Wie entsteht, was in in der Stadt aus dem Hahn kommt? Antworten geben eine Reise in Natur und Technikgeschichte - und zu faszinierenden Anlagen, die kaum jemand je zu sehen bekommt.
An Wasser zu kommen, ist für uns kein Luxus. Zum nächsten Hahn gehen, aufdrehen, fertig. In vielen Gebieten der Welt können die Menschen davon nur träumen. Laut Unicef, dem Weltkinderhilfswerk der UNO, haben 2,2 Milliarden Menschen weltweit keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser. Rund 785 Millionen Menschen haben noch nicht einmal eine Grundversorgung mit Trinkwasser, so Unicef.
In Deutschland? Da liegt der durchschnittliche tägliche Wasserverbrauch pro Person laut Statistik bei 120 Litern. Aber was passiert eigentlich, bis das Wasser aus dem Hahn sprudelt? Schauen wir uns an, wie die Stadtwerke Schweinfurt die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen, mit 4,7 Millionen Litern im Jahr.
Großteil der Brunnen liegt in den Wehranlagen
28 der 50 Brunnen, die Trinkwasser für Schweinfurt, Niederwerrn und Dittelbrunn liefern, liegen idyllisch in den Wehranlagen. Hier liegt das größte Wasserschutz-und Wassergewinnungsgebiet der Stadt. Wer hier auf einem von Schweinfurts beliebtesten Jogging-und Spazierwegen entlang geht, hat auf der einen Seite den Main, auf der anderen, Richtung Sennfeld, die Trinkwasserschutzzone.
Hier darf niemand rein. Nicht zu Fuß, nicht mit dem Auto, nicht mit den Hund. Er müsse da ab und an einen Spaziergänger darauf hinweisen, sagt Wassermeister Jochen Röll. Was er noch machen muss: neue Verbots-Schilder besorgen. Aus Gründen, die er sich nicht erklären kann, werden die sehr oft abmontiert: "Die hängen wahrscheinlich in einem Partykeller."
Was passiert hier? Main-und Regenwasser versickert, das Grundwasser wird nach gut 50 Tagen über die Brunnen nach oben gefördert. Der Boden dient als Filter, damit sich Bakterien abbauen. "Wir nützen den natürlichen Filter der Mainaue", sagt Jochen Röll. Eine wichtige Rolle spielt Muschelkalk. "Wir bohren so weit, bis wir auf Muschelkalk treffen." Das können schon 18, 19 Meter sein. Die 28 Brunnen, die ein bisschen aussehen wie die Eingänge zu archäologischen Ausgrabungen, unterscheiden sich kaum. weder außen, noch innen. "Kennste einen, kennste alle", sagt Röll. Wasser ist sein Beruf und seine Leidenschaft. Sein Humor dagegen geht eher in Richtung staubtrocken.
Von der Natur zur Technik: Am Eingang zu den Wehranlagen, gegenüber vom großen Springbrunnen, liegt das Wasserwerk. Das Gebäude mit dem besonderen architektonischen Charme entstand von 1964 bis 1966. Das erste Wasserwerk war 1862 gebaut worden, ein neues ging 1899 in Betrieb. Aus dieser Zeit gibt's noch ein paar Erinnerungsstücke zu sehen.
Im Wasserwerk wird das Wasser, das aus den Brunnen stammt, aufbereitet. Eisen und Mangan müssen raus: „Gut für den Körper, schlecht für die Rohrleitungen“, sagt Röll. Das geschieht so: Zunächst fällt das Rohwasser durch die Kaskade, wo es mit möglichst viel Sauerstoff in Berührung kommt. Dann muss es durch Filterbecken mit einer drei Meter dicken Schicht Quarzkies, wo Eisen und Mangan ausflocken und abgeschieden werden.
Aus dem Reinwasserbecken schließlich wird das leicht gechlorte Trinkwasser in die sechs Hochbehälter überall in der Stadt gepumpt. Die fassen gut 24 000 Liter Wasser. „Das reicht gerade mal für einen Tag.“ So ergibt sich ein täglicher Rhythmus: Morgens bis 7 Uhr werden die Behälter vollgepumpt, dann steht dort das Wasser gut fünf Meter hoch. Tagsüber fällt der Pegel dann bis auf zwei Meter. Röll: „So findet ein ständiger Austausch statt, und das Wasser steht nicht ab.“
In den Hochbehältern wird das Wasser gespeichert, bevor es durch das Rohrnetz zu den Abnehmern kommt. 1965 wurde der Hochbehälter Hainig gebaut. Ein magischer Ort: tiefgrünes Wasser, eine Treppenkonstruktion, geheimnisvolle Atmosphäre. Und ein sensationelles Echo!
Wenn der Behälter einmal im Jahr für eine Reinigung geleert wird, verbringt der Schweinfurter Wassermeister gern einige Zeit darin. Roll macht dann die Tür zu. Und genießt die Ruhe. "Da hört man seinen eigenen Puls."