Die Thekenkraft im Medienraum der Veltins Arena spendete den fränkischen Gästen zum Abschied aufmunternde Worte. „Bis nächstes Jahr! Ihr steigt nicht ab. Schon wegen der Choreo.“ Das war nicht logisch, aber sehr nett gemeint nach der schwer verdaulichen 2:5 (1:2)-Schlappe des Aufsteigers.
Die Fanfreundschaft zwischen Schalke 04 und dem 1. FC Nürnberg war nach vier Jahren des FCN in der Zweiten Liga mit einer beindruckenden Choreografie über zwei Drittel des ausverkauften Stadions gefeiert worden. Die komplette Schalker Nordkurve verwandelte sich dabei vor dem Anpfiff in das Club-Wappen, auf der Gegentribüne gingen die Farben rot und blau ineinander über. Zwei Traditionsvereine, die sich mögen.
Viel Gemeinsamkeit gab es danach auch auf dem Rasen in einer vor Ereignissen schier überquellenden Partie, die Schalkes Trainer Domenico Tedesco aber auch als „sehr zerfahren“ erlebt hatte. Erst in den Schlussminuten neigte sich die Waagschale mit dem vierten und fünften Tor deutlich zu Gunsten der Schalker. Als Folge der Ampelkarte für Robert Bauer (67.) ging den dezimierten Nürnbergern „die Puste aus“, wie es Stürmer Federico Palacios formulierte. Am Platzverweis erboste Trainer Michael Köllner weniger Bauers unkluges Einschreiten, sondern die schnelle Gelbe Karte, mit der Schiedsrichter Guido Winkmann den Nürnberger nach einem taktischen Foul bereits in der ersten Spielminute belastet hatte.
Es spricht für die mittlerweile erworbene Leidensfähigkeit der Club-Profis, dass sie sich trotz des deutlichen Resultats für eine positive Bewertung des Samstagabends entschieden. Ein „ordentliches Spiel“ hatte Palacios gesehen, „ein gutes Auswärtsspiel von uns“ auch Hanno Behrens. „Wir waren dran und streckenweise drin“, sagte der Kapitän. Von den bösen Schlachtfesten in Dortmund (0:7) und Leipzig (0:6) sei das weit entfernt gewesen, das Ergebnis sei „zu hoch ausgefallen“.
Behrens vergibt die große Chance zur 1:0-Führung
Köllner registrierte ein deutlich verbessertes Offensivspiel, was sich auch in den jeweils im Nachschuss erzielten Anschlusstreffern von Palacios (1:2/38.) und des für den nach seiner Pause blassen Mikael Ishak eingewechselten Adam Zrelak (2:3/78.) niederschlug. Das taktische Konzept des Trainers mit einer Dreierkette vorne (Palacios, Ishak, Kubo), Behrens zurück auf dessen Lieblingsposition hinter den Spitzen und einer Fünferkette hinten (mit Petrak als fünftem Mann) – es hätte gegen anfällige Schalker aufgehen können. Vor allem, wenn Behrens bei freier Fahrt den Ball nicht am Pfosten vorbei, sondern zur 1:0-Führung ins Netz befördert hätte (25.). „Das war sehr schade, vielleicht hätte ich noch ein Stück weiter gehen können“, sagte der Kapitän dazu.
Irgendwo klemmt es beim nun seit sechs Spielen sieglosen Club immer. Spielerisch gab es gute Ansätze, wirkte das manchmal flüssiger als beim prominent besetzten Gegner. Dafür patzte die Defensive so heftig, dass sich die Schalker nach bisher gerade Mal acht Toren in elf Spielen allen Frust von der Seele schießen durften. „Fünf Tore hatte Schalke mit seiner Spielweise nicht verdient“, ärgerte sich Köllner. Dabei waren drei Stürmer des Vizemeisters der letzten Saison verletzt ausgefallen. In die Bresche sprang vor allem Steven Skrzybski, der im Sommer von Union Berlin gekommen war und bei seinem ersten Startelfeinsatz gleich einen Doppelpack schnürte.
Hilfestellung leistete Christian Mathenia, der im Herauslaufen am Ball vorbei schlug. Skrzybski setzte den Ball zum 1:0 ins leere Tor (26.) – genauso wie sechs Minuten später Amine Harit, weil Georg Burgstaller und Torwart Mathenia bei einem Klärungsversuch gegen den hechtenden Skrzybski beide den Ball verfehlt hatten (32.). „Zwei Geschenke“, stellte Köllner fest.
Nicht besser stellte sich Tim Leibold an, der vor dem 3:1 des darüber kaum jubelnden Ex-Cluberers Guido Burgstaller (71.) und Skrzybskis 4:1 (84.) jeweils den Flankengeber Daniel Caligiuri weglaufen ließ. Den Schalker Schlusspunkt setzte per Flachschuss, ebenfalls kaum gehindert, Bastian Ocipka (90.+3).
Bei den Gegentreffern drei bis fünf hütete bereits Fabian Bredlow das Nürnberger Tor, machen konnte er jeweils nichts. Mathenia war beim Abbremsen nach seinem Luftschlag wohl im für das Länderspiel gegen die Niederlande frisch verlegten Rasen hängen geblieben. Er versuchte zunächst weiterzumachen, musste wegen seiner Knieschmerzen aber kurz vor der Pause doch vom Feld.
Mathenia fällt aus, muss aber nicht operiert werden
Die nach der Rückkehr in Nürnberg gestellte, noch glimpfliche Diagnose: eine Kapsel- und Sehnenverletzung am hinteren bereich des rechten Knies, die nicht operiert werden muss. Dennoch wird Bredlow, den Köllner nach dem Leipzig-Debakel aus dem Tor genommen hatte, nun bis zur Winterpause halten müssen. Wesentlich schwächer als Mathenia ist er nur in seiner Ausstrahlung.
Bis Mittwoch haben die Club-Profis frei. Dann beginnt die Vorbereitung auf das Heimspiel gegen Bayer Leverkusen am Montag in einer Woche. Bis zur Winterpause tritt der FCN zu Hause außerdem noch gegen Wolfsburg und Freiburg an, auswärts in München und Mönchengladbach. Zwei Siege aus den fünf Spielen scheinen Pflicht, um nicht ans Tabellenende durchgereicht zu werden.
Doch die Skepsis, ob mit diesem Kader der Klassenerhalt glücken kann, wird immer größer. Behrens tut, was ein Kapitän tun muss, und predigt Zuversicht: „Es ist Bundesliga! Jeder wusste, dass schwierige Phasen kommen. Ich bin überzeugt, dass wir vor der Winterpause noch Punkte holen, auch gegen gute Gegner.“