Dieser Feiertag ist der Traum vieler Menschen in den USA. Die Liebsten um sich herum, gutes Essen auf dem Tisch, American Football im TV. Das gibt’s nur an Thanksgiving. Und kein NFL-Klub ist so mit diesem Tag verbunden wie die Detroit Lions. In den USA wird am Donnerstag wieder aufgetischt. Wie an jedem vierten Donnerstag im November. Es ist Thanksgiving. Ein Feiertag, dessen Ursprung auf das Jahr 1621 zurückgeht, als Pilger nach ihrer Atlantiküberquerung in Plymouth, etwas südlich des heutigen Boston, ihre erste Ernte in der Neuen Welt feierten. 1863 ernannte US-Präsident Abraham Lincoln Thanksgiving zum nationalen Feiertag. Es ist ein Tag des Dankbarseins und der Familie.
Millionen Menschen reisen quer durchs Land, um bei ihren Liebsten zu sein, etwas abzuschalten und Truthahn, Stampfkartoffeln, grüne Bohnen und Preiselbeermarmelade zu essen. Der US-Verband für Geflügel und Eier gibt an, dass an Thanksgiving zwischen Washington und Waikiki 46 Millionen Truthähne verspeist würden. Hinzu kommen laut dem Landesverband der Lebensmittelhändler 121 Millionen Kilogramm Kartoffeln. Doch Thanksgiving – das steht neben Familie und Festmahl, noch für ein weiteres "F": Football. Und kein Team der National Football League ist so sehr mit dem "Turkey Day" verbunden wie die Detroit Lions. In diesem Jahr spielen sie zum 84. Mal an Thanksgiving. Gegner für das Team mit dem deutschen Wide Receiver Amon-Ra St. Brown sind die Green Bay Packers (ab 18 Uhr, RTL Nitro).
Football an Thanksgiving – das war zuerst ein Risiko
Kaum vorstellbar, aber vor 89 Jahren galt die Idee von George Richards, an diesem Feiertag ein Lions-Heimspiel auszutragen, nicht nur als Revolution, sondern auch als Risiko. Richards hatte kurz zuvor die Portsmouth Spartans aus dem Bundesstaat Ohio erworben und sie nach Detroit umgesiedelt. Doch Detroit war eine Baseballstadt. Die Tigers prägten die ersten Sportseiten der Tageszeitungen. Sie waren seit 1907 viermal Meisterschaftszweite geworden, hatten gerade Anfang Oktober 1934 erneut den ersten Titelgewinn verpasst und die World Series knapp in sieben Spielen gegen die St. Louis Cardinals verloren.
Wie würden die Fans wohl ein Football-Spiel annehmen? Würden sie dafür ihre Feiertagsroutine unterbrechen? Fragen, die Richards und die Lions-Verantwortlichen beschäftigten. Doch die 26.000 Tickets waren bereits zwei Wochen vor dem Spiel verkauft, und die Nachfrage sogar so groß, dass noch 25.000 weitere Eintrittskarten hätten abgesetzt werden können.
Dies war so nicht zu erwarten gewesen, denn bei den vorherigen Heimspielen hatten im Schnitt nur 15.000 Fans die Eingangstore des University of Detroit Stadium passiert. George Richards sorgte nicht nur für ein volles Stadion, sondern auch dafür, dass die ganze Nation von dieser Partie erfuhr. Er war Geschäftsführer einer Radiostation und hatte gute Kontakte zu anderen Sendern im Land. Auf 94 Kanälen wurde das Thanksgiving Day Game zwischen den Lions und den Chicago Bears deshalb kräftig beworben und am 29. November 1934 auch live übertragen. Detroit verlor 16:19. Es folgten bis heute 43 weitere Niederlagen, 37 Siege und zwei Unentschieden. Lediglich während des Zweiten Weltkrieges standen die Lions an Thanksgiving nicht auf dem Football-Feld.
1966 gaben die Dallas Cowboys ihr Debüt an Erntedank – und sind bis auf zwei Unterbrechungen seitdem ebenfalls fester Bestandteil des Feiertages. 1975 und 1977 mussten die Texaner zuschauen. Der damalige NFL-Commissioner Pete Rozelle hatte in jenen Jahren entschieden, anstelle der Cowboys die St. Louis Cardinals spielen zu lassen. Doch der Versuch scheiterte. "St. Louis war eine Niete", betonte der ehemalige Cowboys-Präsident und Manager, Tex Schramm, einst gegenüber der Tageszeitung Chicago Tribune. Laut Schramm hat Rozelle anschließend bei den Cowboys angefragt, ob sie künftig wieder an Thanksgiving spielen würden? "Nur, wenn es dauerhaft ist. Denn diese Spiele sind besonders und könnten zur Tradition werden", antwortete Schramm. Rozelle nickte und meinte kleinlaut: "Der Platz gehört für immer euch."
Rekord: 2022 sahen 42,1 Millionen Menschen Dallas Cowboys gegen die New York Giants
Seit 2006 gibt es ein drittes Thanksgiving-Spiel. Die Liga hat erkannt, dass viele Amerikaner an diesem Feiertag eben nicht nur ihre Liebsten um sich haben, sondern zugleich auch ihren Lieblingssport sehen wollen – von mittags bis fast zur Mitternacht. Dabei sind die Ansetzungen zweitrangig. Die Leute schalten ein, egal, wer da gegen wen spielt. Im Vorjahr sahen 42,1 Millionen Menschen Dallas Cowboys gegen die New York Giants – und sorgten somit für die höchste Zuschauerzahl in der Geschichte der NFL-Punkterunde. Bei den Lions gegen die Buffalo Bills hatten zuvor 31,78 Millionen Menschen eingeschaltet und beim Abendspiel New England Patriots gegen Minnesota Vikings 24,78 Millionen vor den TV-Geräten gesessen. Drei Spiele, knapp elf Stunden Football, 98,66 Millionen Zuschauende.
Heute lauten die Ansetzungen Detroit – Green Bay, Dallas – Washington und Seattle – San Francisco 49ers. Amerika versammelt sich am Esstisch und hat die TV-Geräte eingeschaltet. Auch in Jacksonville. Dort, in Nordflorida, gibt es seit 1995 die Jaguars. Sie sind der einzige NFL-Verein, der noch nie an Thanksgiving gespielt hat.