Schaufenster-Galerie: Corona? Da schwingt „Absage“ mit. Doch die World-Press-Ausstellung lässt sich nicht aufhalten. Zumindest nicht in Kitzingen. Dort werden bis Mitte April in der gesamten Stadt die weltbesten Pressebilder gezeigt.
Am Ende war es eine Frage der Ehre: Seit 2007 werden die besten Pressebilder der Welt in Kitzingen gezeigt. Ununterbrochen. In 14 Jahren kamen fast 280 000 Besucher. Zuletzt wurden in den vier Kitzinger World-Press-Wochen 30 000 Besucher gezählt. So etwas ausfallen lassen? Für Volkmar Röhrig, der die Ausstellung einst in die Stadt brachte, und Herbert Müller als Organisator im Rathaus war das keine Option. Möge anderswo abgesagt werden – Kitzingen würde einen Weg finden, um die Sache durchzuziehen. Der gefundene Weg führt mitten durch die Stadt. Die Idee, die von den beiden Machern ausgeknobelt wurde, lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Schaufenster-Galerie. Die Idee dahinter: Man wollte raus aus der Rathaushalle, in die wegen der Corona-Auflagen am Tag wahrscheinlich sowieso nur 300 Besucher pro Tag gedurft hätten – und im dümmsten Fall sogar die Schließung drohen könnte.
So wie vergangenes Jahr, als die letzten Tage der Ausstellung in Kitzingen abrupt dem ersten Lockdown zum Opfer fielen. Jetzt also eine Frischluft-Ausstellung. Herbert Müller hat dafür viel anklopfen müssen. Er ging von Geschäft zu Geschäft, um die Inhaber zu überzeugen, für ein paar Wochen ihre Schaufenster leer zu räumen. Hier und da spielte ihm der auch in Kitzingen um sich greifende Leerstand in die Karten, dort konnten die Bilder meist sofort aufgehängt werden. Ein wenig Erfahrung hat Kitzingen übrigens bereits mit dieser Art der Schaufenster-Galerie: Im Sommer 2009 war es im Nachgang zu der damaligen World-Press-Ausstellung zu einer Zugabe gekommen, als der Fotojournalist Frank Weichsel, der in der Kategorie Sport gewonnen hatte, 80 seiner Bilder in den Schaufenstern der Kitzinger Innenstadt zeigte. Nicht zuletzt auf diese Erfahrung kann die Stadt nun zurückgreifen. Und so kommt es, dass die Stadt Kitzingen jetzt damit werben kann, „als weltweit einzige Stadt alle Bilder in einer Schaufenster-Galerie zu zeigen“. Weltweit – da schwingt auch ein wenig Ätschibätsch mit: Schaut her, ihr großen Städte, während ihr abgesagt habt, haben wir die Chance ergriffen und uns etwas einfallen lassen!
Und so war es dann diesen Freitag so weit: Kitzingen ist jetzt einen Monat lang Schaufenster-Bummel-Bilder-guck-Stadt. Oberbürgermeister Stefan Güntner eröffnete die 15. World-Press-Photo-Ausstellung in Kitzingen in Folge mit einer – wie es sich in diesen Pandemie-Zeiten gehört: virtuellen – Grußbotschaft. Bis Donnerstag, 15. April, gibt's in rund 60 Schaufenstern 139 Bilder zu bestaunen. Und so funktioniert's: An zentralen Plätzen – beispielsweise Bahnhof, Parkplatz Bleichwasen, Königsplatz und Marktplatz – stehen große Info-Tafeln. Sie bilden sozusagen die Leitplanken für den Schaufenster-Spaziergang durch die Stadt. Neben den Tafeln liegen sogenannte Ausstellungsbooklets bereit. Die Begleithefte liefern Erklärtexte zu den einzelnen Bildern und Informationen zur Ausstellung. Außerdem gibt es Tipps, wie man in Zeiten der Pandemie kreativ und kulinarisch die Ausstellung mit einem kleinen Picknick oder mit Angeboten aus „Kitzingen liefert's“ beschließen kann.
Das Ausstellungsbooklet gibt es kostenlos in den Spenderboxen direkt neben den Infotafeln. Begleitend zur Ausstellung wird es in diesem Jahr einen „Virtuellen Workshop“ mit der World-Press-Photo-Kuratorin Samira Damato gemeinsam mit dem Armin-Knab-Gymnasium geben, außerdem sind virtuelle Bildbesprechungen durch Kitzinger Bürger geplant. Wie gewohnt gibt es auch wieder ein Gewinnspiel zur Ausstellung, Hauptpreis ist diesmal ein Verwöhn-Wochenende in Kitzingen. Die Veranstalter sind sich sicher, dass die Aktion „den Durst nach Kultur und Kunst“ zumindest ein wenig stillen kann und „eine willkommene Abwechslung im eher monotonen Alltag“ bietet. Und, ganz klar: Gegen positive Impulse für den Kitzinger Einzelhandel und vielleicht auch die Gastronomie hätte man natürlich auch nichts. World Press zeichnet übrigens seit 1955 professionelle Fotografen für die besten Bilder in acht Kategorien aus. In der nunmehr 62. Ausgabe dieses Wettbewerbs nahmen 4282 Fotografen aus 125 Ländern mit 73 996 Bildern teil. Die Nominierten sind 44 Fotografen aus 24 Ländern. Eine unabhängige Jury wählte die besten Bilder und die Geschichten aus, die 2019 wichtig waren. Protest und die Rolle der Jugend bei der Aktivierung des Wandels wurden von der Jury als wiederkehrendes Thema aus den Beiträgen hervorgehoben. Ein weiterer Schwerpunkt waren Umweltgeschichten, die auch jenseits der Kategorie Umwelt immer wieder auftauchen.