Cheerleader feuern längst nicht mehr nur Basketballteams an. Cheerleader betreiben selbst Wettkampfsport. Fotograf Daniel Peter hat die "Fierce Athletics" begleitet.
Nur noch wenige Sekunden bis zum Auftritt. Die Anspannung ist sichtbar, hörbar, spürbar. Aus der Arena dringen Fangesänge in den schmalen Zugang für die Teams. Letzte Dehnübungen, es gilt, in Bewegung zu bleiben. Nur nicht auskühlen jetzt. Die jungen Frauen stellen sich im Kreis auf, nehmen sich an den Händen, beugen sich nach vorne. Trainerin Peggy Jankowsky schwört das Team auf die Show ein, für die es viele Monate trainiert hat. Dann kommt der blecherne Aufruf aus der Lautsprecheranlage: Arena frei für die "Fierce Athletics". Durch eine bunte Nebelwand laufen die Cheerleader aus Würzburg auf die Bühne. Action.
Ein paar Stunden zuvor, an einem Samstagmorgen kurz vor acht auf der Würzburger Talavera. Der Himmel ist grau, es nieselt leicht. "Das ist immer so, wenn wir auf Wettkampf fahren", sagt Jasmin Gora und lacht. Die 22-Jährige gehört zu den „Fierce Athletics“, dem Cheerleaderteam aus Würzburg. Heute ist der große Tag, auf den sie hingearbeitet haben: Regionalmeisterschaft im niederbayerischen Deggendorf. "Wenn wir gut sind, können wir uns für die deutsche Meisterschaftqualifizieren", sagt die Trainerin.
Kaum hat der Bus mit dem guten Dutzend Sportlerinnen sowie 30 Fans und Betreuern die Stadt verlassen, beginnen die jungen Frauen mit den Vorbereitungen. Peggy Jankowsky stellt den neuen Kopfschmuck vor. Statt Schleifen gibt es in diesem Jahr pinke Blumen. Friseurin Claudia Brandt stylt die komplette Mannschaft während der Fahrt. Im Akkord arbeitet sie die Blumen ins Haar ein, während sich Jasmins Mutter Daniela Gora weiter vorne im Bus um das Make-up kümmert.
Nach knapp vier Stunden und mehreren Staus fährt der Bus in Deggendorf vor. Die Halle: wie ein bunter Ameisenhaufen. „Um die 1800 Sportlerinnen und Sportler nehmen an der Meisterschaft teil“, sagt Peggy Jankowski. Und die sind überall, jeder letzte Winkel des Gebäudes ist belegt. Da eine Gruppe, die noch mal ihre Choreografie übt. Dort ein paar Mädchen, die dem Styling den letzten Schliff geben. Teams, die zu ihrem Auftritt hasten. Dazwischen Eltern mit Handys, Schaulustige, das Orga-Team, Security. Reizüberflutung.
In der Umkleide aber kehrt Ruhe ein. Runterkommen. Jasmin Gora ist unglücklich mit ihrer Frisur: "Ich seh' aus wie ein Teletubby!" Alle lachen. Um 14 Uhr wird es ernst. Uniform an, dann geht es zum Warm-Up. Die Bewegungen sitzen. Die Frauen wirbeln durch die Luft. Wer bei Cheerleading an Fangesang mit Pompoms denkt, war noch nie bei einem Wettkampf. Was die Teams zeigen, wirkt wie eine aberwitzige Mischung aus Tanz und Akrobatik.
Das kann mitunter auch gefährlich sein. Christina Stolpert hat sich im vergangenen Jahr bei der Deutschen Meisterschaft den Arm gebrochen. "Elle und Speiche durch", sagt sie, "da war der Auftritt gelaufen." Heute ist sie wieder fit. Und motiviert.
Die Halle tobt, als die "Fierce Athletics" um halb vier endlich auf die Bühne dürfen. Ein Hexenkessel. Routiniert ziehen die Würzburger ihre Show durch, Die mitgereisten Fans und Freunde klatschen und johlen. Zweieinhalb Minuten dauert der Auftritt, schon ist alles vorbei.
Hinterher lassen die Cheerleader auf einem kleinen Monitor den Auftritt Revue passieren. Offenbar ist nicht alles optimal gelaufen, Jasmin Gora ist unzufrieden: "Wir haben das im Training perfekt draufgehabt." Ihre Freundinnen beschwichtigen. Das Team hatte sich für den Auftritt besonders anspruchsvolle Stunts ausgesucht. "Die geben mehr Punkte", erklärt Laura Dias da Costa , "aber sind natürlich schwieriger sauber ausführen".
Leichte Katerstimmung. Die Anspannung ist abgefallen. "Die Mädels haben trotz ein paar Drops und Wackler alles gegeben", sagt die Trainerin. Kurz nach fünf startet die Siegerehrung. Alle Teams sitzen in der Halle in einem großen Kreis. Ein paar Sportlerinnen und Sportler nutzen ihre restliche Energie für wilde Stunts, Flickflacks und Tanzeinlagen. Alle jubeln. Für einen Moment wirkt die ganze Halle wie eine große Familie.
Als der Moderator die Ergebnisse vorliest, halten sich die jungen Frauen im Arm. Manche kneifen die Augen zusammen. „Platz sechs für die Fierce Athletics vom TV Würzburg 1873“, ruft er ins Mikrofon. Fürs Treppchen hat es dieses Mal nicht ganz gereicht. Im Bus zurück knallen trotzdem die Korken. Es gibt Sekt und Hugo, die Frauen tanzen zu HipHop, machen Selfies. Trainerin Peggy Jankowsky stellt die Ergebnisse im Detail vor und bedankt sich für den Einsatz. Die Punktebilanz war doch besser als erhofft. Jasmin Gora grinst: "Wenn wir Glück haben, reicht das sogar noch für die Deutsche."