Mit solch klaren Worten hat selten ein Spitzensportler Kritik an seinem Verband geübt: "Es ist leider so, dass der Deutsche Kanu Verband Leistung mittlerweile nicht mehr so in den Vordergrund stellt, sondern eher das Entwicklungspotenzial der Athleten. Das ist bei mir jetzt natürlich nicht groß, wenn man vorher schon gut war. Da ist es schwieriger, sich weiterzuentwickeln“, machte der 35-jährige Kanute des Augsburger Kajak Vereins (AKV) beim Weltcup in Augsburg seinem Ärger Luft, dass ihm künftig die Sportförderung des Verbands und der Bundeswehr verwehrt werden soll. Mitten in der Saison wurde der Sportler, der 2018 in Rio de Janeiro Weltmeister im Kajak Einer geworden war und in London und Tokio zwei olympische Bronzemedaillen gewonnen hat, über diese Maßnahme informiert.
"Mir wurde klargemacht, dass ich mich beruflich umschauen muss. Es läuft wohl darauf hinaus, dass meine Sportförderstelle wegfallen wird, weil ich nur Zweiter in der Olympia-Qualifikation war“, so Aigner weiter. Dabei zeigte der zweifache Familienvater beim Kanuslalom-Weltcup auf seiner Heimstrecke eindrucksvoll, dass er weiterhin auf einem Niveau mit der Weltspitze fährt. Im Kajak Einer schaffte er als einziger deutscher Starter den Einzug ins Finale. Olympia-Qualifikant Noah Hegge (Kanu Schwaben Augsburg) war im Halbfinale mit einer 50-Sekunden-Strafe ebenso gescheitert wie der Dritte im Nationalteam, Stefan Hengst (KR Hamm), der als Elfter den Endlauf knapp verpasste.
In der neuen olympischen Sportart Kajak Cross scheidet Aigner im Viertelfinale aus
Stattdessen lagen die deutschen Medaillenhoffnungen auf Aigner, dem Team-Weltmeister von 2022 in Augsburg. Doch Aigner ging das Finale zu forsch an, fing sich beim Start gleich vier Strafsekunden ein und wurde an Tor 16 mit einer 50-Sekundenstrafe belegt. "Ich hätte mir keine 50-Sekunden-Strafe gegeben, aber die Torrichter waren der Meinung", haderte Aigner ein wenig mit der Entscheidung, war mit Platz zwei in der Qualifikation und Rang vier im Halbfinale aber doch ziemlich zufrieden. Zudem war Aigner auch in der neuen olympischen Sportart Kajak Cross der beste deutsche Fahrer, erst im Viertelfinale schied er aus.
In dieser Bootsdisziplin könnte sich der 35-Jährige zudem noch Hoffnungen auf einen Olympia-Startplatz machen. Allerdings fehlt dem DKV-Team dazu noch der Quotenplatz für Paris. Der soll beim nächsten Weltcup in Prag geholt werden. Für Aigner frustrierend, dass er aufgrund des komplizierten Kanu-Regelwerks dort selbst nicht mitfahren darf, weil er dem Verband bereits im Kanuslalom einen Olympia-Quotenplatz gesichert hatte. Also muss Aigner darauf hoffen, dass seine Kollegen wie Hengst oder Hegge in Prag erfolgreich sind. Dann käme es zu einer weiteren nationalen Ausscheidungsrunde.
Kanu-Bundestrainer Klaus Pohlen gibt nur ein kurzes Statement ab
Eine verquere Situation für Aigner, zu der nun auch noch der Ärger um die Sportförderung hinzukommt. Dazu gab DKV-Bundestrainer Klaus Pohlen nur ein kurzes Statement ab. "Ich kann bestätigen, dass das Gespräch mit Hannes stattgefunden hat, wir werden uns aber weder zu Inhalt noch Ergebnis von solchen Gesprächen in der Öffentlichkeit äußern. Wir sind als Deutscher Kanu Verband aber auch dazu aufgerufen, die Weichen in Richtung 2028 und 2032 zu stellen." Von daher müsse man beim ein oder anderen eben hinterfragen, wie man weiterplanen könne. "Es gibt noch keine abschließende Entscheidung zu dem Thema", sagte Pohlen.
Olympiasiegerin Ricarda Funk holt die einzige Weltcup-Medaille für das deutsche Team
Erfolgreicher als bei den K1-Männern liefen die Weltcup-Wettkämpfe für die Frauen. Hier holte sich die amtierende Olympiasiegerin Ricarda Funk (KSV Bad Kreuznach) die Silbermedaille, Elena Lilik (Kanu Schwaben Augsburg) kam auf Rang vier. Beide Kanutinnen sind für Paris qualifiziert. Lilik allerdings in ihrer zweiten Disziplin, im Canadier Einer, wo sie nach einem missglückten Fahrexperiment im Finale Rang acht belegte. Ebenfalls knapp an den Medaillen vorbei fuhr mit Platz vier Olympiastarter Sideris Tasiadis (Kanu Schwaben Augsburg) im Canadier Einer. Im Kajak Cross schaffte es kein einziger deutscher Aktiver in die Finalläufe, die beste war hier Elena Lilik, die erst im Halbfinale ausschied.
So fiel das Weltcup-Fazit von Bundestrainer Pohlen ein wenig verhalten aus. "Wir waren im Kanuslalom in allen Finals vertreten, im Bereich der Canadier Frauen sogar mit allen drei Starterinnen. Das spricht für eine sehr gute Breite. In den Finals haben wir es bis auf Ricarda Funk dann aber nicht auf den Punkt gebracht. Da hätten wir uns mehr versprochen, aber ganz unzufrieden gehen wir nicht raus", sagte Pohlen. Denn er gab zu bedenken, dass besonders seine Olympia-Qualifikanten mit Blick auf die Spiele in Paris im Juli derzeit in einer intensiven Trainingsphase steckten und nicht komplett regeneriert beim Augsburger Weltcup angetreten waren.
Weltcup-Ergebnisse
Canadier Einer der Frauen 1. J. Fox (Australien), 2. Villarubla (Spanien), 3. Doria (Andorra)
Canadier Einer der Männer 1. Hocevar (Slowenien), 2. Mirgorodsky (Slowakei), 3. Gestin (Frankreich)
Kajak Einer der Frauen 1. Pringent (Frankreich), 2. Funk (Deutschland), 3. Satila (Brasilien), 4. Lilik (Deutschland)
Kajak Einer der Männer 1. Oschmautz (Österreich), 2. Butcher (Neuseeland), 3. Kauzer (Slowenien), 4. Tasiadis (Deutschland)
Kajak Cross Männer 1. Madore (Frankreich), Kajak Cross Frauen 1. Tercelj (Slowenien)