Mönche und Nonnen sind unterwegs, Gaukler, Burgfräulein und Ritter. In Maria Bildhausen treffen sich alle zwei Jahre Gleichgesinnte, die gerne in alte Gewänder und Rollen schlüpfen. Fotograf Josef Lamber hat sich unter den bunten Haufen gemischt.
Die Rüstungen der Ritter glänzen, die Jungfern haben ihre Hauben aufgesetzt und die Schürzen geschnürt, der Schmied lässt an der Feuerstelle die Kohlen glühen. Hinter den Mauern des Zisterzienser-Klosters Maria Bildhausen bei Münnerstadt gehen Mittelalterbegeisterte alle zwei Jahre auf Zeitreise. Sie treffen sich beim Spektakulum, beim Mittelaltermarkt, vereint in ihrer Faszination für die Epoche, die Gewänder, das alte Handwerk – und das Zusammenleben.
Kaum hat man einen Fuß hinter die Klostermauern gesetzt, fühlt man sich zurückversetzt in ferne Zeit . . . Händler haben ihre Stände aufgebaut und bieten den Passanten ihre Waren feil. Wie Gane Wagenschieber, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, für jeden Fuß den passenden Holzschuh zu finden. Das klobige Schuhwerk, das man einst trug, fertigt sie seit zwölf Jahren an. Einen Namen hat sie sich auf den Mittelaltermärkten damit gemacht. Die Schuhe jedenfalls, sagt Wagenschieber, seien gefragt. Und tatsächlich: Wer einmal darauf achtet, hört viele Mittelalterfreunde klackernd auf hölzernen Sohlen vorbei gehen. Gane Wagenschieber ist nicht die einzige Frau, die auf dem Markt mit ihrem Handwerk begeistern will.
Etwas abseits, hinter den Klostermauern ist Regina Klarmann-Röder im Nonnengewand mit einer Schwester vom „Orden der wandernden Klöppel“ anzutreffen. Die beiden fertigen Klöppelarbeiten an und sind damit an rund 20 Wochenenden im Jahr unterwegs. Ein zeitraubendes Hobby. Bis zu 60 Stunden, erzählen die Nonnen, sitzen sie an einer handgroßen Klöppelei – das erfordert Geduld. „Es gibt auch Märkte, auf denen wir gar nichts verkaufen“, sagt Regina Klarmann-Röder, die, wenn sie nicht ins alte Gewand schlüpft und auf Märkten unterwegs ist, als Chemielaborantin arbeitet. Dem heimischen Orden, den Zisterziensern, die lange Zeit das Kloster in Maria Bildhausen bewohnten, haben sich Heinrich Vay und Georg Schmitt gewidmet – im „echten“ Leben tätig als Karosseriebauer und Lagerist. Den Mönchen aus der Nähe von Ebrach gefällt besonders das Gemeinschaftsgefühl, das auf den Mittelaltermärkten entsteht. Neue Bekanntschaften sind schnell gemacht.
An fast jeder Ecke sind Ritter in den unterschiedlichsten Rüstungen unterwegs. Und Jörg Froschauer und Uwe Rohmer vom „Fränkischen Fußvolk“ stechen besonders heraus. Sie stellen mit einigen anderen eine Söldnergruppe aus dem Jahr 1257 dar – ihr Anführer ist Uwe Rohmer. Die Temperaturen mögen noch so sommerlich sein, beim Mittelaltermarkt sind der Immobilienkaufmann und der Objektbetreuer von Kopf bis Fuß mit Kettenhemd, Helm und allem was dazu gehört ausgerüstet. Und dann ist da noch der Aberglaube . . . und deshalb gibt es im Klosterhof ein Wahrsager-Zelt. Holger Roth schreitet als Zauberer mit wallendem weißen Haar und gewundenem Gehstock umher. Und Lisa Oeser trägt als Hexe zu ihren Dreadlocks einen aufwendig verzierten Kopfschmuck mit schwarzen Federn. Den habe sie von Freunden als Hochzeitsgeschenk bekommen, erzählt ihr Mann, der selbst im Gewand eines Kriegers steckt. Ist Lisa Oeser, die sich selbst den Namen „Hex' vom Eischgrund – Lisa von Sinnen“ gegeben hat, einmal nicht auf Mittelaltermärkten oder Gothik-Festivals unterwegs, arbeitet sie als Erzieherin an einer Förderschule. Und die Kinder, die vom Hobby ihrer Erzieherin wissen, scheinen das ziemlich cool zu finden. Text: Leonie Hauck