor steht.